04.09.2018 12:57 Uhr

Verhaftet und verbannt: Brasiliens Bosse im Abseits

Im brasilianischen Fußballverband wird endlich gehandelt
Im brasilianischen Fußballverband wird endlich gehandelt

Korruption war lange in den Regeln des brasilianischen Fußball fest verankert. Doch die Verurteilung von Ex-CBF-Boss José Maria Marin ist ein Wendepunkt.

Brasiliens Selecao logiert gerade im gehobenen The Westin in Jersey City. Ein paar Kilometer den Hudson River hinab kauert ein 86-Jähriger, der sich 2014 bei der WM eigenen Land als Präsident des nationalen Verbandes CBF noch strahlend vor Neymar und Co. stellte, in einer kargen Zelle. Ein Gericht in New York verurteilte Jose Maria Marin am 22. August zu vier Jahren Haft. Das erste "Schwergewicht" im großen FIFA-Prozess bekam seine Strafe.

Vom Auftritt des fünfmaligen Weltmeisters am Freitag gegen die USA im MetLife Stadium, eine halbe Autostunde vom US-Bundesgefängnis Metropolitan Detention Center im Stadtteil Brooklyn entfernt, wird der Häftling mit der Nummer 86356053 nichts mitbekommen. Sein Vorgänger Ricardo Teixeira und sein Nachfolger Marco Polo Del Nero eher auch nicht. Denn die beiden geben sich daheim lieber dem Wohlstand hin.

Marin, der zwischen 2012 und 2015 die CBF anführte, wurde zu vier Jahren Haft und einer Geldstrafe von 1,2 Millionen Dollar verdonnert. Und musste sich von Richterin Pamela Chen als ein "Krebsgeschwür" für den Fußball bezeichnen lassen. Die Justiz griff zudem auf Eigentum im Wert von 3,3 Millionen US-Dollar zu.

Del Nero auf Lebenszeit verbannt

Der ehemalige Politiker, dem nachgesagt wird, in der Zeit der Militärdiktator mit einer flammenden Kritik an der Folter und Ermordung des Journalisten Vladimir Herzog beigetragen zu haben, hatte den Fußball kräftig gemolken. Bei der Vergabe von Marketing- und TV-Rechten für den nationalen Pokal, den Libertadores Cup, südamerikanisches Pendant zur Champions League, selbst für das kontinentale Flaggschiff Copa America.

Gleiches tat zuvor Teixeira, dessen 2016 verstorbener Schwiegervater Joao Havelange als CBF-Präsident mit drei WM-Titeln der Selecao an Macht gewann und dann zwischen 1974 und 1998 den Weltverband FIFA zu einem Milliarden-Unternehmen aufblähte, inklusive aller negativer Begleiterscheinungen.

Sein Zögling diktierte die CBF immerhin 23 Jahre lange bis März 2012, ehe er erdrückt von Vorwürfen der unrechten Bereicherung aus dem Amt flüchtete. Es kam Marin, dann Del Nero, der aber im April von der Ethik-Kommission des Weltverbandes FIFA wegen seiner Geldgier auf Lebenszeit verbannt wurde. Die US-Behörden hätten auch allzu gern Zugriff auf die beiden anderen.

Teixeira und Del Nero genießen weiter ihr Luxusleben

Doch Brasilien liefert seine Staatsbürger nicht aus. Vor allem, weil diese Macht und Beziehung in höchste Kreise haben. Weltmeister Romario wollte als Abgeordneter dem Trio mit einer parlamentarischen Untersuchungskommission an den Kragen, doch scheiterte er im politischen Ränkespiel. Teixeira und Del Nero genießen ihr Luxusleben weiter, wagen aber keinen Schritt mehr über die Landesgrenze.

Seit dem FIFA-Wahlkongress im Mai 2015 hat Brasilien keine machtvolle Stimme mehr auf internationaler Ebene. Zwei Tage bevor sich der damalige FIFA-Boss Joseph S. Blatter ein letztes Mal zum Präsidenten des Weltverbandes küren ließ, wurden Marin und weitere hochrangige FIFA-Funktionäre in ihrem Züricher Hotel verhaftet. Und Del Nero verschwand wortlos für immer im Flieger nach Hause.

Noch hat der 77-Jährige Einfluss auf Interimspräsident Coronel Nunes, der bei der Wahl zum WM-Gastgeber 2026 entgegen der Absprache mit den südamerikanischen Kollegen mit Revanchegelüsten gegen die USA (und deren Co-Organisatoren Mexiko und Kanada) gestimmt hatte. Er schuf damit ein Reizklima vor der Copa América im kommenden Jahr in Brasilien.

Dann ist Rogerio Caboclo Präsident der CBF. Rechter Arm Del Neros, gewählt am 17. April 2018, Amtsübernahme erst im April 2019. Der 45-Jährige darf immerhin noch ins Ausland reisen, muss nun Brasiliens Image in der Fußballfamilie wieder aufpolieren, wenn er die neuen Spielregeln zu Korruption und Geldwäsche akzeptiert.

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