09.09.2018 16:11 Uhr

Angst vor Ultras? Grindel-Mails veröffentlicht

Reinhard Grindel gerät immer stärker unter Druck
Reinhard Grindel gerät immer stärker unter Druck

DFB-Präsident Reinhard Grindel soll das Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Peru aus Furcht vor möglichen Störungen durch Fans von Frankfurt/Main nach Sinsheim verlegt haben lassen. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Der DFB-Chef hat am Sonntag Stellung zum Thema bezogen.

Laut "Spiegel" sollte die Begegnung (20:45 Uhr/"RTL") ursprünglich in der Commerzbank-Arena stattfinden. Grindel habe aber gegen diesen Austragungsort votiert, weil er Zwischenfälle wie Bengalo-Zündeleien der Ultras des Bundesligisten Eintracht Frankfurt gefürchtet habe.

Vor dem Hintergrund der Vergabe der EM 2024 am 27. September, um die sich neben der Türkei auch der Deutsche Fußball-Bund bewirbt, habe Grindel so offenbar eine mögliche Imageschädigung verhindern wollen.

Grindel betonte am Sonntag, dass der Standort Sinsheim auf einer Präsidiumssitzung festgelegt worden sei, "weil wir dort die Hoffnung gehabt haben, ein volles Stadion, eine gute Stimmung zu haben. Alles andere sind interne Diskussionen, die völlig berechtigt sind."

Die Entscheidung für Sinsheim habe "überhaupt nichts damit zu tun, dass es Vorbehalte gegen Eintracht Frankfurt gibt", ergänzte Grindel und stellte der Stadt am Main ein Qualifikationsspiel für die EM 2020 im kommenden Jahr in Aussicht: "Da wird alles schiedlich-friedlich ablaufen."

Dass der Mailverkehr mit DFB-Vizepräsident Rainer Koch an die Öffentlichkeit gelangt ist, nahm Grindel hin: "Schön ist das nicht. Wenn man die Inhalte sieht, ist das aber auch nichts Dramatisches." Im Fußball bleibe ohnehin "nichts geheim".

Eintracht-Fanszene: Panik ist "völlig realitätsfern"

Die Frankfurter Fanszene forderte in einer Stellungnahme den Rücktritt Grindels. "Kein ernstzunehmender Fanvertreter kann mit einem Verband unter diesem Präsidenten auch nur ein weiteres Wort wechseln! Dieser Mann war und ist untragbar!", schrieb der Nordwestkurve-Rat. Grindels "Panik" sei "völlig realitätsfern".

Die Eintracht teilte auf "SID"-Anfrage mit, "keinen Zweifel" an der Versicherung des DFB zu haben was die Begründung des Austragungsortes für das Länderspiel betrifft. "Was jedoch irritierend und daher auch erklärungsbedürftig ist, ist dass in den Mails vom Verhalten der Eintracht geschrieben wird", sagte Jan Martin Strasheim, der Leiter der Frankfurter Medienabteilung.

DFB-Spitze will kein "Desaster" erleben

"Das Länderspiel ist nie verlegt worden", sagte unterdessen DFB-Vizepräsident Rainer Koch bei "Sky Sport News HD": "Wir haben grundsätzlich eine Reihenfolge, in der in etwa die großen Stadien in Deutschland zum Einsatz kommen."

Das bislang letzte Länderspiel am DFB-Standort Frankfurt wurde am 4. September 2015 gegen Polen (3:1) in der EM-Qualifikation ausgetragen. Seitdem hatte die DFB-Elf 17 Heimspiele in 15 verschiedenen Städten. Berlin und München hatten je zwei Länderspiele.

Der "Spiegel" verweist in seinem Bericht auf einen E-Mail-Wechsel zwischen Grindel und seinem Stellvertreter Koch. "Ich halte das Risiko, dass wir bei dem Länderspiel ein Desaster erleben und dies kurz vor der Euro-Vergabe negative Auswirkungen hat, einfach für zu hoch, weil für mich die Frankfurter Ultraszene viel zu unberechenbar ist", schrieb Grindel demnach Ende Februar.

Koch beklagt "strafbares Verhalten"

Koch habe Grindel in seiner Antwort zunächst widersprochen - aus Furcht, es könne noch mehr Ärger geben, wenn der Öffentlichkeit bekannt werde, "dass wir Frankfurt abgelehnt haben, obwohl Frankfurt jetzt in der Abfolge der Länderspielstandorte klar an der Reihe ist". Bei "Sky" nannte Koch es "fast eine Zumutung" und "strafbares Verhalten", dass der "Spiegel" aus internen Mails zitiere.

Grindel habe niemanden "overrulen" müssen, betonte Koch. Wie DFB-Direktor Oliver Bierhoff wies er darauf hin, dass für den Standort Sinsheim die Frage nach einem möglichst ausverkauften Stadion gewesen sei. Tatsächlich wurden für die Partie in der Wirsol Rhein-Neckar-Arena alle 25.494 Tickets verkauft. "Es ist generell eine Überlegung bei uns, mit Freundschaftsspielen in kleinere Stadien zu gehen", sagte Bierhoff im "Aktuellen Sportstudio".

DFB dementiert Vorbehalte gegenüber Eintracht Frankfurt

Frankfurt sei nicht von der Liste gestrichen, ergänzte Koch, sondern bekomme voraussichtlich ein EM-Qualifikationsspiel 2019. Die Aufregung sei "völlig umsonst" gewesen.

Am Sonntag teilte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker mit, dass die DFB-Spitze am Sonntag im Gespräch mit der Eintracht-Führung noch einmal sehr deutlich unterstrichen habe, "dass reine Kapazitätsfragen bzw. die zu erwartende Auslastung für die Stadionwahl entscheidend waren".

Es sei dem DFB in diesem Zusammenhang wichtig, "nochmal unmissverständlich herauszustellen, dass es keinerlei Vorbehalte oder Spannungen zwischen dem DFB und Eintracht Frankfurt gibt, ganz im Gegenteil", so Köttker. 

 

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