17.10.2018 13:10 Uhr

Schäfer: Brauchen "besonderen Tag" gegen Bayern

Marcel Schäfer ist seit dem 1. Juli 2018 Sportdirektor des VfL Wolfsburg
Marcel Schäfer ist seit dem 1. Juli 2018 Sportdirektor des VfL Wolfsburg

Seit dem 1. Juli 2018 ist Ex-Nationalspieler Marcel Schäfer Sportdirektor des VfL Wolfsburg. Im Interview äußerte sich der 34-Jährige zu dem anstehenden Vergleich mit dem FC Bayern München.

Marcel Schäfer, Bayern München kommt nach Wolfsburg. Kribbelt es da bei Ihnen?

Marcel Schäfer (Sportdirektor VfL Wolfsburg): Wir verspüren keine große Nervosität, es ist eher die Vorfreude auf die tolle Herausforderung. Aber wenn man in 17 Jahren als Spieler gegen München schöne Siege gefeiert hat und die eine oder andere Niederlage einstecken musste, kann man damit ganz gut umgehen.

Würden Sie am Samstag am liebsten selbst wieder die Fußballschuhe schnüren?

Ich habe wie gesagt 17 Jahre lang jedes Wochenende in Stadien vor den Fans gespielt und es bis zuletzt unglaublich geschätzt und als Privileg gesehen. Ich war von Herzen gern Fußballer, deshalb gebe ich zu, dass es manchmal schon schwierig ist, nur an der Seitenlinie zu stehen oder beim Mannschaftsabend nicht dabei zu sein. Mir macht der neue Job aber unglaublich viel Spaß. Ich glaube, dass Jörg Schmadtke und ich uns gut ergänzen.

Können Sie mit Ihren Erfahrungen, die Sie gegen die Bayern gesammelt haben, Einfluss auf die Spieler nehmen?

Ich versuche allgemein, die Erfahrungen, die ich gesammelt habe, weiterzugeben. Wir wissen, dass man einen besonderen Tag braucht, an dem man all seine Stärken zur Geltung bringen muss, um Bayern München zu schlagen. Ich glaube, dass es ein guter Zeitpunkt ist, Bayern München nach einer Länderspielpause zu Gast zu haben. Sie haben eine Mannschaft, die nahezu nur aus Nationalspielern besteht, die viel unterwegs sind und keine lange Vorbereitungszeit auf das Spiel haben.

Zudem stecken die Bayern in einer kleinen Krise. Ein zusätzlicher Vorteil?

Ja, natürlich. Ich habe das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach ihm Stadion gesehen. Es hat uns aufgezeigt, wie man gegen München spielen kann. Aber man braucht einen besonderen Tag, um sie zu schlagen, egal in welcher sportlichen Verfassung sie sind. Gladbach hat es wirklich eindrucksvoll bewiesen, dass es möglich ist.

Können Sie nachvollziehen, dass Niko Kovac schon in dieser frühen Saisonphase so unter Druck steht?

Das ist schon ein wenig verrückt. Noch drei Wochen zuvor hieß es, dass Bayern München sowieso Meister wird und dass es wieder eine langweilige Bundesliga-Saison gibt. 14 Tage später wird er infrage gestellt. Das geht deutlich zu schnell, da gibt es kein Mittelmaß mehr und auch keine sachliche Analyse. Es zählt nur noch hop oder top. Das finde ich in der Form nicht in Ordnung.

Wolfsburg hatte einen guten Saisonstart, jetzt wartet der VfL seit fünf Spielen auf einen Sieg. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung der Mannschaft?

Wenn man die Leistung in den letzten fünf Spielen betrachtet, haben wir einfach zu wenig Punkte geholt. Grundsätzlich gibt die Mannschaft aber ein ganz anderes Bild ab als in der vergangenen Saison.

Gibt es von Ihnen Vorgaben zur Punkteausbeute in den kommenden Wochen?

Ich halte davon nichts, eine Anzahl an Punkten für bestimmte Spiele auszugeben. Wir haben zu Beginn der Saison gesagt, dass wir uns stabilisieren wollen. Nach zwei Jahren in der Relegation wäre es vermessen, Ziele auszugeben, die man dann wieder revidieren muss. Es benötigt Zeit und Geduld, bis wir wieder dahinkommen, wo wir uns vielleicht selbst sehen. Aber da sind wir auf einem guten Weg.

Wo sehen Sie den VfL Wolfsburg denn?

In dieser Saison wollen wir uns von der Abstiegsregion fernhalten. Wir wollen da raus und uns stabilisieren. Aufgrund der Konstellation mit Volkswagen ist unser Anspruch auf Sicht aber natürlich ein ganz anderer, als nur im Mittelfeld der Tabelle mitzuspielen. Das wollen wir nicht. Es wäre allerdings vermessen, jetzt schon wieder von Europa zu reden. Dorthin wollen wir aber mittelfristig zurückkehren.

Zurzeit ist es im oberen Tabellendrittel verdammt eng. Wäre das nicht die Chance, oben mitzumischen?

Dagegen würde ich mich natürlich nicht wehren. Die letzten zwölf Jahre hier waren eine Achterbahn, die wir erlebt haben und so etwas wollen wir unbedingt vermeiden.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation in der Bundesliga?

Vor drei Wochen waren die Bayern schon Meister, jetzt sind sie angeblich in der Krise. Ich sehe das nüchterner. Ich glaube, dass sich Bayern nach 34 Spieltagen dennoch durchsetzen wird. Zurzeit ist aber alles sehr eng. Schalke 04 und Bayer Leverkusen sind nicht so aus den Startlöchern gekommen. Aber nach so wenigen Spieltagen ist es zu früh, da ein Urteil zu fällen. Man sieht viel Einsatzbereitschaft und Leidenschaft: Die Bundesliga macht Spaß.

Das Verhältnis zu den Fans scheint sich jedoch abgekühlt zu haben.

In dem Bereich können wir uns in der Bundesliga auf jeden Fall verbessern. In Wolfsburg legen wir viel Wert darauf, dass die Spieler sich wieder mehr mit der Region auseinandersetzen. Um sich wieder anzunähern, haben wir in den letzten Wochen einige Aktionen zusammen mit den Fans gemacht. Die Spieler werden sich da in Zukunft deutlich präsenter zeigen, als es in der Vergangenheit der Fall war.

Ist das Produkt Profi-Fußball mittel- bis langfristig gefährdet, wenn die Fannähe verloren geht?

Wenn jeder nur noch auf sich selbst schaut, kann das gefährlich werden. Die Fans sind ein wesentlicher Bestandteil des Sports, das betrifft nicht nur den Profi-Fußball. Deswegen sollte man mit den Fans in den Dialog gehen.

Sie waren über ein Jahr in Amerika und haben durch Hospitationen auch exklusive Einblicke hinter die Kulissen anderer Sportarten erhalten. Können wir in Deutschland etwas von den USA lernen?

Ich glaube, dass wir von den Amerikanern lernen können, allerdings kann man nicht alles eins zu eins übertragen. In Deutschland leben wir den Sport anders. Das hat die Reaktionen auf den Auftritt von Helene Fischer beim DFB-Pokalfinale gezeigt. Bei uns liegt der Fokus deutlich auf dem Sport, das ist in den USA ganz anders. Außerdem finde ich, dass zum Beispiel die Kabine für Kameras und Öffentlichkeit - anders als in den USA - eine Tabuzone bleiben muss.

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