19.10.2018 08:50 Uhr

Barcas Vidal: Krieger ohne Schlachtfeld

Ratlos und frustriert: Arturo Vidal kommt beim FC Barcelona nicht zum Zuge
Ratlos und frustriert: Arturo Vidal kommt beim FC Barcelona nicht zum Zuge

"Barcelona ist eine Stufe höher als Bayern. Ich möchte dazu beitragen, alle Titel zu gewinnen." Mit markigen Worten und großen Erwartungen war Arturo Vidal vor der Saison von Bayern München zum FC Barcelona gewechselt. Doch die Realität sieht anders aus. Vidal sitzt bei den Blaugranas fast nur auf der Bank. War der spektakuläre Transfer ein großes Missverständnis?

19 Millionen Euro hat der FC Barcelona in der Sommerpause für Arturo Vidal bezahlt. Barca-Trainer Ernesto Valverde freute sich seinerzeit auf "einen Spieler, der ein bisschen anders ist als die, die wir haben" und einen erfahrenen Akteur, der "die Barca-DNA bereichern kann." Zeigen konnte der Chilene seine Qualitäten in Spanien allerdings kaum.

Bei Barcelonas acht bisherigen Spielen in der Primera División stand Vidal überhaupt nur sechsmal im Kader. Bei seinen beiden Startelfeinsätzen wurde er jeweils schon nach weniger als einer Stunde ausgewechselt. Und wenn er als Joker kam, dann meistens kurz vor Schluss. In der Champions League durfte der Ex-Münchner bei zwei Einwechslungen ganze acht Minuten ran. Ernüchternde Zahlen für einen Mann seiner Klasse.

Arturo Vidal als "Elefant im Porzellanladen"

Die große Konkurrenz im Mittelfeld der Katalanen macht dem 31-Jährigen offensichtlich zu schaffen. Mit Sergio Busquets und Ivan Rakitić sind zwei Spieler in der Zentrale zumeist gesetzt. Daneben streitet sich Vidal mit Sergi Roberto und den drei Brasilianern Philippe Coutinho, Arthur und Rafinha um einen einzigen freien Platz im Dreier-Mittelfeld.

Wenn Vidal seine Künste mal präsentieren durfte, konnte er nicht überzeugen. Vielmehr sahen die Medien den eher für seine kämpferischen Qualitäten bekannten Ex-Bayern sogar als "Bremse" im Spiel Barcelonas.

Die Sportzeitung "AS" bezeichnete den Chilenen nach seinem Startelfeinsatz beim enttäuschenden 2:2 gegen Girona gar als "Elefant im Porzellanladen", der das schnelle Offensivspiel der Katalanen "verlangsamt und keine Lösungen anbietet".

Alles nur eine Systemfrage?

Das größte Problem liegt auf der Hand: Vidal kann die Anforderungen von Ernesto Valverde schlicht nicht erfüllen. Der Coach setzt in seinem 4-3-3 auf ein spielstarkes Mittelfeld. Und da ist die Konkurrenz dem Chilenen eindeutig überlegen. Platz für einen zweikampfstarken Abräumer, der seine Qualitäten im Spiel nach hinten hat, gibt es für Vidal nur selten.

Als der 22-jährige Arthur beim Champions-League-Kracher gegen Tottenham überzeugte, outete sich Valverde zu allem Überfluss auch noch als Fan des Brasilianers. "Arthur stand in einem wichtigen Spiel in der Startelf. Wir hoffen, dass das öfter der Fall sein wird", sagte der Barca-Trainer. Nicht gerade ein Mutmacher für Arturo Vidal.

Vidal mosert: "Wie kann ich glücklich sein?"

Neben den Problemen auf dem Platz sorgte Vidal zuletzt auch abseits des Rasens für Schlagzeilen. Nachdem er beim letzten Ligaspiel gegen Valencia erneut 90 Minuten auf der Bank saß, konnte der Chilene, der in den letzten sieben Spielzeiten mit Juventus Turin und den Bayern jeweils Meister wurde und dabei eine feste Größe war, seinen Frust nicht mehr verbergen.

"Wie kann ich glücklich sein, wenn ausgerechnet ich nicht spiele?", fragte er die Öffentlichkeit nach dem 1:1. Der 31-Jährige hat sich seine Rolle offenbar ganz anders vorgestellt. "Von den letzten Spielen war ich schon ein wenig irritiert", musste er zugeben.

Aber Vidal wäre nicht Vidal, wenn er nicht nach vorne schauen würde. "Ich war immer ein Kämpfer, habe mit den besten Teams der Welt alles gewonnen und will das auch mit Barcelona tun", stellte er klar und fügte an: "Es stehen noch jede Menge wichtige Spiele an. Wir werden sehen."

Vidal versichert: Kein Problem mit Trainer Valverde

Es war nicht der erste emotionale Ausbruch des 31-Jährigen in der jüngsten Vergangenheit. Schon vor einigen Wochen hatte Vidal für Aufsehen gesorgt, als er nach einer erneuten Nichtberücksichtigung für die Startelf bei Instagram ein riesiges wütendes Emoji gepostet hatte.

Sein Verhältnis zu Coach Valverde sei aber nach wie vor in Ordnung, versicherte Vidal. "Wenn ich ein Problem mit dem Trainer hätte, würde ich das persönlich mit ihm besprechen", stellte der Chilene klar.

Es lässt sich darüber streiten, wie viel Wahrheitsgehalt in den Aussagen steckt. Fakt ist: Seinen Start in Spanien haben sich Vidal und auch der FC Barcelona anders vorgestellt.

Krise des FC Barcelona als große Chance? 

Eine Chance für Arturo Vidal könnte in der momentanen Ergebniskrise seines Klubs liegen. In der Liga hat Barcelona die letzten vier Spiele nicht gewonnen und liegt in der Tabelle nur auf Rang zwei. Ändert Valverde sein System, um mehr Stabilität ins Spiel zu kriegen, könnte die Stunde des "Kriegers" schlagen.

Zuletzt war Arturo Vidal mit der chilenischen Nationalmannschaft unterwegs und durfte zweimal 90 Minuten durchspielen. Ob er dieses Gefühl auch in Spanien noch erfahren wird? Am Samstag trifft Barcelona im La-Liga-Topspiel auf Spitzenreiter Sevilla. Sollte Valverde auf Vidal setzen, wäre dies womöglich ein klarer Fingerzeig in die Zukunft. Sitzt der Ex-Münchner erneut nur auf der Bank, dürfte es um seine Person nicht ruhiger werden.

Lennart Wegner

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