09.11.2018 11:01 Uhr

Superclásico wird zum Staatsakt: Boca oder River?

Die Fans der Boca Juniors brennen bereits auf das Hinspiel im Superclásico gegen River Plate
Die Fans der Boca Juniors brennen bereits auf das Hinspiel im Superclásico gegen River Plate

Boca gegen River: Der Superclásico der beiden Erzrivalen im Finale der Copa Libertadores treibt die Fans in Argentinien an den Rand des Wahnsinns.

Schwarzmarkt-Tickets im Wert eines Gebrauchtwagens, ein abgefackeltes Haus nach einem Nachbarstreit über den Superclásico, den Erstgeborenen auf den Klubnamen getauft, im Stadion statt bei der Hochzeit des Bruders: Wenige Stunden vor dem Final-Hinspiel der Copa Libertadores spielt ganz Argentinien verrückt.

Denn am Samstag (21:00 Uhr/MEZ) treffen erstmals in der 58-jährigen Geschichte des südamerikanischen Gegenstücks zur Champions League in Boca Juniors und River Plate mit dem Ex-Nürnberger Javier Pinola die verfeindeten Stadtrivalen aus Buenos Aires mit den größten Fanlagern im fußballverrückten Argentinien aufeinander. "La Bombonera", Bocas stimmungsvolle Bonbonschüssel, wird im Dauergesang und -hüpfen der rund 50.000 Zuschauer "pulsieren", wie es der Volksmund beschreibt.

Vor so viel Heißblut schaudert selbst Staatspräsidenten Mauricio Macri, zwischen 1995 bis 2007 Boca-Klubboss. "Der Druck ist unvorstellbar. Wer verliert, braucht 20 Jahre, um sich davon zu erholen. Es steht viel auf dem Spiel. Zu viel!", mahnte der Regierungschef, der vor wenigen Wochen angesichts der schweren Wirtschaftskrise und des drastischen Währungsverfalls erstmals von einem nationalen Notstand sprach.

Davon wollen seine Landsleute aber zumindest bis zum Rückspiel am 24. November im Estadio Monumental, wo Argentinien 1978 seinen ersten WM-Titel feierte, nichts wissen. Die Tickets, auf die für Samstag aus Sicherheitsgründen nur Boca-Klubmitglieder Zugriff haben, finden trotz 150-prozentiger Preissteigerung gegenüber dem Halbfinale reißenden Absatz.

Mehr als 4600 Euro für Schwarzmarktkarten

Auf dem Online-Marktplatz Viagogo waren am Donnerstag aber schon Schwarzmarkt-Karten im Wert von 189.317 Pesos zu finden, unglaubliche 4655 Euro. In einem Land, wo ein Vater seinen Erstgeborenen wenige Tage vor dem Finale Agustin Enzo River Plate taufen lässt, findet sich selbst dafür irgendein Verrückter. Ach ja, Enzo wegen Enzo Francescoli, Uruguays Legende, die 1987 seine Karriere bei River Plate ausklingen ließ.

Eindeutig zu weit gingen jedoch am vergangenen Sonntag zwei Nachbarn im rund 1000 km von Buenos Aires entfernten Apostoles in der nordöstlichen Provinz Misiones. Im Streit, welches Team besser sei, zündete kurzerhand einer das Holzhaus des anderen an.

Die Zeitung Clarin listete noch weitere Verrücktheiten auf, wie das Geständnis eines Boca-Fans, der am Samstag statt in der Kirche bei der Hochzeit seines Bruders nun im Stadion sitzen wird. Da ist seine Unterstützung mehr gefragt.

Mehr als 100 Jahre Rivalität

Wie Macri schon sagte, es steht viel auf dem Spiel. Von den 373 direkten Duellen waren bislang nur zwei echte Finalspiele. Boca gewann 1976 das Endspiel um die Meisterschaft, River Plate im März dieses Jahres den argentinischen Supercup. Letztgenannte Partie kündeten die heimischen Medien als "Spiel des Jahrhunderts" an, nun schreiben alle nur noch vom "Spiel aller Zeiten".

Die Rivalität ist mehr als 100 Jahre alt, das erste offizielle Aufeinandertreffen fand 1913 statt. Anfangs war das populäre Hafenviertel La Boca Heimstätte beider, ehe River Plate 1938 ins mondänere Belgrano umzog. So ist das Duell bis heute auch so etwas wie ein Klassenkampf, bei dem am 23. Juni 1968 71 Boca-Fans im Gedränge vor verschlossenen Toren zu Tode kamen. Die größte Tragödie in Argentiniens Fußball.

Ins Auge fällt deshalb dieser Tage ein Foto mit zwei Jungen, einer im blaugelben Boca-Trikot, einer im weißen River-Shirt mit dem roten Querstreifen. "Die Copa Libertadores bleibt in Argentinien. Wir feiern", heißt es dort. Am Ende einer lauter als der andere.

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