15.11.2018 09:56 Uhr

Schöttel über Foda, Barnes und den Nachwuchs

Teamchef Franco Foda (r.) war für Sportdirektor Peter Schöttel eine gute Entscheidung
Teamchef Franco Foda (r.) war für Sportdirektor Peter Schöttel eine gute Entscheidung

ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel beurteilt die bisherige Ära Franco Foda, spricht über den Stand der Dinge bei Stürmerhoffnung Ashley Barnes und gibt Einblicke in die Nachwuchsarbeit in Rot-Weiß-Rot.

Über mangelnde Aufgabenfelder kann sich Peter Schöttel nicht beklagen. A-Team, Nachwuchs-Nationalmannschaften, Frauen- und Amateurfußball oder Trainerausbildung - das alles und noch mehr fällt in den Kompetenzbereich des ÖFB-Sportdirektors, der im Interview mit der APA Einblicke in seine Pläne für die Zukunft gab.

Sie sind seit etwa einem Jahr und damit etwas länger als Franco Foda im Amt. Wie beurteilen Sie die bisherige Zusammenarbeit mit dem Teamchef?

Es hat sich gezeigt, dass die Entscheidung, ihn zum Teamchef zu machen, eine gute war. Er lebt das Hochprofessionelle vor. Er und sein Team arbeiten sehr fleißig und exakt, schauen, dass sie von überall Informationen bekommen. Wir haben unseren Weg gefunden, und es geht uns beiden gut damit.

Seit Sie beide im Amt sind, rückten im A-Team wieder vermehrt Spieler aus der heimischen Meisterschaft in den Mittelpunkt. Kann die Ligareform dabei helfen, das Niveau von Spielern heimischer Klubs zu heben?

Ich finde, dass sie interessant ist. Am Ende muss man sich die Bilanz anschauen, zum Beispiel, wie viele junge Österreicher gespielt haben. Mehr Spannung reinzubringen, ist definitiv gelungen, und wenn man sich anschaut, wie die Aufsteiger spielen, kann die höchste Liga auf jeden Fall zwölf Vereine vertragen. Dass es für Trainer früher gefährlich wird, hätte ich in dieser Art und Weise nicht erwartet, das hat aber auch damit zu tun, dass drei der Großen (Anm.: Rapid, Sturm, Austria) hinten nachhängen. Es wird auch für die Schiedsrichter schwieriger, weil man sieht, wie früh die Nerven blank liegen.

Weder in der heimischen Liga noch im Ausland ist derzeit ein Goalgetter zu sehen, der in die Fußstapfen von Marc Janko treten könnte. Hat Österreich eine Stürmerkrise?

Jein. Wir haben Guido Burgstaller bei Schalke und Michael Gregoritsch bei Augsburg, die aber leider im Team noch nicht so getroffen haben wie bei ihrem Verein. Bei Marcs Nachberufung war klar, wenn es in einem Spiel gegen eine körperlich robuste Mannschaft nicht so läuft und wir ein Tor brauchen, haben wir keinen Besseren auf unserer Abrufliste. Aber im Hintergrund haben wir zum Teil hochtalentierte Spieler wie Arnel Jakupovic, Mathias Honsak oder Sasa Kalajdzic, bei denen derzeit noch ein bisschen etwas fehlt.

Janko hat zuletzt eine ÖFB-Reform gefordert, die auf eine Kompetenzbeschneidung des Präsidiums abzielt. Was halten Sie davon?

Das ist ein schwieriges Thema, weil es um einen enorm großen Bereich geht, den der Verband abdecken soll und muss. Ich habe in diesem Jahr den Eindruck gewonnen, dass sich alle Präsidiumsmitglieder ihrer Verantwortung bewusst sind und gewissenhaft arbeiten.

Als potentieller ÖFB-Goalgetter wurde auch Ashley Barnes ausgemacht. Wie ist der aktuelle Stand bei seinem Einbürgerungsverfahren?

Wir haben vom Spieler sämtliche geforderten Unterlagen bekommen, jetzt liegt alles bei den zuständigen Behörden. Wir können uns sehr gut vorstellen, dass er für das österreichische Nationalteam spielt, und er auch.

Abgesehen von der Barnes-Einbürgerung - welche Aufgaben galt es in Ihrem ersten Jahr noch zu erledigen?

Ich habe viele Gespräche geführt, mich mit jedem Bereich sehr intensiv beschäftigt, habe mir viel im Ausland angeschaut und etliche Personalentscheidungen getroffen. Wir wollen künftig gewisse Schwerpunkte anders setzen.

Worum geht es da konkret?

Wir haben in der Trainerausbildung mit Dominik Thalhammer, Thomas Eidler und Roland Goriupp eine sehr gute Entscheidung getroffen, sie werden einiges verändern. Wir wollen auch das 'Projekt 12' wieder mit mehr Leben erfüllen. Und in allen Dingen geht es darum, die Kommunikation vom ÖFB zu den Vereinen und Landesverbänden zu verbessern, und da haben wir einen wichtigen Schritt gemacht. Außerdem haben wir im Nachwuchs Nachholbedarf im athletischen Bereich, da wollen wir uns verbessern und auch mehr in Richtung Verletzungsprophylaxe arbeiten.

Kann der ÖFB den Klubs überhaupt vorschreiben, wie sie in ihren Akademien arbeiten sollen?

Es gibt in einigen Bereichen Richtlinien, die vom ÖFB als Lizenzgeber vorgegeben werden. In erster Linie soll der ÖFB eine Art Benchmark für die Clubs darstellen und Know-how vermitteln. Wir wollen Vorschläge und Empfehlungen bringen und sie vor allem in unseren ÖFB-Lehrgängen selbst vorleben. Und Spielern im LAZ-Alter (Anm.: von 11 bis 14 Jahren) soll man nicht alles vorgeben, sie sollen im Training versuchen, selbst Lösungen zu erarbeiten. Sie sollen Fehler machen dürfen und Dinge selbst regeln. Im Akademiebereich ist es wichtig, Spieler, nicht Mannschaften zu entwickeln. Für den österreichischen Fußball ist es nicht wichtig, wer U16-Meister wird, sondern wie viele Spieler Profis werden, ins Ausland gehen und ins Nationalteam kommen. Ich weiß, dass der Job eines Akademietrainers zum Teil von Ergebnissen abhängt. Aber es wäre schön, wieder mehr den Ausbildungsgedanken in die Akademien zu bringen und dass nicht bei ein paar Niederlagen gleich alles infrage gestellt wird.

Auf männlicher ÖFB-Nachwuchsebene blieben zuletzt Erfolge aus - 2017 und 2018 gab es keine Endrunden-Teilnahme. Ist das ein Zeichen, dass nicht gut gearbeitet wurde?

Wegen der Erfahrungen, die man dort sammeln kann, wäre es wichtig, bei Turnieren dabei zu sein, aber es kann nicht das Hauptziel sein. Das Hauptziel ist, toll ausgebildete Spieler für das A-Team herauszubringen.

Bei Klubs müssen auch Nachwuchstrainer bei ausbleibenden Erfolgen gehen, im ÖFB passiert das nicht. Warum?

Es gibt im ÖFB keine Pragmatisierung. Doch wir möchten die im Nachwuchsbereich nötige Kontinuität vorleben und sicherstellen. Die Nachwuchs-Teamchefs sind darüber hinaus auch für andere Dinge verantwortlich - Hermann Stadler und Martin Scherb für die LAZ, Rupert Marko für die Akademien, Manfred Zsak für das Projekt 12. Sie sind mit Ausnahme von Scherb schon lange da, haben viel Know-how, kennen die Abläufe. Es ist nicht in Stein gemeißelt, dass wir nichts verändern, aber das hat nichts mit einer verpassten Qualifikation zu tun. Es gibt immer wieder stärkere und schwächere Jahrgänge.

Gibt es beim ÖFB das Ziel einer einheitlichen Spielphilosophie?

Es hat bis jetzt etwas Festgeschriebenes gegeben, das eher allgemein gehalten war. Jetzt sind wir dabei, das zu präzisieren. Wir beschäftigen uns in einer Arbeitsgruppe mit dem Teamchef, den Verantwortlichen der Trainerausbildung und einigen Nachwuchs-Teamchefs mit einheitlichen Spielprinzipien, sind aber der Meinung, dass jeder Trainer System, Anlage und Spielplan individuell erarbeiten und an den Gegner anpassen sollte.

apa

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