14 Trainer hat Leeds United in den letzten 6 Jahren verbraucht. Jetzt ist aber "Der Verrückte" an der  Elland Road; und es schaut ganz danach aus, dass der Kult-Klub 2019 zum Hunderter wieder in der Premier League rockt.

Is this the real life, Is this just fantasy, Caught in a landside, No escape from reality. Open your eyes, look up to the skies, We are Leeds. I'm just a Leeds Fan, From a Leeds Familiy. Cos it's easy come, Marcelo, Heckingbottom hat to go. Take me where the wins go. Cos it really matters. We're Leeds, We're Leeds ... Your coaching makes me love you more than my wife ... MARCELOOOO, OOOOOH!!!

Die "Bohmian Rhapsody" von Queen spielen sie in Leeds derzeit rauf und runter. Besungen wird dabei nur einer: Manager Marcelo Bielsa! Ausgerechnet "El Loco" ("Der Verrückte") aus Argentinien hat den Giganten wieder in die Spur gebracht, mit einem 12-Stunden-Tag und zeitweiligem Heimschläferverbot!

"Er ist der beste Trainer der Welt", sagte Pep Guardiola 2017, "jedes Mal wenn ich mit ihm spreche, habe ich das Gefühl, er hilft mir gerade", und meinte weiter, "nicht die Titel zählen, er macht die Spieler besser." Auch Mauricio Pochettino und Zinedine Zidane outeten sich schon als Bielsa-Fans.

Der ehemalige Teamchef von Argentinien und Chile spitzte schon lange auf ein Angebot aus England. Im Sommer kam das "richtige Projekt", wie Bielsa (63) es nannte. Leeds United, 3-facher englischer Meister, 2-facher Europacup-Sieger soll nach 15 Jahren der Entbehrung wieder rauf in die Premier League.

2001 durften die Fans ihren Whites an der Elland Road noch im Champions-League-Halbfinale gegen Valencia die Daumen drücken. Seit 2004 wird ihnen Zweitliga-Fußball und sogar Drittliga-Kick (2007 bis 2010) vorgesetzt.

Hauptgrund für den Zerfall des Giganten war die hauchdünn verpasste Champions-League-Qualifikation 2001. Klubchef Peter Ridsdale hatte den erneuten Geldregen fix eingeplant und zusätzliche Kredite für einen Top-Kader aufgenommen - Spielerverkäufe weit unter Wert waren die Folge, und das Unglück nahm rasch seinen Lauf.

Unter Bielsa könnte nun 15 Jahre nach dem Abstieg - ausgerechnet zum 100-jährigen Vereinsjubiläum - das Comeback in der Premier League gelingen. Wie sehr alle dran gauben, zeigt auch der Zuschauerschnitt (32.891) - in Europas Zweiten Ligen pilgern nur zum HSV, Köln und Aston Villa noch mehr Fans.

Testosteron kennt keine Farben

Wie realistisch das Comeback ist, zeigt die Championship-Tabelle. Auf den ersten "Nichtaufstiegsplatz" (hinter den Playoff-Slots) hat Leeds United 13 Punkte Vorsprung, auf das zweitplatzierte Norwich City drei. Bei den Canaries gewann Leeds 3:0.

Obwohl Norwich direkt vor dem Gipfel die Gästekabine rosa ausmalen ließ, um bei den Leeds-Kickern den Testosteronspiegel zu senken. So etwas funktioniere vielleicht bei manchen Paaren, meinte Bielsa: "Das Verlangen nach einem Triumph kann das doch nicht schmälern."

Vor Saisonbeginn ließ Bielsa seine Burschen in Thorp Arch rund um das Trainingszentrum die Gegend säubern. Dort kaserniert er sie hin und wieder ein paar Tage und lässt sie dann mitunter 12 Stunden arbeiten, also auch mal die Unterkunft reinigen, oder Geschirr waschen.

Es kann auch vorkommen, dass Bielsa das Training unterbricht, um einen Spieler nach einem tollen Tor-Abschluss sekundenlang zu umarmen. Die Fans posten gelungene Aktionen mittlerweile als "Bielsa Ball", denn ein so herzerfrischendes Offensivspiel wie jetzt haben sie hier schon ewig nicht mehr gesehen.

Auf die Box kommt nur Bielsa und ein Pickerl

Bei den Spielen sitzt Bielsa zwecks besserem Blickwinkel auf seiner geliebten blauen Kühlbox, die im Fanshop reissenden Absatz findet. Findige Sponsoren woll(t)en auf der Box ihr Firmenlogo platzieren, aber außer dem Leeds-Pickerl kam bislang noch nix drauf.

Bei Auswärtsspielen kümmert sich immer einer der Betreuer um die Bielsa-Box. Jene werden allesamt kaum laschieren: In Bilbao blieben die Plätze hinter Bielsa einmal leer. Auf die Abwesenheit seiner Assistenten angesprochen, antwortete der Verrückte: "Sie haben sich diese Woche nicht für das Spiel qualifiziert, ihre Arbeit war nicht gut genug."

ts