14.01.2019 13:47 Uhr

Warum Sancho und Co. in die Bundesliga wechseln

Jadon Sancho vom BVB ist eins der größten Talente Europas
Jadon Sancho vom BVB ist eins der größten Talente Europas

Jadon Sancho sorgt bei Borussia Dortmund für Furore, für Callum Hudson-Odoi wird der FC Bayern München wohl 40 Millionen Euro bezahlen: Englands Talente-Pool scheint unerschöpflich. Die Fußball-Bundesliga profitiert in besonderem Maße davon.

Jüngstes Paradebeispiel ist Phil Foden von Manchester City. Der 18-Jährige trumpfte in den vergangenen Wochen groß auf, erzielte in den drei Pflichtspielen 2019 zwei Treffer und verzückte seinen Trainer Pep Guardiola dabei auf ganzer Linie: "Er ist ein unglaublicher Spieler. England hat einen Diamanten."

Jadon Sancho ist beim BVB zum Star gereift, gehört mit sieben Treffern und zehn Vorlagen zu den Top-Scorern der Bundesliga. Der FC Bayern hat Chelsea-Youngster Callum Hudson-Odoi als Transferziel Nummer eins für seine Offensive ausgemacht. 

Reiss Nelson, derzeit vom FC Arsenal an 1899 Hoffenheim ausgeliehen, deutete seine Extraklasse in der zurückliegenden Hinrunde mehrfach an.

Masterplan im englischen Fußball trägt Früchte

Diese beeindruckende englische Talente-Flut ist das Ergebnis eines breit angelegten Masterplans. Nach Jahren der Erfolglosigkeit bei internationalen Turnieren krempelte der englische Verband sein Nachwuchssystem komplett um.

Seit 2012 setzt die FA auf neue Strukturen, hohe Investitionen und eine vereinheitlichte Herangehensweise im Nachwuchsbereich.

Zentrale Bestandteile des sogenannten "Elite Player Performance Plan" (EPPP) sind besser geschulte Trainer, detaillierte Auswertungen der Leistungsdaten und eine U23-Liga für die besten Junior-Teams des Landes.

Außerdem dürfen englische Klubs nun Talente aus dem ganzen Land unter Vertrag nehmen. Zuvor war es lediglich erlaubt, Spieler aufzunehmen, die nicht länger als 90 Minuten Fahrzeit zum Training benötigen.

Hinzu kommt, dass es feste Ablösesummen für junge Spieler gibt. Diese richten sich nach dem Alter und der Zeit, die sie in der Nachwuchsabteilung eines Klubs verbracht haben.

Englische Teams dominieren den Nachwuchsbereich

Dass die Umstrukturierung bereits Früchte trägt, ist nicht zu übersehen. England gewann die letzten U17- und U20-Weltmeisterschaften und krönte sich 2017 zum U19-Europameister.

Die A-Nationalmannschaft - gespickt mit älteren Talenten wie Trent Alexander-Arnold vom FC Liverpool oder Marcus Rashford von Manchester United - wurde bei der WM in Russland starker Vierter.

Auch auf Vereinsebene zeigt die Reform bereits positive Auswirkungen. In den letzten vier Jahren stand drei Mal ein englisches Team im Finale der Youth League. Zwei Mal gewann der FC Chelsea die Königsklasse der A-Junioren.

In der Premier League gelang zwar einigen Talente der Sprung in die Profikader der großen Teams. Dele Alli (Tottenham Hotspur) oder Raheem Sterling (Manchester City) sind feste Größen in ihren Klubs, Rashford oder Foden auf dem Weg dorthin.

Viele Talente schaffen den Sprung in der Premier League nicht

Doch nach wie vor schaffen viele junge Spieler den Sprung aber nicht. Die finanzstarken Premier-League-Vereine setzt oft auf Stars aus dem Ausland, anstatt den eigenen Nachwuchskräften eine Chance zu geben.

"Wenn ein Spieler gut genug ist, heißt das nicht, dass er auch den Durchbruch schafft. Das kann mir niemand erzählen. Es gibt genug Spieler, die gut genug sind", beschreibt Nationaltrainer Gareth Southgate den unbefriedigenden Status Quo.

Aktuell sind nur knapp 30 Prozent der Profis in der vermeintlich besten Liga der Welt Engländer. "Das hat wirklich ernste Auswirkungen auf unsere Nationalmannschaft", bemängelte Southgate gegenüber der "BBC".

Bundesliga steht als Abnehmer für die Nachwuchs-Stars bereit

Ein dankbarer Abnehmer für in England nicht zum Zug gekommene Rohdiamanten ist die Bundesliga.

"In England bekommen die Talente aufgrund der Strukturen in den Vereinen und der Kader bisher keine Chancen auf Einsatzzeit. Das kann eine gute Sache für uns sein", erklärte Sebastian Kehl, Leiter der Dortmunder Lizenzspielerabteilung, im Gespräch mit der "Daily Mail".

Für Sancho zahlte der BVB im Sommer 2017 nur rund acht Millionen Euro an ManCity. Heute ist der Flügelstürmer in etwa das zehnfache Wert.

"Ein paar Leute aus meinem Umfeld haben mir davon abgeraten und Zweifel geäußert, ins Ausland zu gehen, aber ich denke, dass es ganz gut gelaufen ist", bilanzierte der Dortmunder Shootingstar im Winter-Trainigslager in Marbella.

Hudson-Odoi wird seinem Kumpel Sancho übereinstimmenden Medienberichten zufolge bald folgen - wenn auch zum fünffachen Preis.

Damit das Mutterland des Fußballs seine Super-Talente auch weiterhin in der heimischen Liga bestaunen kann, vertreten Klubs wie der FC Liverpool ein klares Credo.

"Bevor wir einen Spieler verpflichten, der nicht viel besser ist als einer, den wir haben, setzen wir auf unsere eigenen Jungs", versicherte Coach Teammanager Jürgen Klopp dem "Mirror": "So sollte die Zukunft aussehen, selbst in dieser verrückten Transfer-Welt."

Lissy Beckonert

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