24.05.2019 06:50 Uhr

Der neue Liga-Modus kommt nicht überall gut an

Die Punkteteilung ist bei den Trainern umstritten, und auch die Playoff-Termine
Die Punkteteilung ist bei den Trainern umstritten, und auch die Playoff-Termine

Schon vor dem Ende der regulären Bundesliga-Saison am Wochenende haben die Oberhaus-Clubs eine erste Bilanz zum neuen Modus gezogen. Die Meinungen dazu fielen zwiespältig aus - einige Vereine zeigten sich von den Änderungen überaus angetan, andere sehen dringenden Reformbedarf.

Zu den Skeptikern zählen unter anderem jene Bundesligisten, die aufgrund der Tabellenkonstellation zu den Verlierern der Modifizierung zählen. So befindet sich etwa der TSV Hartberg bei zwei Punkten Vorsprung auf Wacker Innsbruck eine Runde vor Schluss noch in Abstiegsgefahr, obwohl er über die gesamte Saison sechs Zähler mehr als die Tiroler geholt hat.

Daher hat die Reform für Hartberg-Trainer Markus Schopp einen schalen Beigeschmack. "Das neue Ligaformat hat definitiv Spannung bewirkt, und das nicht in geringem Ausmaß. Die Frage ist nur, zu welchem Preis. Die Spannung geht auf Kosten der sportlichen Fairness", sagte der Steirer vor allem mit Blick auf die Punkteteilung. "Ich bin der Meinung, dass die 22 Runden des Grunddurchgangs durch zehn Finalspiele komplett entwertet werden."

Schopp wies auch darauf hin, dass die Winterpause nach 18, die Teilung in Meister- und Qualifikationsgruppe aber erst nach 22 Runden erfolgt. Dadurch können vor allem besser betuchte Vereine in der Winter-Transferzeit vor den entscheidenden Partien des Grunddurchgangs noch einmal nachrüsten. Zudem steige generell der Druck auf Spieler, Schiedsrichter und Trainer.

Schopp betonte allerdings auch, seine Skepsis beruhe nicht auf der unvorteilhaften Situation von Hartberg. "Ich will nicht der große Kritiker sein, und es war ja auch an der Zeit, dass man sich etwas überlegt. Wir waren auch Nutznießer der Reform, denn ohne die Aufstockung von zehn auf zwölf Clubs wären wir gar nicht aufgestiegen."

Mattersburg-Coach Klaus Schmidt hadert ebenfalls mit der Punkteteilung. "Das ist eine knallharte Geschichte, vor allem im Abstiegskampf. Der Verzicht darauf wäre positiv", meinte der Steirer. Der SVM verpasste als Siebenter die Meistergruppe nur um einen Zähler, nach der Teilung lag man zehn Runden vor Schluss nur noch sechs Punkte von der Roten Laterne entfernt.

Mattersburg im Stress

Mittlerweile ist die Abstiegsgefahr längst gebannt und die Teilnahme am Europacup-Play-off fixiert - dessen Terminisierung ist für Schmidt aber ebenfalls ein Problem. Mattersburg bestreitet am Samstag das letzte Quali-Gruppenmatch, am Dienstag das Auswärtsspiel gegen Rapid und müsste im Falle eines Sieges am Donnerstag daheim gegen den Fünften der Meistergruppe antreten. Das Retourmatch wäre für den darauffolgenden Sonntag angesetzt. "Aus sportphysiologischer Sicht sind vier Spiele innerhalb von neun Tagen zumindest grenzwertig, noch dazu am Ende der Saison."

Immerhin sei die Spannung in den ersten Frühjahrspartien aufgrund der bevorstehenden Teilung gehoben worden. "Das ist sicher ein positiver Aspekt. Aber dass dadurch der Trainerfriedhof Bundesliga hervorragend gefüllt ist, ist auch klar", erklärte Schmidt.

Acht der zwölf Clubs wechselten in dieser Spielzeit ihre Betreuer aus. "Der Druck erhöht sich immer mehr. Zuerst muss man unter den Top sechs sein, und dann kommt eine Quickie-Meisterschaft, in der alles passieren kann. Außerdem ist der Abstieg eine existenzgefährdende Geschichte, weil die 2. Liga durch die Reform noch weniger attraktiv ist", sagte Schmidt.

Der SVM-Coach hätte sich aufgrund der Ausgeglichenheit innerhalb der Liga eine Beibehaltung des alten Modus gewünscht. "Von Platz drei bis Platz zwölf kann sowieso jeder gegen jeden zu jeder Tages- und Nachtzeit gewinnen." Wenn man schon die Spannung erhöhen will, hätte man laut Schmidt eine radikalere Reform wählen können. Der 51-Jährige denkt dabei an eine Meisterschafts-Entscheidung nach dem Grunddurchgang ähnlich der Eishockey-Liga, beginnend mit einem in Hin- und Rückspiel ausgetragenen Viertelfinale zwischen dem Ersten und dem Achten, dem Zweiten und dem Siebenten usw.

In dieser Angelegenheit würde es von Red Bull Salzburg keine Unterstützung geben, im Zusammenhang mit der Punktehalbierung aber kann Sportdirektor Christoph Freund die Anmerkungen von Schopp und Schmidt durchaus verstehen. "Wenn du einen richtig guten Herbst gespielt hast und dann aufgrund der Punkteteilung bis zum Schluss kämpfen musst und dann vielleicht sogar absteigst, dann wird das dem Sport nicht ganz gerecht. Da stehen auch Existenzen am Spiel. Das wird man mit der Bundesliga und den anderen Clubs noch diskutieren", kündigte Freund an.

Prinzipiell ist der 41-Jährige aber mit der Reform zufrieden. "Der Kampf ums untere und obere Play-off, diesen Spannungsbogen hast du im anderen Modus nicht. Das neue Format hat sich eine Chance verdient, das über einige Jahre zu verfolgen. Es ist ein interessanter neuer Modus."

Noch begeisterter äußerte sich LASK-Präsident Siegmund Gruber, gleichzeitig 1. Stellvertreter im Bundesliga-Aufsichtsrat. "Die Ligareform ist eine absolute Bereicherung für alle Fußball-Fans in Österreich und an Spannung kaum zu überbieten. Damit hat man den richtigen Weg eingeschlagen."

Durchwegs positiv fiel auch das Resümee von Austria-Trainer Robert Ibertsberger aus. "Für Fans und Zuschauer ist es sicher eine Bereicherung, da es über eine lange Zeit sehr spannend ist, vor allem mit der Punkteteilung. Für einen Club, der seine Ziele hat, ändert sich aber nicht allzu viel. Will man einen internationalen Startplatz erreichen, kommt es nicht auf das Ligaformat an", meinte der Salzburger.

WAC-Coach Christian Ilzer bewertete die Reform ebenfalls "absolut positiv, weil es die ganze Saison über spannend war, vor allem vor der Teilung. Die war in einer Phase (Anm.: Mitte März), in der es normalerweise nicht so turbulent zugeht." Der Steirer regte an, die Punktehalbierung in der Meistergruppe zu belassen, aber in der Qualifikationsgruppe aufzuheben. "Grundsätzlich bin ich ein Freund des neuen Modus. Verbesserungen kann man immer vornehmen, doch die Zehnerliga war für mich schon zu abgedroschen. Im Endeffekt sind wir in der Unterhaltungsbranche", sagte Ilzer.

Etwas zurückhaltender betrachtete Sturm-Graz-Trainer Roman Mählich die Angelegenheit. Die Reform habe viele Spannungsmomente gebracht, bei der Punktehalbierung gebe es Gewinner und Verlierer. "Man muss sich im zweiten Jahr ansehen, ob es auch von den Zusehern noch mehr angenommen wird, wenn der Modus bereits in den Köpfen verankert ist. Für viele ist das auf den ersten Blick bestimmt kompliziert gewesen. Wichtig ist, dass die Verantwortlichen das erste Jahr sehr genau evaluieren", betonte der Ex-Teamspieler.

Altach-Sportdirektor Georg Zellhofer gab im Zusammenhang mit der Reform eine nüchterne Einschätzung ab: "Es ist mehr Spannung drin, dafür ist die Situation für die Trainer sicher angespannter. Bei jedem Modus wird ein Verein ein Haar in der Suppe finden, wenn es ihn trifft."

Dieser Meinung schloss sich Wacker Innsbrucks Obmann Gerhard Stocker an. "Wenn es jeder durch die Vereinsbrille sieht, ist es verständlich, dass es Kritik gibt, aber von der Spannung her ist es toll." Der Club des gleichzeitig als Bundesliga-Aufsichtsratschef amtierenden Stocker könnte ein Nutznießer der Reform sein, sofern der Klassenerhalt noch gelingt. "Wir wären, wenn wir es schaffen, ein Modus-Gewinner", gab der 67-Jährige zu.

Das trifft auch für den SKN St. Pölten zu. Die Niederösterreicher schafften es in die Meistergruppe und entledigten sich dadurch frühzeitig aller Abstiegssorgen. "Eines der großen Ziele der Ligareform war es, über das ganze Jahr verteilt für mehr Spannung zu sorgen. Dieses Ziel ist aus meiner Sicht definitiv erreicht worden", resümierte General Manager Andreas Blumauer. Sein Club habe die Zuschauerzahlen im Vergleich zur Vorsaison um rund 30 Prozent gesteigert.

Kühbauer kritisch

Allgemein dürfte hingegen das von der Liga erhoffte höhere Publikumsinteresse ausgeblieben sein, wie auch Rapid-Trainer Dietmar Kühbauer anmerkte. "Unabhängig davon, dass wir mit Rapid im März in der Qualifikationsgruppe gelandet sind, hat die Reform im ersten Jahr noch nicht den von vielen erhofften Nutzen gebracht. Die Spannung rund um das Ende des Grunddurchgangs war zwar sehr hoch, und es wurde auch medial breit darüber berichtet, in Summe hat das aber noch keine positiven Auswirkungen auf die Zuschauerzahlen gehabt."

Zudem bemängelte der Burgenländer die der Reform geschuldeten häufigen Trainer-Entlassungen und die Punktehalbierung. "Aus Gründen der sportlichen Fairness sollte man überdenken, ob es gerecht ist, dass eine Mannschaft sogar absteigen könnte, obwohl sie über 32 Runden mehr Punkte geholt hat als zumindest ein Mitkonkurrent."

Auch die Ansetzung des bevorstehenden Europacup-Play-offs mit drei Spielen innerhalb von sechs Tagen missfällt Kühbauer, wobei der Coach die Tatsache hervorhob, dass es diesbezüglich bereits im kommenden Jahr eine Änderung gibt. Laut Liga-Rahmenterminplan für 2019/20 gehen die Play-off-Matches am 20., 23. und 26. Mai 2020 über die Bühne.

apa

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