12.06.2019 12:53 Uhr

Stimmungswandel bei DFB-Team nach WM-Desaster

Die deutsche Nationalmannschaft feierte am Dienstag in Mainz
Die deutsche Nationalmannschaft feierte am Dienstag in Mainz

Marcus Sorg war nach dem glänzend erfüllten Auftrag von Joachim Löw erleichtert. Der Ersatz-Bundestrainer freut sich jetzt auf die Rückkehr seines Chefs.

DFB-Direktor Oliver Bierhoff und Ehrenspielführer Philipp Lahm plauderten bei Blasmusik und deftiger bayerischer Kost völlig entspannt über die EM 2020. Auch im mondänen Bootshaus des Mainzer Ruderklubs war am Tag nach der Tor-Party beim 8:0 (5:0) gegen Estland der Stimmungswandel rund um die deutsche Nationalmannschaft spürbar.

Ein Jahr nach dem WM-Desaster und zwölf Monate vor der paneuropäischen EM sind die jungen Wilden auf dem Weg zurück in die Weltspitze - und daran hat Ersatz-Bundestrainer Marcus Sorg seinen Anteil. "Es wächst etwas zusammen. Die Mannschaft sprüht vor Energie. Sie versucht, die Menschen außerhalb des Spielfeldes zu begeistern. Der Bundestrainer kann aus einer optimalen Ausgangssituation weiterarbeiten", sagte Sorg nach dem dritten Sieg im dritten Qualifikationsspiel.

Der im vergangenen Jahr tief gefallene Weltmeister liegt damit klar auf EM-Kurs - der in Weißrussland (2:0) und gegen Estland erkrankt fehlende Bundestrainer Joachim Löw soll im September die nächsten Schritte verantworten. "Der Bundestrainer ist derjenige, der vorangeht und an dem sich alle orientieren und festhalten. Er hat gefehlt. Deswegen sind alle froh, wenn er bald wieder gesund und wieder bei uns sein wird", sagte Sorg bescheiden.

Markus Sorg richtet den Blick auf Niederlande und Nordirland

Bei der DFB-Veranstaltung "EURO-Countdown 2020" wuchs mit Blick auf den Rhein und den von Bierhoff präsentierten EM-Pokal schon einmal die Vorfreude auf das Turnier in zwölf europäischen Städten. Bei einer erfolgreichen Qualifikation hätte das DFB-Team zwei Vorrundenspiele in München sicher, ein drittes könnte hinzukommen. Bierhoff hat die Planungen jedenfalls schon aufgenommen. Laut Sport Bild soll sich für den Europameister von 1996 die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen als Favorit für das EM-Quartier der herauskristallisiert haben.

Und an einer Teilnahme zweifelt niemand mehr. Bierhoff sah "eine Mannschaft, die es wieder allen zeigen will." Sorg lobte den "unfassbaren Zusammenhalt." Die Mannschaft versuche, "begeisternden Fußball zu spielen. Sie ist gewillt, bis zum Schluss Vollgas zu geben und bereit, Widerstände zu überwinden."

Sorg stellte mit Blick auf die nächsten Prüfungen gegen die Niederlande in Hamburg (6. September) und drei Tage später in Nordirland fest: "Wir wollen unsere Aufgaben weiter erfüllen und nicht nach links und rechts schauen."

Bayern-Star Neuer: DFB-Team spielt sich in "einen Rausch"

Davon sind die Spieler weit entfernt. "Wir sind gut beraten, nicht abzuheben", sagte Leon Goretzka angesichts der fehlenden Qualität der letzten beiden Gegner. Doch wie die DFB-Auswahl die Pflichtaufgaben löste, war beeindruckend. Die spielerische Raffinesse verzückte die Fans in Mainz.

Die Treffer von Marco Reus (10./37.), Serge Gnabry (17./62.), Leon Goretzka (20.), Ilkay Gündogan (26., Foulelfmeter), Timo Werner (79.) und Leroy Sané (88.) waren Ausdruck einer bemerkenswerten Spielfreude. Sorg war daher "ein wenig stolz auf die Mannschaft, die nach einer kräftezehrenden Saison konzentriert und konsequent gearbeitet" habe.

Dementsprechend zufrieden verabschiedeten sich Manuel Neuer und Co. am Mittwoch in den verdienten Urlaub. Man habe sich in "einen Rausch gespielt", stellte Neuer nach dem höchsten Sieg seit November 2016 und dem 14. Quali-Erfolg in Serie fest. Julian Draxler sprach von einem "frischen Wind" in der Mannschaft, während Joshua Kimmich die "Leidenschaft" lobte: "Jeder ist gierig, jeder ist hungrig."

Gündogan brilliert als Taktgeber im Mittelfeld

Sechs Spiele ist die Mannschaft nach dem Umbruch nun ungeschlagen. "Wir wollen wieder nach ganz oben, aber das wird noch ein bisschen dauern. Doch mit dieser Gier und Leidenschaft kann es klappen", sagte Reus, der mit Sane und Gnabry erneut mächtig wirbelte.

Stark präsentierte sich auch Gündogan, der im Zuge der Erdogan-Affäre vor einem Jahr von den eigenen Fans noch ausgepfiffen wurde. In Mainz applaudierten die Anhänger bei seiner Auswechslung begeistert.

Gündogan war über den Stimmungswandel ebenso erleichtert wie Sorg über seine erfolgreiche Arbeit als Zehn-Tage-Bundestrainer. "Es war schon ein gewisser Druck da", sagte der 53-Jährige. Sechs Punkte und 10:0 Tore - die Bilanz könnte nicht besser sein. Sorg blieb aber zurückhaltend: "Ich gehe nicht in die Geschichte ein. Ich bin kein Bundestrainer."

Gündogan attestierte Sorg aber, "einen sehr, sehr guten Job gemacht" zu haben. Sané, der sich zu seiner Zukunft erneut nicht äußerte, hatte "sehr viel Spaß." Schon jetzt wächst bei allen die EM-Vorfreude.

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