23.06.2019 12:47 Uhr

Selecao-"Zwiebelchen" sorgt für Furore

Everton feiert seinen Treffer gegen Peru
Everton feiert seinen Treffer gegen Peru

Der Gastgeber der Südamerika-Meisterschaft stürmt ins Viertelfinale. Und der beste Akteur der Selecao spielt ... in Brasilien.

Anfangs die Brechstange, dann Dusel, spätestens mit dem Tor von Everton wurde es aber "futebol arte", Brasiliens längst nicht mehr alltägliche Fußballkunst: Die Selecao löste beim 5:0 (3:0) gegen Peru und dem Viertelfinal-Einzug bei der heimischen Copa America die Handbremse, feierte nach Pfiffen in den beiden ersten Spielen Versöhnung mit den Fans. Dank "Zwiebelchen".

Dank wem? Dank Everton Souza Soares, 23, einziger Stürmer im Kader von Nationaltrainer Tite, der (noch) nicht im Scheinwerferlicht eines europäischen Spitzenklubs steht, sondern daheim bei Gremio Porto Alegre für Furore sorgt. Und dort wegen seiner Ähnlichkeit mit einer beliebten Kinder-Comic-Figur den Spitznamen Cebolinha (Zwiebelchen) verpasst bekam.

Ein Publikumsliebling ist geboren

Beim 3:0 zum Auftakt der Südamerika-Meisterschaft gegen Bolivien durchbrach er die Stille des Morumbi-Stadions mit einem Traumtor, beim 0:0 gegen Venezuela skandierten die Zuschauer Cebolinha förmlich auf den Platz. Gegen Peru durfte er im neunten Länderspiel erstmals von Beginn an ran. Ein Publikumsliebling ist geboren.

Jetzt geht es am Donnerstag im Viertelfinale in seine "zweite Heimat" Porto Alegre, gegen den Drittplatzierten der Gruppe B oder C, vielleicht gar gegen Argentinien. "Ich kenne jeden einzelnen Quadratmeter dieses Stadions", sagte Everton vor der Partie in der Arena do Gremio.

Lange ist es her, dass ein Edson Arantes do Nascimento immer nur Pelé war, Arthur Antunes Coimbra alle als Zico kannten. Ronaldo Nazario nannten sie Fenomeno, Romario liebevoll "o Baixinho", den Kleinen. Aber die heutige Selecao trägt nur Vor-, manchmal auch Nachname.

Mit Beinamen verulkt und damit erst recht wertgeschätzt wird indessen Everton, Zwiebelchen, der vielsagend in Maracanau, einem Schlaf-Vorort der Nordost-Metropole Fortaleza, geborene Publikumsliebling. Da er noch (!) typisch brasilianisch spielt, frech, taktisch nicht eingenordet, ganz nach dem Geschmack der heimischen Fans, Revers der strategischen Ordnung in Europa.

Die war jedoch nüchtern im Torreigen der Brasilianer präsent. Zunächst mit Casemiro (12.), der nach einem Eckball mit aller Gewalt den Ball über die Torlinie bugsierte. Dann beim Treffer des früheren Bundesliga-Profis Roberto Firmino (19.), der clever die Schusseligkeit von Perus Torhüter Pedro Gallese bei einem verunglückten Abschlag ausnutzte.

Verliert Brasilien den nächsten Star an Europa?

Ehe Everton (32.) a la Arjen Robben, jedoch von Linksaußen, Richtung Strafraummitte kreuzte und kunstvoll traf. Von da an spielte die Selecao brasilianisch, erhöhte nach doppeltem Doppelpass durch Dani Alves (53.), kopierte Willian (90.) bei seinem Meisterschuss Everton, ließ Peru sich im Kreis drehen.

Vor allem Everton wirbelte. Für das Zwiebelchen hat Gremio eine Ablöse in Höhe von 80 Millionen Euro festgeschrieben, immerhin mindestens satte 35 Millionen erwartet der Klub. Wenn er neben den heimischen Fans im Copa-Viertelfinale auch einen europäischen Klub überzeugt, tritt er vielleicht am Donnerstag ein letztes Mal in der Arena auf, in der er groß wurde.

Dann verliert Brasilien wieder einen Star, wieder ein Stück Identität an Europa. Gut für die Kasse der Klubs, schlecht für die Masse der Fans daheim.

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten