04.07.2019 08:16 Uhr

Junioren-Übermacht BVB: Nicht alles Gold, was glänzt

Paul Besong hat dem BVB den Rücken gekehrt
Paul Besong hat dem BVB den Rücken gekehrt

Im Werben um vermeintlich hochveranlagte Top-Talente fackelt Deutschlands Fußball-Größe Borussia Dortmund nicht lange. Angesichts inflationärer 50-Millionen-Deals und eines ständig wackelnden Transferrekordes gilt die frühzeitige Verpflichtung möglicher Superstars als probates Mittel, um der Konkurrenz im Wettrüsten die Stirn zu bieten. Es gibt beim BVB jedoch nicht nur Gewinner.

Als der BVB im März 2019 mit Tobias Raschl und Luca Unbehaun ein Duo aus dem eigenen Nachwuchs mit Profiverträgen (bis 2022) versah, lobte BVB-Nachwuchskoordinator Lars Ricken ausdrücklich "die hohe Durchlässigkeit beim BVB" und ergänzte: "Die Entwicklung dieser beiden Spieler zeigt abermals, dass wir unsere Fühler in Dortmund nicht nur international ausstrecken, sondern großes Interesse daran haben, unsere eigenen Spieler in den Profibereich zu führen."

Die Worte der BVB-Legende standen zuletzt allerdings auf tönernen Füßen: Verletzungssorgen spülten Keeper Unbehaun immerhin im DFB-Pokal einmal auf die Bank, Raschl wartet weiterhin auf sein Debüt im Spieltagskader der Borussen.

Auf der anderen Seite zauberte der BVB im Verlauf der Vorbereitung mit dem Dänen Magnus Kaastrup (19), dem Spanier Relu (21), dem Schweizer Bradley Fink (16), US-Boy Giovanni Reyna (16) sowie Barca-Talent Mateu Morey (19) fünf weitere internationale Talente aus dem Hut. Ablösen wurden nicht oder nur Ausbildungsentschädigungen im überschaubaren Rahmen fällig.

A-Junioren des BVB suchen das Weite

Im Interview mit sport.de kritisierte auch Niklas Kuhr, Betreiber des renommierten Twitter-Kanals @BVBJugend, dass es bei eben jener Durchlässigkeit "noch deutliches Verbesserungspotenzial" gebe.


Mehr dazu: BVB-Jugendexperte sieht "deutliches Verbesserungspotenzial"


Nicht selten profitieren die Schwarzgelben im Poker um die Youngsters vom Ruf, jungen Spielern eine sehr gute Bühne zu bieten. Ein Umstand, der nicht zuletzt durch den märchenhaften Aufstieg von Jadon Sancho befeuert wurde.

Der lokale Nachwuchs sucht sein Heil hingegen vermehrt in der Flucht. Fünf Spieler des Dortmunder A-Jugend-Meisterteams 2019 haben sich bereits verabschiedet.

Yassin Ibrahim (Würzburger Kickers) wechselte in die 3. Liga, Enrique Pena Zauner (SV Sandhausen), Robin Kehr (SpVgg Greuther Fürth), Tobias Mißner (Wehen Wiesbaden) und Paul Philipp Besong (1. FC Nürnberg) schlossen sich Zweitligisten an. Wohlgemerkt: Kein Talent wechselte auf Leihbasis, alle verließen den BVB ablösefrei.

Sturmtalent fehlt die sportliche Wertschätzung beim BVB

Auffällig ist vor allem der Abschied von Besong. Der BVB wollte verlängern und wähnte sich in "herausragenden" Gesprächen mit dem 18-jährigen Torjäger, der eine Offerte dann jedoch aufgrund mangelnder sportlicher Wertschätzung ausschlug. Selbige fand der Deutsch-Kameruner beim 1. FC Nürnberg.

Die Franken versprachen Besong zwar ausdrücklich keinen festen Platz im Profikader, allein die Aussicht sich im Trainingslager der ersten Mannschaft empfehlen zu können, genügte allerdings.

Gründe für eine Entscheidung des Eigengewächses gegen den BVB lassen sich derweil nicht von der Hand weisen. Derzeit umfasst der Kader der Borussen satte 36 Profis, die im Schnitt gerade mal 25 Lenze zählen. Zudem ist im Titelkampf jeder Sieg wichtig, vermeintlich leichte Gegner hat die Bundesliga obendrein kaum in petto. Zeit, Talente langsam heranzuführen, ist daher Mangelware.

Sechs BVB-Titel, wenig Ertrag

Ausnahmetalente wie Christian Pulisic (B-Jugend-Meister von 2015) und Jacob Bruun Larsen (B-Jugend-Champion von 2015 und A-Jugend-Meister von 2016), die der BVB früh aus dem Ausland abwarb, haben ihren Weg dennoch gemacht. Sucht man Akteure, die alle Jugend-Teams des BVB durchlaufen haben, wird die Luft sehr dünn.

"Der letzte Spieler auf den das wirklich zutrifft, war Mario Götze. Aber der war so talentiert, dass er wohl auch bei einem Bezirksligisten hätte ausgebildet werden können und trotzdem zum Weltklasse-Spieler gereift wäre. Da hatte die Ausbildung des BVB keinen großen Anteil", kommentiert Kuhr diesen Umstand vielsagend.

2018/19 standen mit Unbehaun und dem inzwischen zu Arminia Bielefeld gewechselten Amos Pieper lediglich zwei Junioren überhaupt einmal im Kader. Dzenis Burnic, mit vier Juniorentiteln der erfolgreichste Titelhamster auf dieser Ebene, flüchtete im Januar zu Dynamo Dresden, wo er 2019/20 weiterhin auf Leihbasis spielen wird.

Eine überschaubare Ausbeute für einen Klub, der seit 2014 immer eine Meisterschaft im Nachwuchs feiern konnte: 2014, 2015 und 2018 triumphierte die B-Jugend, 2016, 2017 und 2019 die A-Junioren der Westfalen.

Zum Vergleich: Bei dem für seine seit Jahren stagnierenden Jugend-Arbeit häufig kritisierten FC Bayern fanden sich 2018/19 neun Kicker aus dem eigenen Nachwuchs insgesamt 41 Mal auf dem Spielbogen wieder. Wobei aufaddiert auch nicht mehr als 69 Minuten Einsatzzeit zu Buche stehen.

Marc Affeldt

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