06.08.2019 14:21 Uhr

WM-Affäre: Niersbach und Co. drohen harte Strafen

Anklage gegen Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger
Anklage gegen Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger

Für die Macher des WM-Sommermärchens im Jahr 2006 wird es endgültig eng. Am Dienstag teilte die Schweizer Bundesanwaltschaft mit, dass Anklage erhoben wurde. Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Co. drohen nun harte Strafen.

Der Schweizer Schlussspurt bringt die Sommermärchen-Macher doch noch in Bedrängnis: Nach jahrelangen Ermittlungen müssen sich die Organisatoren der Fußball-WM 2006 vor der Justiz verantworten und ihre Hoffnungen auf Verjährung wohl begraben. Am Dienstag hat die Bundesanwaltschaft (BA) offiziell Anklage gegen die frühere Spitzenriege des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) erhoben, damit beginnt ein Prozess im Schnelldurchgang.

Spätestens im April 2020 soll nämlich ein erstes Urteil fallen, den Beschuldigten drohen dabei Geldstrafen und bis zu fünf Jahre Haft. Sie selbst fanden drastische Worte, das Vorgehen sei "unsäglich" (Wolfgang Niersbach) und "bösartig" (Theo Zwanziger).

Verfahren gegen Beckenbauer wird separat geführt

Die ehemaligen DFB-Präsidenten Niersbach und Zwanziger, der einstige DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt sowie der frühere FIFA-Generalsekretär Urs Linsi haben nach Auffassung der BA "arglistig über den eigentlichen Zweck einer Zahlung in der Höhe von 6,7 Millionen Euro getäuscht." Sie machten sich demnach des "Betrugs der Mittäterschaft" (Zwanziger, Schmidt, Linsi) bzw. der "Beihilfe zum Betrug" (Niersbach) schuldig. Die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geldwäscherei wurden hingegen eingestellt.

Gleichzeitig teilte die Behörde mit, dass das Verfahren gegen den früheren OK-Boss Franz Beckenbauer schon abgetrennt wurde und nun separat weitergeführt werde. Grund ist der gesundheitliche Zustand Beckenbauers, der laut BA "eine Teilnahme oder Einvernahme an der Hauptverhandlung vor dem Bundesstrafgericht nicht zulässt." Das muss sich nämlich im Eiltempo einen Überblick verschaffen und binnen acht Monaten zu einer erstinstanzlichen Entscheidung kommen, da sonst das Verfahren wegen Verjährung eingestellt wird.

Niersbach und Zwanziger außer sich

Niersbach reagierte angesichts der Umstände ungehalten. "Es ist bezeichnend für dieses unsägliche Verfahren, dass man als Betroffener nach über drei Jahren über die Medien erfahren muss, dass Anklage erhoben wird", sagte der 68-Jährige: "Materiell wird sich herausstellen, dass die erhobenen Vorwürfe völlig haltlos sind."

Ähnlich schätzte auch Zwanziger die Situation ein, seine Wortwahl war allerdings noch drastischer. "Die ganze Schweizer Kampagne ist desolat, bösartig und wird völlig scheitern, weil ich mir überhaupt nichts vorzuwerfen habe", sagte der 74-Jährige: "Diese unfähigen Ermittler rasen mit dem Kopf gegen eine Wand - und zum Schluss gewinnt immer die Wand. Das Ganze ist inzwischen längst ein Justizskandal und kein wirklich vorwerfbares Verhalten gegenüber den Beschuldigten."

Deshalb wird der ehemalige DFB-Boss nach "SID"-Informationen zum Gegenschlag ausholen und auf einer Pressekonferenz am kommenden Dienstag mitteilen, dass er juristisch gegen die Schweizer Ermittler vorgehen will. Ob Schmidt ("Ich bin überrascht, was da alles in der Schweiz abläuft"), den die unschönen Neuigkeiten im Urlaub erreichten, ein ähnliches Vorgehen prüft, ließ er offen.

Macht der DFB Ansprüche geltend?

Der DFB gab derweil bekannt, als Privatkläger aufzutreten, "um etwaige Ansprüche geltend zu machen und so seiner gesetzlichen Vermögensbetreuungspflicht zu genügen. Sollte der DFB durch ein schuldhaftes Verhalten der Beschuldigten Vermögensschäden erlitten haben, so ist er rechtlich verpflichtet, mögliche Ersatzansprüche zu prüfen und durchzusetzen", hieß es auf der Internetseite des DFB.

Die BA hatte das Verfahren gegen die Beschuldigten am 6. November 2015 eröffnet. Konkret geht es um die 6,7 Millionen Euro, die 2005 vom deutschen WM-Organisationskomitee über den Weltverband FIFA mutmaßlich an den früheren adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen worden sind. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Beckenbauer, der zentralen Figur im ganzen Skandal, und Louis-Dreyfus an den früheren FIFA-Skandalfunktionär Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen.

Für die Überweisung an die FIFA täuschten die WM-Macher 2005 vorsätzlich einen Anlass (WM-Kulturprogramm) vor. Weil sich die Zahlung durch die Verschleierung für den DFB allerdings später auch steuermindernd auswirkte, ermittelt auch die deutsche Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.

Mitte Oktober des vergangenen Jahres hatte das Landgericht Frankfurt/Main beschlossen, auf die Eröffnung eines Hauptverfahrens zu verzichten. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) steht noch aus.

 

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