26.01.2021 17:07 Uhr

Kovac vom Fremdkörper zum Hoffnungsträger

Für Niko Kovac läuft es in Monaco rund
Für Niko Kovac läuft es in Monaco rund

Knapp eineinhalb Jahre nach der Entlassung beim FC Bayern ist Niko Kovac im Süden Frankreichs auf der Sonnenseite des Trainerlebens angekommen. Der im November 2019 vom deutschen Rekordmeister geschasste Kroate hat aus seinen Fehlern in München gelernt und die AS Monaco zu einem Spitzenteam geformt. Tatkräftige Hilfe leistet ihm dabei der Ex-Leverkusener Kevin Volland.

Am Wochenende bewies Niko Kovac das, was ihm beim FC Bayern meist abgesprochen wurde, für einen Trainer aber schlicht unerlässlich ist: ein goldenes Händchen. Im Topspiel der Ligue 1 gegen Olympique Marseille wechselte der Kroate den Sieg seiner AS Monaco ein. Ein Joker bereitete zwei Tore vor, ein weiterer traf kurz vor Schluss zum 3:1-Endstand. Ein guter Tag für die Mannschaft, ein noch besserer für Kovac.

Für das Team aus dem Fürstentum war es der vierte Sieg in Folge, der fünfte aus den letzten sechs Spielen. Vom achten Tabellenplatz ging es in den letzten Wochen hoch bis auf Rang vier, das "Ziel Europa" ist wieder ein realistisches.

Der Aufschwung ist eng mit Niko Kovac verbunden. Jenem Trainer, der für den FC Bayern Ende 2019 nicht mehr gut genug war.

Beim FC Bayern "ein Fremdkörper"

Der "falsche Trainer zur falschen Zeit" sei der Kroate in München gewesen, urteilte die "ZEIT" damals über den Rauswurf. Die "SZ" sah in Kovac gar "einen Fremdkörper im politischen Kern des Vereins", der, so der "kicker", "nie ein starker Trainer" war und "nie die komplette Anerkennung" fand. Ein brutale mediale Abrechnung, die im Ton zweifelhaft war, inhaltlich zu großen Teilen jedoch der Realität entsprach.

Kovac wurde an der Säbener Straße so manches angekreidet: das fehlende spielerische Konzept, personelle Entscheidungen, teils rücksichtslose Kritik an der eigenen Mannschaft und nicht zuletzt die fehlenden Ergebnisse. Zudem war der Kroate einfach kein guter Moderator, keiner, der den Rekordmeister zur vollsten Zufriedenheit der Vereinsoberen repräsentierte. Für den FC Bayern war die Trennung seinerzeit daher die einzige und beste Lösung.

Aber auch für Kovac hatten die 16 Monate in München rückblickend etwas Gutes. "Ich kann nach dieser Zeit sagen, ich bin ein besserer Trainer geworden. Die Zeit in München war sehr lehrreich und sehr erfolgreich", sagte der Kroate einmal im "Bild"-Interview: "Die Erfahrungen die ich sammeln durfte, werde ich nutzen können." Als Hauptverantwortlicher der AS Monaco macht er gerade genau das.

Kovac stellt um, Volland trifft

Kovac hat seine Arbeitsweise offenkundig angepasst, ist nach außen nicht mehr der sture und streitsüchtige Trainer, der Spieler um jeden Preis in sein System pressen will und sie dafür auch mal positionsfremd aufstellt. Im Fürstentum setzt er seine Profis ihren Stärken entsprechend ein.

Davon profitiert unter anderem der Ex-Leverkusener Kevin Volland, der bis zum 8. Spieltag als Flügelstürmer oder zentrale Spitze im 4-3-3 oft verloren wirkte und in 373 Einsatzminuten nicht ein Tore erzielte. Kovac erkannte das Problem und reagierte. Der Trainer stellte in der Folge auf ein 4-4-2 um, machte Volland so zu einem der besten Torjäger der Liga. Seit der Umstellung traf der ehemalige Nationalspieler in 13 Spielen zehn Mal, bereitete zudem sechs weitere Tore vor. Gemeinsam mit Sturmpartner Wissam Ben Yedder bildet der Deutsche mittlerweile eines der treffsichersten Duos der Ligue 1.

In Monaco versteht es Kovac - anders als in München - aber nicht nur, die bestehenden Qualitäten der Spieler zum Vorschein zu bringen. Der 49-Jährige hat es auch geschafft, seine Spieler besser zu machen. Nutznießer sind vor allem die jungen Spieler wie Aurélien Tchouaméni (20), Youssouf Fofana (22), Sofiane Diop (20) oder auch Benoit Badiashile (19), die sich allesamt in der ersten Elf festgespielt und ihren Wert entsprechend gesteigert haben. Ein Erfolg für Kovac, ein Erfolg für den Verein.

Probleme moderiert Kovac in Monaco deutlich gelassener als damals in München. Weil es das Umfeld ermöglicht, und weil Monaco eben nicht München ist. Der Tapetenwechsel hat dem Trainer augenscheinlich gut getan, die "Nummer kleiner" war zweifellos die richtige Entscheidung.

Völlig frei von Kritik ist der ehemalige Bayern-Trainer aber auch im Süden Frankreichs nicht. Nach einer Serie von drei Niederlagen in Folge Anfang Dezember wurde Kovac gefragt, ob er seine Taktik vielleicht doch wieder ändern müsse. Seine Antwort: "Das ist nicht zwingend notwendig. Das Problem ist aus meiner Sicht, dass sich die kleinen Details zurzeit in die falsche Richtung drehen." Mittlerweile drehen sich jene Details wieder in die richtige Richtung. Kovacs Mannschaft spielt attraktiven und erfolgreichen Fußball, die Kritik an seiner Spielweise ist verstummt. Ein Luxus, den der 49-Jährige in München nie hatte.

Christian Schenzel

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