27.02.2021 12:38 Uhr

Maradonas Erbe: Heiligenverehrung und Schlammschlacht

Der Künstler Alfredo Segatori steht vor seinem Wandgemälde im Viertel La Boca zu Ehren des
Der Künstler Alfredo Segatori steht vor seinem Wandgemälde im Viertel La Boca zu Ehren des "Goldjungen" Maradona

Diego Maradona ist tot, doch in Buenos Aires ist der Ausnahmefußballer präsenter denn je. Überall in der argentinischen Hauptstadt prangen Wandgemälde mit dem Konterfei von Maradona. Und täglich werden es mehr.

"Er war der Größte", sagt der Graffiti-Künstler Alfredo Segatori. Im Hafenviertel La Boca hat er ein riesiges Wandgemälde in Gedenken an den "Goldjungen" angefertigt. Mit einem milden Lächeln blickt der "Heilige Diego aus dem Viertel La Boca" auf seine Anhänger hinab. "Das ist mein bescheidener Beitrag zu der Ehrerbietung, die ihm auf der ganzen Welt entgegen gebracht wird", sagt Segatori.

Maradona war am 25. November 2020 im Alter von nur 60 Jahren in einer privaten Wohnanlage nördlich von Buenos Aires an einem Herzinfarkt gestorben. Das ganze Land trauerte um den Nationalhelden. Sein Leichnam wurde im Regierungspalast Casa Rosada aufgebahrt, Tausende Menschen zogen mitten in der Corona-Pandemie an seinem Sarg vorbei. Am Ende der Totenwache kam es sogar zu Krawallen, weil einige Fans befürchteten, sich nicht mehr persönlich von ihrem Idol verabschieden zu können.

"Für mich ist Maradona ein Gott. Ich würde mein Leben für ihn geben", sagt ein Fan vor einem anderen Wandgemälde mit Maradonas Konterfei in La Boca. "In 100, in 1000 Jahren werden sich die Menschen noch an ihn erinnern." Ein anderer sagt: "Für mich ist Maradona der Größte, den dieses Land je hervorgebracht hat. Er repräsentiert Argentinien in der Welt."

Mosaike zu Ehren Maradonas in Buenos Aires

Maradona gilt als einer der besten Fußballer der Geschichte. Er wuchs am Rande von Buenos Aires in ärmlichen Verhältnissen auf und wurde schon in jungen Jahren vom Erstligisten Argentinos Juniors entdeckt. Bereits mit 15 Jahren gab er sein Debüt in der Ersten Liga, mit 16 Jahren spielte er erstmals für die argentinische Nationalmannschaft, die er 1986 in Mexiko mit dem 3:2 im Finale gegen Deutschland zum zweiten WM-Titel führte.

Das Endspiel 1990 in Italien ging gegen die DFB-Auswahl 0:1 verloren. Seine größten Erfolge im Clubfußball feierte er mit dem SSC Neapel, wo er bis heute wie ein Halbgott verehrt wird. Abseits des Spielfeldes geriet Maradona immer wieder wegen seines Drogenkonsums und seiner Liebschaften in die Schlagzeilen.

Die Künstlergruppe Mosaico Nacional hat sich zum Ziel gesetzt, ganz Buenos Aires mit dem Antlitz von Maradona zu überziehen. "Am 25. jedes Monats werden wir in verschieden Vierteln ein Mosaik zu Ehren von Diego Maradona enthüllen", kündigte Gonzalo López Lluch vom Comando Maradona der Künstlervereinigung kürzlich im Radio an. Später wollen sie ihr Projekt auf andere argentinische Städte und sogar ins Ausland ausdehnen.

Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung

"Maradona repräsentiert die einfachen Leute. Er hat dem argentinischen Volk so viel Freude geschenkt, darunter die größte Freude: den Weltmeistertitel", sagte López. "Aber Maradona hat auch nie seine Wurzeln vergessen, hat sich für soziale Rechte eingesetzt und ist für die Schwächsten eingetreten."

Während sich seine Fans rund 100 Tage nach seinem Tod voller Verehrung an Maradona erinnern, kommen immer mehr Details über die letzten Tage der Fußballikone ans Licht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen mindestens sieben Mitglieder der medizinischen Teams wegen fahrlässiger Tötung. Unter den Verdächtigen sind Maradonas Leibarzt Leopoldo Luque, seine Psychiaterin Agustina Cosachov und mehrere Pflegekräfte.

Offenbar lehnte Maradona die ständige Betreuung durch Pflegekräfte nach seiner Gehirnoperation ab. Allerdings kam es während der Reha-Phase auch immer wieder zu Komplikationen, wie aus in örtlichen Medien veröffentlichten Chatprotokollen der Pfleger hervorgeht. Einmal übergab sich Maradona nach einem schweren Abendessen, einmal stürzte er in seinem Zimmer. Die Ermittler prüfen nun, ob die Pflege Maradonas zu Hause überhaupt angemessen war und ob es medizinische Fehlentscheidungen gab.

Hinzu kommt ein Streit zwischen der weit verzweigten Familie von Maradona, Anwälten und Mitarbeitern des früheren Fußballstars. Fast jeden Tag kommen neue Details ans Licht, Maradonas Tochter Dalma liefert sich in den sozialen Netzwerken eine Privatfehde mit Anwalt Matías Morla, in Interviews und bei Fernsehauftritten wird viel schmutzige Wäsche gewaschen.

Letztlich dürfte es auch um viel Geld gehen. Bislang ist unklar, wie groß das Vermögen von Maradona genau ist. Allerdings verfügte der "Goldjunge" zum Zeitpunkt seines Todes über Bankkonten, Firmen, Beteiligungen und Immobilien auf der ganzen Welt, darunter in Argentinien, den USA, der Schweiz, Dubai und China. Ein Testament hat Maradona dem Vernehmen nach nicht hinterlassen, dafür aber mindestens fünf Kinder von verschiedenen Frauen - es könnten aber auch noch viel mehr sein.

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