20.06.2021 13:27 Uhr

Aus dem ewigen Prinzen wird endlich "King Kai"

Kai Havertz spielte gegen Portugal groß auf
Kai Havertz spielte gegen Portugal groß auf

Kai Havertz zeigt sich gegen Portugal wie verwandelt - und ungeahnte Reife.

Kai Havertz erledigte auch den letzten Auftrag nach seinem besten Länderspiel ohne Probleme. Als er den jugendlichen Fan ausfindig machte, der mit Rufen und einem "King Kai"-Banner um das Trikot seines Helden gebeten hatte, erfüllte er ihm gerne diesen Wunsch.

An diesem denkwürdigen Abend hat Havertz endlich bewiesen, dass er mehr sein kann als der ewige deutsche Fußball-Prinz. Nach seinem qualvoll teilnahmslosen Auftritt beim EM-Fehlstart gegen Weltmeister Frankreich (0:1) hatten nicht wenige Experten gefordert, Joachim Löw möge ihn durch Leroy Sane ersetzen. Doch der Bundestrainer hielt zu ihm - und wurde belohnt.

"Wir haben das Vertrauen zurückgezahlt", sagte Havertz. Einen echten Gegenangriff auf die Kritiker vermied er, doch seine Genugtuung war unüberhörbar. "Du schießt ein Spiel kein Tor und dann bricht gefühlt wieder die Welt zusammen", sagte er über die Attacken nach dem verpatzten Auftakt, "man muss manchmal dem Prozess vertrauen und nicht immer alles über den Haufen werfen." Löw blieb in der Tat seiner Linie treu - doch Havertz veränderte sein Spiel komplett.

Beim 0:1 agierte er noch unglücklich bei der Absicherung - sein einziger Lapsus. Ansonsten: Dynamik, Mut, Läufe in die Tiefe - alles, was Löw von seiner Offensive gefordert hatte, verkörperte Havertz in Perfektion. Er erzwang den Ausgleich und war auch beim 2:1 inmitten des Geschehens. Mit seinem Tor zum 3:1 (51.) löste er acht Tage nach seinem 22. Geburtstag Olaf Thon als jüngsten deutschen EM-Torschützen ab, der in der Vorrunde 1988 gegen Dänemark (2:0) 36 Tage älter war. Und er sperrte Robin Gosens vor dem 4:1 den Weg frei.

Havertz lässt sich nur äußert ungern in die Seele blicken, sein Tor feierte er als kühler Killer mit ausdrucksloser Miene. "Ich freue mich auch über mein Tor, aber ich glaube, die kühle Art ist eher so meine Spielweise. Das ist jetzt nichts Neues bei mir", sagte er.

"Es ist noch nicht vollbracht"

Neu war seine Kampfeslust. Gleich zweimal legte er sich mit Portugals Haudegen Pepe an, Weltstar Cristiano Ronaldo holte er unsanft per Grätsche von den Beinen - Gelb. Dass Portugal den folgenden Freistoß zum 2:4 nutzte, war nicht seine Schuld.

Dieser Sieg, versicherte Chelseas Champions-League-Held, verschaffe ihm "ein tolles Gefühl". Doch auch er weiß: "Es ist noch nicht vollbracht." Ungarn werde der DFB-Elf "alles abverlangen".

Wohl dem, der dann wieder auf "King Kai" zählen kann.

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