04.07.2021 16:35 Uhr

Azzurri-Spektakel bei EM: "Wir sind das Spanien"

Die Italiener haben bei dieser EM bisher überzeugt
Die Italiener haben bei dieser EM bisher überzeugt

Die Fußball-Großmächte Italien und Spanien gehen mit breiter Brust in den Halbfinal-Kracher bei der EM.

Schon bei den erholsamen Stunden am Pool und auf der Massagebank war die Vorfreude bei Italiens Nationalteam auf das EM-Halbfinale am Dienstag gegen Spanien groß. Voller Selbstvertrauen startete die "Squadra Azzurra" den Countdown, sogar die Prüfung gegen den jahrelangen Angstgegner geht der Österreich-Bezwinger mit reichlich Spaß und Zuversicht an.

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"Jetzt wartet Spanien auf uns, eine großartige Mannschaft", sagte Leonardo Bonucci. "Aber wir träumen weiter, mit den Füßen auf dem Boden." Nach den bisher zumeist starken gehen die "Azzurri" als Favorit in das Duell mit den Spaniern, die bei diesem Turnier deutlich mehr Mühe hatten. "Wir sind das Spanien. Italiens Spektakel, im Mittelfeld beginnt die Show", schrieb die "Gazzetta dello Sport" mit Blick auf den bisher über weite Strecken praktizierte Offensivfußball, der jahrelang eher mit Spaniens Tiqui-Taca-Künstlern assoziiert wurde.

"Ich bin sehr stolz, dieses Team trainieren zu dürfen", sagte Coach Roberto Mancini, der die Auswahl nach der verpassten WM 2018 übernahm und wieder zu einem Titelkandidaten formte. Der "Corriere dello Sport" schwärmte am Sonntag: "Mister Italia: Mancini hat dafür gesorgt, dass sich ein ganzes Land in ihn verliebt." Seit 32 Partien ist das Team ungeschlagen und feierte zuletzt 13 Siege in Serie.

Lorenzo Insigne erklärt Italiens Teamspirit

Nach dem Viertelfinal-Sieg über Belgien zeigten die Italiener, was das Team noch ausmacht: Herz und Zusammenhalt. Der schwer verletzte Leonardo Spinazzola, der sich gegen Belgien einen Achillessehnenriss zuzog und mehrere Monate pausieren muss, wurde mit Sprechchören gefeiert und emotional aus dem Teamquartier verabschiedet. "Das unterscheidet uns von den anderen Mannschaften: Wir opfern uns einer für den anderen, so können wir weit kommen", sagte Lorenzo Insigne über den Teamspirit.

Den werden die Italiener auch gegen Spanien brauchen. "Je weiter man kommt, desto schwieriger wird es", mahnte Mancini. Nach wenigen Trainingseinheiten in Florenz fliegt die Mannschaft schon am Montag nach London. "Jetzt müssen wir die Akkus wieder aufladen und 110 Prozent geben", forderte Bonucci.

Bei den vergangenen drei EM-Turnieren trafen die Fußballgroßmächte aufeinander, nur 2016 setzte sich die "Squadra Azzurra" im Achtelfinale durch. 2008 und 2012 waren die Iberer jeweils Endstation, besonders bitter war das 0:4 im EM-Endspiel von 2012.

Das soll in diesem Jahr nicht passieren. Den ersten großen Titel seit dem WM-Triumph 2006 in Deutschland hat Italien inzwischen fest im Blick. "Wir haben noch nichts erreicht und müssen noch mehr leisten", sagte Insigne. Goalie Gianluigi Donnarumma versprach: "Wir haben uns das verdient, jetzt spielen wir das Halbfinale. Wir machen weiter und hoffen, uns den Traum zu erfüllen."

Spanien-Goalie Unai Simón: "Wir müssen jetzt die EM gewinnen"

Doch auch die Spanier rechnen sich Chancen aus. Teamchef Luis Enriques Lächeln ließ große Vorfreude erahnen. "Vorbereitung auf das Beste!", kommentierte der 51-Jährige sein Foto am Sonntag bei Twitter mit Laptop, TV und zuckerfreien Kaugummis mit Ingwergeschmack. Gegner-Studium im EM-Camp, heiße Phase vor dem Halbfinal-Kracher.

"Es wäre lächerlich zu denken, dass wir oder irgendeiner der Halbfinalisten sich jetzt damit zufriedengeben würden, nur so weit zu kommen", betonte Luis Enrique: "Wir alle wollen ins Finale kommen und gewinnen." Frisch und selbstbewusst müsse Spanien in das Halbfinale gehen. "Wir müssen jetzt die EM gewinnen", forderte Viertelfinalheld und Elfmeter-Entschärfer Unai Simón.

Selbstbewusste Töne einer Mannschaft, die noch vor gut zwei Wochen nach zwei wenig überzeugenden Unentschieden schwer in der Kritik gestanden hatte. Der Trainer wurde hinterfragt, Stürmer Álvaro Morata nach dem Auslassen einiger Topchancen nicht nur ausgepfiffen, sondern in sozialen Netzwerken samt Familie sogar bedroht. Sergio Busquets konnte anfangs wegen Corona nicht spielen. Eine hochbrisante Gemengelage, an der man sich aber nicht störte. "Widrigkeiten zu überstehen, macht uns stärker", sagte Mittelfeldspieler Koke.

Die Spanier bauen weiter auf ihren Spielstil

Der ultimative Stärketest steht den Spaniern, die die Qualifikation mit acht Siegen und zwei Remis geschafft hatten und bei der EM nach einem eher durchwachsenen Auftakt mit den beiden Unentschieden gegen Schweden und Polen zumindest beim 5:0 gegen Slowakei und beim 5:3 gegen Vizeweltmeister Kroatien zur gefürchteten roten Furie wurden, nun aber noch bevor.

Überstehen sie auch das Duell mit dem Österreich-Bezwinger, scheint der Titeltriumph fast programmiert: Beim EM-Gewinn 2008 setzten sich die Spanier im Viertelfinale im Elfmeterschießen durch, vier Jahre später fertigten sie die Italiener im Finale mit 4:0 ab.

"Wer auch immer der Gegner ist, wir müssen der Idee unseres Fußballs vertrauen", sagt Mikel Oyarzabal. Italien habe großartige Spieler, Spanien aber auch, betont der Angreifer, der neben Dani Olmo eine Option für die Startformation sein könnte. Denn alles deutet daraufhin, dass Luis Enrique bei seinen kleineren und stets vorgenommenen Veränderungen diesmal notgedrungen auf Pablo Sarabia im Angriff verzichten muss. Der Stürmer von Paris Saint-Germain hat Probleme im Abduktorenbereich.

Ohnehin ist es aber das spanische Kollektiv, das die Ballbesitz-Philosophie von Luis Enrique mit unglaublichen Passquoten umsetzt. 67,2 Prozent Ballbesitz haben die Spanier bisher - der mit Abstand höchste Wert. Italien kommt auf 55,8 Prozent. Die Passgenauigkeit liegt bei 89,4 Prozent (Italien: 88,4).

Da sind Titelträume erlaubt. Das Nationalmannschaftsprojekt sei eigentlich mehr auf die WM ausgerichtet, "aber es ist schon gereift und wir können den Großen in die Augen schauen", sagte Verbandschef Luis Rubiales gegenüber "Cadana Ser". "Wir haben vom ersten Tag an, als wir hier zusammengekommen sind, großes Vertrauen in die Mannschaft und wir haben es auch gezeigt", meinte Oyarzabal im EM-Camp von Las Rozas nahe Madrid.

apa

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