Vor vier Jahren ausgebootet, jetzt angeschlagen: Leroy Sané und die WM - das ist bisher keine Liebe.

Hansi Flick schaute noch mal ganz genau hin. Hält das Knie von Leroy Sané? Auf seinen "Unterschiedsspieler" verzichtet der Bundestrainer nur äußerst ungern, erst recht im WM-"Endspiel" gegen Spanien.

Doch Sanés rechtes Knie ziert seit Tagen ein dickes, beiges Stütz-Tape. Die Weltmeisterschaft und der Bayern-Star - das ist bisher alles andere als eine Liebesbeziehung.

2018 wurde der Offensivspieler vom damaligen Bundestrainer Joachim Löw aussortiert, eine Riesen-Überraschung. Zu lasch habe er trainiert, hieß es damals hinter vorgehaltener Hand - ein Vorwurf, der sich genau so durch Sanés Karriere zieht wie begeisternde Spiele und bezaubernde Tore.

WM-Aus 2018 "ein harter Rückschlag"

Das Aus vor Russland sei "ein harter Rückschlag" gewesen, erzählte Sané später. Das hoch sensible Talent, damals 22 Jahre alt, zog sich zurück, "um mich zu motivieren". In dieser schweren Phase habe er "vieles mitgenommen und gelernt, vor allem mental. Diese Erfahrung war gut, damit ich weiter wachsen konnte."

Und das tat er. Für Flick ist Sané eine "Waffe", ein Spieler, der "mit seinen Qualitäten ein Spiel alleine drehen kann". Dass Sané beim Fehlstart gegen Japan (1:2) kurzfristig hatte passen müssen, nannte Joshua Kimmich "extrem bitter. Mit seinem Speed und seiner Torgefahr tut er jedem Gegner weh und uns gut. Ich hoffe, dass er uns schnell wieder helfen kann."

Flick hatte Sané auf der linken Seite fest als Startspieler eingeplant. Im vergangenen Sommer half er ihm mit Gesprächen aus einem Tief, tauschte sich auch mit Bayern-Coach Julian Nagelsmann über sein Sorgenkind aus.

"Er ist ein Spieler, der durch seine Art immer ein bisschen polarisiert", sagte Nagelsmann. Wenn der Ausnahmetechniker "100 Prozent Bock hat, ist er einer der besten Spieler in Europa". Wenn nicht, schimpft die Fußball-Republik über mangelhafte Körpersprache und vergeudetes Talent.

Fußball-WM für Sané bald schon beendet?

Nagelsmann legt daher bei Sané besonderen Wert auf Dinge, die er "talentfreie Aktionen" nennt. Vor allem: Nach Ballverlusten nach hinten zu sprinten, auszuhelfen. Im Offensivspiel habe Sané ohnehin "alle Fähigkeiten" und könne "jeder Mannschaft der Welt das extra i-Tüpfelchen geben". Auch in den Details, die nur Experten erkennen, sei er "absolut Weltklasse".

Sané, betonte Bayern-Sportchef Hasan Salihamidzic im Oktober, habe "verstanden". Dass er arbeiten müsse, nicht alleine von seinem überragenden Talent leben könne: "Wenn er so mitverteidigt, wenn er seine Stärken vorne so ausspielt, kann er einer der besten Spieler überhaupt werden."

Doch bevor der "wahre" Sané endlich auch die WM zu seiner Bühne machen kann, könnte sie für die DFB-Auswahl vorbei sein. Mit Blick auf Sanés Aus 2018 wäre dies besonders bitter. Viele Fußballer, weiß er, könnten "nur zwei, höchstens drei Weltmeisterschaften spielen". 2026, mit dann 30, müsste er einen neuen, wohl letzten Anlauf nehmen.