11.12.2022 10:22 Uhr

Van Gaal in der Kritik: Niederländische WM-Aufarbeitung läuft

Die Niederlande beginnen nach dem Viertelfinal-Aus mit der WM-Aufarbeitung
Die Niederlande beginnen nach dem Viertelfinal-Aus mit der WM-Aufarbeitung

Falscher Trainer. Gezockt und verloren. Oder: offensiv ohnmächtig. Die Abschiedsrede von Louis van Gaal war kaum verhallt, da prasselte erneut massive Kritik auf den scheidenden Bondscoach ein. Wieder einmal Argentinien und Lionel Messi, wieder ein Elfmeterdrama, wie schon 2014 in Brasilien. Doch der Frust über das verfrühte WM-Aus von Oranje richtete sich in der Heimat vor allem gegen die biedere Spielweise.

Der Verantwortliche? Van Gaal. Mit ihm habe der niederländische Verband "den falschen Star für die WM-Show gewählt", titelte De Telegraaf, die "offensive Ohnmacht" sei "schmerzlich anzusehen" gewesen. Van Gaal habe "gezockt und verloren" (Voetbal International), die Tageszeitung NRC bezeichnete den Spielstil gar als "opportunistischen Kampffußball".

Und das in einem Land, das voller Stolz auf die Tage des "Voetbal totaal" zurückblickt. Das Spiel aber entwickele sich weiter, sagte der 71-Jährige nach dem Viertelfinale, der letzten Partie seiner dritten Amtszeit (3:4 i.E.), als er auch verbal in den Verteidigungsmodus schaltete, "und es ist viel schwieriger als noch vor 20 Jahren, so offensiv zu spielen, wie es Ajax getan hat."

Auf Ronald Koeman, der schon lange als Nachfolger feststeht, wartet ganz offensichtlich mächtig Arbeit. Er hinterlasse aber "eine exzellente Gruppe", sagte van Gaal. Ohne jene Flügelspieler allerdings, die sie in der Elftal eigentlich so gerne sehen.

Wohl auch deshalb hinterfragte NRC, "warum van Gaal immer wieder behauptete, die Niederlande könnten Weltmeister werden". Eigentlich, so hatte es der frühere Bayern-Coach geplant, sollte das Turnier in Katar sein krönender Abschluss werden - doch im gigantischen Lusail-Stadion platzte der Traum auf die bitterste Weise.

"Wir haben das ganze Jahr Elfmeterschießen geübt, und dann vermasselt man es", sagte van Gaal, der seine Spieler sogar angehalten hatte, auch bei ihren Vereinen dies weiter zu trainieren. Das Aus tue besonders weh, "weil ich alles mir Mögliche getan habe, um es zu verhindern".

Wie geht es weiter für van Gaal?

Dennoch hob van Gaal stolz die Moral der Spieler um den Beinahe-Helden Wout Weghorst, den frechen Freistoßtrick beim Tor zum 2:2 oder die Serie von 20 Spielen ohne Niederlage hervor. "Ich hatte eine fantastische, wunderbare Zeit", betonte "König Louis" (Voetbal International), dem der größte Titel jedoch erneut verwehrt blieb.

Im April hatte er seine Prostatakrebs-Erkrankung öffentlich gemacht, für seine Spieler ein weiterer Motivationsschub. "Jeder weiß, dass er etwas Schreckliches hat", sagte Torhüter Andries Noppert: "Dann willst du es gut für ihn beenden. Das macht es extra sauer."

Ob sich van Gaal nun wirklich in die wohlverdiente Rente verabschieden wird? "Wenn ein wirklich interessantes Angebot kommt, könnte ich als Trainer weitermachen", hatte er vor dem Spiel gescherzt. Er sei "71 Jahre jung, sehe noch gut und unfassbar jung aus".

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten