03.03.2025 07:00 Uhr

Rapid in Banja Luka - Auftritt im zerrissenen Land

Dodik als umstrittener Anführer der Republika Srpska
Dodik als umstrittener Anführer der Republika Srpska

Im Rahmen der Conference League steht am Donnerstag in Banja Luka, der Hauptstadt der Republika Srpska, die Begegnung zwischen dem FK Borac Banja Luka und Rapid bevor. Zum Match in der kleineren bosnischen Entität kommt es in einem äußerst empfindlichen Moment in dem Westbalkanstaat, auch die Sicherheit und politische Stabilität betreffend. Bosnien-Herzegowina ist auch 30 Jahre nach dem Dayton-Abkommen, das einen dreijährigen Krieg beendete, ein zerrissenes Land.

Das am 21. November 1995 abgeschlossene Friedensabkommen von Dayton beendet das Blutvergießen mit über 100.000 Toten in der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik. Seither besteht Bosnien-Herzegowina aus zwei Landesteilen: der Bosniakisch-Kroatischen Föderation und der Republika Srpska (Serbische Republik). Zahlreiche Entscheidungen können nur mit Zustimmung der drei Hauptvolksgruppen gefällt werden. Das komplizierte Staatsgebilde lähmt das Land. Zudem machen sich die Spannungen zwischen den drei Volksgruppen, den (muslimischen) Bosniaken, den (katholischen) Kroaten und den (orthodoxen) Serben, auch im politischen Alltag nach wie vor immer wieder bemerkbar.

Hoher Repräsentant kontrolliert formell das politische Geschehen

Aufgrund des Dayton-Vertrags kontrolliert ein Hoher Repräsentant formell das politische Geschehen in Bosnien-Herzegowina. Er darf unter anderem Gesetze erlassen. Sein Mandat verleiht ihm der sogenannte Friedensimplementierungsrat (Peace Implementation Council/PIC). Hoher Repräsentant in Sarajevo ist seit dem 1. August 2021 der deutsche Politiker Christian Schmidt. Zuvor hatten auch zwei österreichische Diplomaten das Amt innegehabt: Wolfgang Petritsch (1999 bis 2002) und Valentin Inzko (2009 bis 2021).

Ein gut funktionierender Staat wurde Bosnien-Herzegowina trotz wiederholter Reformbemühungen der internationalen Staatengemeinschaft bisher nicht. Seit Dezember 2022 hat das Land den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Das trug jedoch auch nicht zu seiner Funktionsfähigkeit bei. Hemmend sind nicht nur die Erinnerungen an schwere Kriegsverbrechen, sondern auch die Rivalitäten unter den führenden Politikern der drei Volksgruppen.

Insbesondere Serbenpolitiker Dodik hintertreibt Gesamtstaat

Insbesondere der Chef der nationalistisch-serbischen SNSD, Milorad Dodik (65), hintertreibt das Konzept des Gesamtstaats und liebäugelt mit Unterstützung Moskaus weiterhin mit einer Abspaltung des bosnischen Landesteils Republika Srpska. In Kreisen politischer Beobachter in Sarajevo wird daher seit Jahren vor einer neuen Kriegsgefahr gewarnt.

Dodik wurde erst am vergangenen Mittwoch vom gesamtstaatlichen Bundesgericht wegen Missachtung von Beschlüssen des Hohen Repräsentanten zu einem Jahr Haft und einem sechsjährigen Ämterverbot verurteilt. Das Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, löste Wellen der Unzufriedenheit in der kleineren bosnischen Entität, aber auch bei den traditionellen Bündnispartnern Dodiks aus.

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić, der eigentlich seit Wochen mit einer heftigen politischen Krise im eigenen Land konfrontiert ist, hatte Dodik noch am selben Abend in Banja Luka aufgesucht, um das Urteil als verfassungs- und gesetzwidrig zu bezeichnen. Dieses wurde auch vom serbisch-orthodoxen Patriarchen Porfirije scharf kritisiert. Der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow meinte wiederum, dass die Entscheidungen Schmidts gar nicht legitim wären. Als der CSU-Politiker 2021 ins Amt bestellt worden war, war er nicht wie seine Amtsvorgänger auch vom UNO-Sicherheitsrat bestätigt worden. Dodik wird seit Jahren als wichtiger Bündnispartner Moskaus auf dem Balkan betrachtet.

Dodik steht für prorussische und nationalistisch-serbische Positionen

Eigentlich hatte der 65-jährige Politologe seine politische Laufbahn nach dem Bosnien-Krieg als sozialdemokratischer Politiker gestartet. 1996 gründete er den Bund der Unabhängigen Sozialdemokraten (SNSD), den er weiterhin leitet. Inzwischen ist die Partei für ihre starken prorussischen und nationalistisch-serbischen Ausrichtungen bekannt. Dodik selbst fiel seit Jahren immer wieder durch seine separatistischen Bemühungen auf. So ist bezeichnend, dass die kleine Entität seit 2016 ihren größten Feiertag am 9. Jänner feiert. Er erinnert an den Tag, als eine Gruppe serbischer Abgeordneter im damaligen bosnischen Parlament 1992 ihre Republika Srpska ausrief. Der Feiertag wurde vom bosnischen Verfassungsgericht an sich für verfassungswidrig erklärt.

Immer wieder Unabhängigkeitsdrohungen

In der Vergangenheit drohte Dodik wiederholt mit einem Unabhängigkeitsreferendum in der Republika Srpska, wozu die Entitäten eigentlich gar nicht berechtigt sind. Bisher wurden die Unabhängigkeitsbemühungen allerdings auch von seinem Belgrader Freund Vučić gebremst.

Das Urteil gegen Dodik betreffend bleibt die Berufung abzuwarten. Immerhin kam das Parlament der kleineren Entität schon am Tag nach der Urteilsverkündung gegen Dodik zusammen, um im Eilverfahren einige Gesetze zu verabschieden, mit denen unter anderem gesichert werden soll, dass die Urteile und Beschlüsse des Gerichtes Bosnien-Herzegowinas und der Staatsanwaltschaft in der Republika Srpska gar nicht umgesetzt werden. Die Entscheidung ist natürlich wiederum verfassungswidrig.

Pikantes Detail: Historisch gesehen erscheint es absurd, dass Dodik die Urteile des Gerichtes Bosnien-Herzegowinas nicht anerkennen will. Wie sich Wolfgang Petritsch gegenüber Medien erinnerte, war das Gericht vor 25 Jahren nämlich ausgerechnet mit Hilfe und Zustimmung Dodiks errichtet worden.

apa

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