19.05.2014 10:43 Uhr

St. Pölten als würdiger Final-Underdog

Die St. Pöltner haben den Salzburgern alles abverlangt, wie hier Dominik Hofbauer Kevin Kampl
Die St. Pöltner haben den Salzburgern alles abverlangt, wie hier Dominik Hofbauer Kevin Kampl

Der SKN St. Pölten hat seine Haut im Cupfinale gegen Salzburg teuer verkauft. Salzburgs Trainer Roger Schmidt ist verwundert, dass in der zweithöchsten Spielklasse "Mannschaften vor St. Pöltnern stehen". Die Niederösterreicher wollen trotz Budgetkürzung den Europacup ernst nehmen, dafür ihr Stadion auf Vordermann bringen und nächste Saison in die Bundesliga aufsteigen

"St. Pölten ist in jedem Fall die beste Mannschaft, die ich hier in der zweiten Liga gesehen habe", hielt Salzburgs Trainer Roger Schmidt an seinem letzten Arbeitstag nach dem 4:2-Sieg im Cupfinale gegen den SKN fest. "Mich wundert, dass Mannschaften vor ihr stehen." Nachsatz: "Wenn die immer so spielen, wie gegen uns."

Der SKN war im Cupfinale im Wörthersee Stadion vor 11.600 Besuchern kein dankbarer Gegner, hat gegen die beste Mannschaft Österreichs alles Verfügbare reingeworfen und hauptsächlich wegen zweier individueller Fehler verloren. Erst missglückte Keeper Patrick Kostner in Bedrängnis ein Ausschuss, den Kevin Kampl kaltschnäuzig zum 2:1 verwertete (41.).  "Das Glück musst du dann erst einmal haben, dass der Ball ausgerechnet zu Kampl kommt", sinnierte Kostner nachher. Dann passierte Tomasz Wisio ein Stellungsfehler gegen Johnathan Soriano und beim zu späten Herbeieilen fälschte der Pole den Schuss des Spaniers auch noch unhaltbar zum 3:1 (63.) ab.

Ansonsten überzeugte St. Pölten mit aggressivem Pressing, einem überragenden "Sechser" Jano und einem für Zweitligaverhältnisse guten Passspiel. "Wir haben gut gespielt und in der Höhe verdient verloren, weil wir uns mindestens zwei Tore selbst geschossen haben. Wir waren aber ein würdiger Finalist und haben als Underdog sicher nicht enttäuscht", resümierte SKN-Trainer Gerald Baumgartner. Dass er nach einer halben Stunde den quirligen Peter Brandl wegen einer Knöchelverletzung vorgeben musste, ließ er nicht als Ausrede gelten. "Er ist unser bester Offensivverteidiger, aber ein Ausfall darf unser Spiel nicht beeinflussen." Für Brandl kam Lukas Kragl, der von den Salzburgern mit einem gellenden Pfeifkonzert empfangen wurde. Offenbar haben ihm viele noch immer nicht sein Horrorfoul an Eddie Gustaffsson im April 2010 verziehen. Kragl gelang wenig.

Kein Liebeswerben der Austria um Baumgartner

Als unterlegener Cupfinalist wird St. Pölten nächste Saison in der 2. Runde der Europa-League-Qualifikation (am 17. Juli) einsteigen, dank Länderkoeffizient ist der SKN sogar gesetzt. Bis dahin gilt es neben dem Stadion (Sanitäterkabinen und Presseplätze entsprechen nicht den UEFA-Richtlinien, Anm.) auch die neue Mannschaft wieder auf Vordermann zu bringen. Letzteres wird aller Voraussicht nach Baumgartner machen, dessen Vertrag noch ein Jahr gilt. Von der auf Trainersuche befindlichen Austria – Baumgartner hat ja eine violette Vergangenheit - gibt es laut SKN per dato keine Anfrage.

Die größte Saisonleistung - nämlich den Einzug in den Europacup - nicht auskosten werden Kostner, Mirnel Sadović, Osman Bozkurt, Cem Tosun und Andreas Dober. Sie werden den SKN fix verlassen. "Um Jano kämpfen wir noch", sagt Baumgartner. Der Spanier (27) überlegt aus privaten Gründen, die Karriere zu beenden.

Kostner kommt an Einser-Goalie Christoph Riegler nicht vorbei. Sadović (der als einziger Spieler nach dem Finale nicht das T-Shirt "Ein Team! Ein Traum! Europa wir kommen!" angezogen hat) und Bozkurt ziehen auf Sicht gegen die Stürmer Gary Noel und Bernhard Fucik den Kürzeren. Dazu steht David Witteveen ante portas und Daniel Fischer kommt aus der Akademie St. Pölten, wie auch Sebastian Starkl, der Bruder von Rapid-Stürmer Dominik. Dober hat laut eigenen Angaben mehrere Angebote von höherklassigen Klub und sondiert selbige. Und Tosun kam unter Baumgartner seit November nicht mehr dran. Im Cupfinale war er auch nicht auf dem Spieler-Blankett, wurde dafür aber auf der Vidiwall in der Startelf (anstelle von Wisio) präsentiert. Sein letztes Highlight für den SKN.

Lernen für den Aufstieg

Nächste Saison wollen die Niederösterreicher in die Bundesliga aufsteigen. Wie das mit einem gekürzten Budget gehen soll, fragt sich nicht nur der verwunderte Baumgartner und hofft unter anderem auf den von der "Aufbruchstimmung" erfassten NÖ Landeshauptmann Erwin Pröll, der sich wie St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler in der Wörthersee Arena mit SKN-Schal präsentierte.

Mitnehmen können die Spieler vom Finale und auch vom Halbfinale gegen Sturm (1:0 n.V.) laut Baumgartner viel: "Vom höheren Tempo, der Intensität und dem trotzdem hervorragenden Passspiel können sie lernen." Ähnliches wird wohl im Europacup gelten.   

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Thomas Schöpf

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