11.07.2014 08:27 Uhr

Dem eigenen Karriereplan weit voraus

Peter Stöger: Österreichs aktuell erfolgreichster Trainer-Export
Peter Stöger: Österreichs aktuell erfolgreichster Trainer-Export

Den Ruf als Sonnenseite Österreichs konnte das Burgenland am Donnerstag nicht bestätigen, aber nicht einmal die wenig freundlich äußeren Bedingungen schmälerten beim Trainingslager des 1. FC Köln in Bad Tatzmannsdorf die Vorfreude auf die bevorstehende Saison in der deutschen Bundesliga. Aufstiegs-Trainer Peter Stöger ist bereits voll mit den Vorbereitungen und Planungen für das Comeback im Oberhaus beschäftigt.

Michael Jeannée wäre stolz gewesen: Eine deutsche Drohne im österreichischen Luftraum! Über dem Rasenteppich des SK Unterschützen kreist eine Videodrohne zur Trainingsaufzeichnung, Erfolgscoach Stöger hält indes trotz des ausbaufähigen Wetters mitgereiste Journalisten und Fotografen bei Laune, im Hintergrund erinnern "Zesamme simmer stark", "Üverall jitt et Fans" und "E jeföhl dat verbingk" die Anhänger an die FC-Stadionhymne der Höhner.

Ein Traditionsverein ist wieder da. Möglich gemacht hat dies ein Wiener, der noch dazu auch abseits des sportlichen Erfolgs wegen seiner ruhigen und bedachten Art gehörig Sympathien sammeln konnte. Im weltfussball-Exklusivgespräch nimmt sich der 48-Jährige Zeit, um über seine nicht alltägliche Karriere, den dahinter steckenden Plan, seine Ex-Vereine Austria und Rapid sowie die österreichische Nationalmannschaft zu sprechen.

Frage: Wenn man Dir zum Aufstieg gratuliert, dann muss man ja fast schon ein schlechtes Gewissen haben, weil so viele Schulterklopfer unterwegs waren. Aber Peter Stöger kommt bei den Menschen auch wegen seiner bodenständigen Art an. Wie ist es zu dieser Besonnenheit gekommen, auch eine Frage des Alters?

Peter Stöger: Alles in meinem Leben hat mich beeinflusst so zu werden, wie ich es jetzt bin. Ich habe den Fußball zwischendurch auch von einer anderen Seite kennengelernt und mir mit meinen Kolumnen und auch im TV Gedanken machen dürfen. Außerdem habe ich eine Freundin, die eine Ausbildung in diesem Bereich hat. Sie war immer sehr kritisch und hat mir damit auch sehr geholfen.

Neben einer starken Frau an Deiner Seite fällt bei Dir auch ein sehr konkreter Karriereplan auf. Wie ist es dazu gekommen?

Als ich als Spieler aufgehört habe, war ich ja fast plötzlich und nahezu ohne Übergang im Trainergeschäft. Aber im Magna-Zeitalter bei der Austria war man schnell mittendrin und auch schnell wieder weg. Dann war ich fast drei Jahre bei der Vienna, aber danach habe ich mir eben auch die Säulen im Journalismus und im Fernsehen aufgebaut. Dazu konnte ich beim GAK eine wichtige Station erleben und den Sprung nach Wiener Neustadt schaffen. Damals war ich am Scheideweg: Ich habe mir deshalb bewusst einen Plan aufgestellt, wie meine Entwicklung als Trainer weitergehen soll. Momentan kann ich da glücklicherweise behaupten, dass ich weit im Vorsprung bin.

Kann man wohl sagen. Über die Regionalliga den Sprung in die Bundesliga geschafft. Dort mit der Austria sensationell Salzburg den Titel abgejagt und nun den 1. FC Köln zurück ins Oberhaus geführt. Der Trainer Peter Stöger macht nun auch in Deutschland Karriere. Ärgert es Dich, dass Du es als Spieler damals nicht versucht hast?

Überhaupt nicht. Es war damals einfach so, dass die Rahmenbedingungen nicht gepasst haben. Ich wusste von Österreichern in der deutschen Bundesliga eine ungefähre finanzielle Größenordnung und das Angebot von Eintracht Frankfurt war eben nicht einmal annähernd in diesem Bereich. Außerdem war ich mit der Austria damals fast ständig Meister und im Europacup gab es damals noch im k.o.-Modus vor der Champions League die Möglichkeit unter die besten acht Vereine vorzustoßen. Das hat sich heute total verschoben.

Aber ich für mich kann sagen, dass ich vollkommen richtig gehandelt habe. Ich konnte jedes Jahr im Europacup dabei sein und bin auf 65 Länderspiele gekommen. Es ist also nicht so, dass ich nur durch Österreich zigeunert bin und sonst nichts erlebt habe.

Dazu hast Du Österreich mit vier Toren in der WM-Qualifikation, darunter einem Doppelpack beim 4:0-Heimsieg gegen Weißrussland zur Weltmeisterschaft 1998 nach Frankreich geschossen. Seither gelang keine einzige sportliche Teilnahme mehr, außer als EM-Gastgeber. Ändert sich das diesmal?

Ich glaube, dass wir es schaffen. Vielleicht hätte ich noch als Trainer von Wiener Neustadt vorsichtiger reagiert und mir diesen Satz verkniffen, aber okay ich lehne mich jetzt eben soweit aus dem Fenster: Dieses Mal packen wir die EM-Qualifikation.

Neben der Rolle als erfolgreicher Nationalspieler hast Du auch etwas in Wien eigentlich Unglaubliches geschafft: Du hast Dich bei Austria UND Rapid durchgesetzt. Warum hat man Dich am Sonntag nicht beim Abschied vom Hanappi-Stadion gesehen?

Es ist gut, dass mir jemand diese Frage stellt. Meine Freundin hat mich angerufen und mir gesagt: Rapid hat alle Spieler der Mannschaft von 1996 zum Abschied eingeladen. Komisch, weißt Du davon etwas?

Da muss ich nachfragen: Der SK Rapid hat einen Spieler, der 1995/96 einen Riesenanteil am Einzug ins Europacup-Finale und am Meistertitel hatte, nicht eingeladen?

Das stimmt. Leider hat mich niemand angerufen, kontaktiert oder eingeladen. Ich wäre nämlich gerne gekommen. Und was mir am Herzen liegt: Dann sollte man zumindest nicht kommunizieren, dass man alle Spieler der damaligen Mannschaft eingeladen hat.

Wenn Du heute Ernst Dokupil triffst, der Dich im November 1997 nach dem Eklat beim Europacup-Aufstieg in München bei Rapid verabschiedet hat, grüßt ihr euch oder gebt ihr euch die Hand und redet miteinander?

Natürlich. Ich bin kein nachtragender Mensch. Heute kann ich mit dem nötigen Abstand sagen, dass auch ich mich nicht zu 100 Prozent korrekt verhalten habe. Er war damals als Trainer die Führungskraft, die solche Entscheidungen treffen musste. Er hat mich damals vom Platz genommen und statt mir Thomas Zingler gebracht, der dann auch noch das Tor gemacht hat. Was mich gestört hat, waren dann die Kommentare nach dem Spiel. Möglicherweise habe ich genug Schwächen. Aber wie gesagt: Ich bin nicht dünnhäutig oder nachtragend.

Schon vor Rapid hast Du ja beim "dream team" des FC Tirol kennengelernt, wie man als Teil der "Wiener Partie" um Trainer Hans Krankl im heiligen Land scheitern kann. Wie war das damals?

Es hat damals in Innsbruck leider zwei Gruppen gegeben. Die "Neuen": Stöger, Cerny, Sané, Schwabl, Mählich, Koch oder Poiger. Und dann die "Alten" mit den eingesessenen Tirolern. Leider hat es nicht zusammengepasst, denn die damalige Mannschaft hätte sicher Meister werden können.

Das hast Du dafür mit der Austria geschafft. Zuerst als Spieler und dann auch noch als Trainer. Wie hast Du seit Deinem Abschied die Entwicklung in Wien-Favoriten mitverfolgt?

Zuerst einmal habe ich mich sehr gefreut, dass die Austria die Qualifikation für die Champions League geschafft hat. Nach der unerwarteten Meisterschaft war dies nicht nur für den Verein sehr wichtig, sondern auch für die Spieler. In Österreich gelingt so etwas ja leider nicht so oft.

Danach ist es aber speziell in der Meisterschaft schlechter gelaufen als erwartet. Zunächst einmal muss man sagen, dass wir im Jahr davor mit Punkterekord Meister geworden sind. Salzburg hat diese Marke trotz einer unglaublichen Saison diesmal nicht erreicht. Und bei der Austria war es schwer ein solches Jahr zu wiederholen, dann ist leider der negative Knick dazugekommen und es hat sich noch in die entgegengesetzte Richtung verstärkt. Das am Ende nicht einmal die Europacup-Teilnahme geschafft wurde, ist einfach nur schade.

Du sprichst nicht gerne über Deinen Karriereplan. Aber bitte verrate uns: Sieht dieser immer nur Stationen als Vereinstrainer vor?

Eines kann ich Dir sagen: Ich bin einer der größten Fans der Nationalmannschaft und habe seit meinem Abschied als Spieler wahrscheinlich jedes einzelne Länderspiel gesehen.

Als Marcel Koller damals Teamchef wurde, habe ich mir übrigens eine österreichische Lösung gewünscht. Natürlich wurde mir es dann falsch ausgelegt: Der Stöger gehört auch zu der Partie, die einen "Haberer" haben will. Überhaupt nicht. Marcel Koller hat schon erfolgreich in der Schweiz und in Deutschland gearbeitet. Damit hat er mehr vorzuweisen, als nahezu alle meine Trainerkollegen in Österreich.

Aber was mich so gestört hat: Der ÖFB rühmt sich immer, dass er die beste Trainerausbildung hat und dort alles so toll ist. Aber dann ist kein österreichischer Trainer gut genug für den wichtigsten Job im eigenen Land? Stimmt da alles zusammen? Und jetzt ist Schluss. Ich habe schon zuviel gesagt, danke für die Fragen und das Interview.

Danke und alles Gute Peter!

Mehr dazu:
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Christian Tragschitz, weltfussball.at aus Bad Tatzmannsdorf

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