ÖFB-Team 2024: Große Siege, bittere Misserfolge

Selten in seiner Geschichte hat Österreichs Nationalteam ein Länderspieljahr mit derart großen Triumphen und bitteren Rückschlägen abgeliefert. 2024 brachte rauschende Siege wie bei der EURO über Polen und die Niederlande, aber auch emotionale Tiefpunkte wie das EM-Achtelfinal-Out gegen die Türkei oder den durch das 1:1 gegen Slowenien verpassten Nations-League-Gruppensieg. Umrahmt wurde das alles von einem ÖFB-internen Wirbel, der auch Spieler und Teamchef erfasste.
Im Streit um die bevorstehende Kündigung von ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold haben Ralf Rangnick und seine Spieler klar Stellung bezogen und sich für einen Verbleib des Niederösterreichers ausgesprochen. Damit ging man auf direkten Konfrontationskurs mit ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer, der am Freitag im Rahmen einer außerordentlichen Präsidiumssitzung sein Personalpaket durchbringen will. Das Verhältnis zwischen dem Verbandschef auf der einen und Rangnick und seinen Spielern auf der anderen Seite dürfte schwer zu kitten sein, wie jüngste Aussagen nahelegen.
Das offen zur Schau gestellte Selbstbewusstsein in dieser Angelegenheit haben sich die handelnden Personen im A-Team auch durch ihre Erfolge in diesem Jahr erarbeitet. Mit acht Siegen in einem Kalenderjahr stellte die Rangnick-Auswahl den Verbandsrekord von 1982 ein. Schon in den Testspielen vor der EM gab es Erfolge über die Slowakei, die Türkei und Serbien sowie ein Unentschieden gegen die Schweiz. Bei der Endrunde in Deutschland entfachte das ÖFB-Team eine Euphorie, wie sie hierzulande wohl seit Jahrzehnten nicht mehr spürbar war, und das nicht ohne Grund.
EM endete mit Selbstfaller anstatt Sensation
In der nominell stärksten EM-Gruppe mit Frankreich, den Niederlanden und Polen holten die Österreicher Rang eins, und der Turnierbaum, auf dem man danach landete, verleitete zum Träumen. Auf die vermeintlich stärksten Teams konnte man erst im Finale treffen, die ganz große Sensation schien zum Greifen nah. Doch es folgte der Selbstfaller - ausgerechnet gegen nicht mit allzu großer Klasse gesegnete Türken, die man wenige Monate zuvor noch mit 6:1 aus dem Happel-Stadion geschossen hatte. Am Ende blieb so wie 2021 das Out im EM-Achtelfinale, nur, dass man damals unter Franco Foda erst nach Verlängerung am späteren Europameister Italien gescheitert war.
Als dann im September mit einem 1:1 in Slowenien und einem 1:2 in Norwegen der Nations-League-Start verpatzt wurde, drohte der Rückfall in altbekanntes Mittelmaß. Die Mannschaft rappelte sich aber wieder auf und fuhr drei überzeugende Siege ein. Im ausverkauften Happel-Stadion war am Sonntag alles angerichtet für den Nations-League-Gruppensieg, doch trotz klarer Überlegenheit reichte es gegen Slowenien nur zu einem 1:1, und die Norweger, die im Oktober noch 5:1 abgefertigt wurden, hatten die Nase vorn.
Weiter geht es im März mit dem Play-off um die Rückkehr in die höchste Nations-League-Spielklasse - auf jeden Fall wieder mit Rangnick auf der Bank, selbst wenn Neuhold den ÖFB tatsächlich verlassen muss. Seine Bindung zu Mannschaft, Betreuerstab und ganz Österreich sei zu eng, um von Bord zu gehen, betonte der Deutsche.
WM-Qualifikation als Nagelprobe für Rangnick
Wie lange Rangnicks Amtszeit wirklich dauert, hängt von einem anderen Faktor ab, nämlich von der möglichen Teilnahme an der WM 2026. Die Qualifikation für die Endrunde in den USA, Kanada und Mexiko wird im kommenden Jahr ausgetragen, und die Chancen für das ÖFB-Team scheinen groß, erstmals seit 1998 wieder auf der ganz großen Bühne dabei zu sein.
Sollte dies aber nicht gelingen, sei er am Tag nach dem Scheitern nicht mehr Teamchef, gab Rangnick vergangene Woche zu Protokoll.
apa