01.01.2018 10:07 Uhr

Damals: Das Genie, das sich selbst zerstörte

George Best im September 1971, von Fans umringt
George Best im September 1971, von Fans umringt

George Best gehört unwidersprochen zu den begnadetsten Spielern, die jemals gegen das runde Leder getreten haben. Vor 44 Jahren, am 01.01.1974, stand der Manchester-United-Star letztmals auf dem Feld. Auch wenn seine vielversprechende Profi-Karriere mit einer Niederlage gegen die Queens Park Rangers endete, waren es doch vor allem die herben Rückschläge abseits des Feldes, die dem Nordiren schon in früh zu schaffen machten und sein Leben entscheidend verkürzten. 

Keine 32 Jahre nach seinem Abschiedsspiel - am 03.12.2005 - gaben mehr als 100.000 Menschen dem einzigartigen George Best in Belfast das letzte Geleit. Eine Woche zuvor war das Idol mehrerer Generationen nicht nur britischer Fußballfans an Multiorganversagen gestorben – mit nur 59 Jahren. Sein Körper hatte den Strapazen jahrzehntelangen Alkoholmissbrauchs nicht mehr standgehalten. Der geniale Dribbler, der es auf dem Platz scheinbar mühelos mit jedem noch so rauhbeinigen Verteidiger aufnahm, scheiterte immer wieder im normalen Leben. Diejenigen, die ihn nie haben spielen sehen, erinnern sich bei George Best vor allem an seinen legendären Ausspruch, der die Unfähigkeit verdeutlicht, in seinem Leben als erster Popstar des Fußballs das richtige Maß zu finden: "Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst".

Dabei gab seine Karriere auch abseits des Boulevard genügend Berichtenswertes her. Der Sohn eines Hafenarbeiters wechselte mit 15 Jahren in die Jugendabteilung von Manchester United. Der Talentscout, der den jungen Best in Belfast entdeckt hatte, bewies prophetische Gaben, als der den Nachwuchsfußballer Uniteds Trainer Matt Busby vorstellte: "Ich habe ein Genie für dich entdeckt". Mit 17 debütierte der Nordire in der ersten Mannschaft von Manchester United und spielte sich schnell mit seinem spektakulären Flankenläufen über den rechten Flügel in die Stammelf. Bereits in der zweiten Saison holte United mit ihm die englische Meisterschaft (1965) und wiederholte diesen Erfolg zwei Jahre später. Den Höhepunkt seiner sportlichen Karriere erreichte Best 1968. Mit den Red Devils holte er den Europapokal der Landesmeister und wurde zu Englands sowie zu Europas "Fußballer des Jahres" gewählt.

Abstieg mit 27 Jahren

Besser sollte es für den damals 22-Jährigen nicht mehr werden. Schon in den frühen aktiven Jahren war der Außenstürmer dem Alkohol verfallen. Matt Busby ließ seinem Star abseits des Platzes alle Freiheiten und der Liebling der Boulevardmedien, die ihn aufgrund seiner Popstar-Qualitäten als "Fünften Beatle" bezeichneten, nutzte diese ausgiebig. In den ersten Jahren seiner Karriere konnte George Best die Folgen seines ausschweifenden Lebenswandels noch durch seinen Trainingsfleiß kompensieren – später gelang ihm das nicht mehr. Immer wieder war der Nordire angetrunken zum Training erschienen, häufig wusste der Verein vor Punktspielen tagelang nicht, wo sich sein Spieler gerade befand. Der Niedergang Uniteds und seines Stars verlief Mitte der 1970er Jahre parallel. 1974, nach zahllosen Eskapaden, trennte sich Manchester United schließlich vom 27-jährigen Best, nachdem das Team zuvor den Abstieg in die zweite Liga nicht hatte verhindern können.

Wie dem Alkohol war Best auch dem Glücksspiel verfallen, kämpfte trotz zahlreicher lukrativer Werbeverträge mit einem Schuldenberg. Zu einem Zeitpunkt, an dem die Karrieren anderer Fußballgrößen erst durchstarten, war die des schlampigen Genies bereits beendet. Bis 1983 tingelte Best durch zweit- und drittklassige Ligen, spielte in Südafrika, den USA, Australien oder Schottland.

Besser als Cruyff?

Dennoch blitzte in seinen besten Momenten weiterhin die alte Virtuosität– ebenso wie seine Unberechenbarkeit – auf, wie eine Anekdote des Journalisten Bill Elliot verdeutlicht. Vor einem Länderspiel Nordirlands gegen die Niederlande im Oktober 1976 stellte dieser dem alternden Zauberfuß die Frage, ob Johan Cruyff, der Star des niederländischen Teams, besser sei. "Du machst Späße, oder?", antwortete Best darauf. "Ich sage dir, was ich heute Abend tun werde: Ich werde Cruyff bei der erstbesten Gelegenheit tunneln". Keine fünf Minuten waren gespielt, als Best den Ball an der Außenlinie bekam. Anstatt sich in Richtung gegnerisches Tor zu bewegen, dribbelte sich Best an drei Niederländern vorbei auf die gegenüberliegende Seite des Spielfeldes, wo sich Cruyff befand, spielte ihm das Leder durch die Beine und reckte triumphierend eine Faust in die Luft.

Diese Momente halten diejenigen, die George Best noch haben spielen sehen, in guter Erinnerung. Weniger allerdings die vielen unrühmlichen Auftritte des alkoholkranken Ex-Stars in späteren Jahren, in denen Best trotz einer Lebertransplantation das selbstzerstörerische Saufen nicht aufgab, sondern vielmehr öffentlich mit seiner Sucht kokettierte. Auf dem Sterbebett appellierte er allerdings an seine Fans, seinen Lebenswandel als warnendes Beispiel zu nehmen. Für die englische Zeitung "News of the World" ließ sich Best auf dem Sterbebett fotografieren – mit der Warnung: "Sterbt nicht wie ich".

Ralf Amshove

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