11.09.2017 13:25 Uhr

Leipzigs Europacup-Comeback

Die Lok-Fans wurden in den letzten Jahren nicht mit Spitzenfußball verwöhnt
Die Lok-Fans wurden in den letzten Jahren nicht mit Spitzenfußball verwöhnt

Ausgerechnet für den verhassten Stadtrivalen RB Leipzig ertönt am Mittwoch die Hymne der Champions League. Das Europacup-Comeback der Messestadt löst bei den Fans von Lok Leipzig zwiespältige Gefühle aus.

Es ist der 26. Oktober 1988, die Luft knistert förmlich vor Anspannung. 80.100 Leipziger Fans drängeln sich ins Zentralstadion. Sie wollen ihre Lok siegen sehen. Sie wollen aber auch Diego Maradona zaubern sehen. Gegen SSC Napoli erkämpft sich der DDR-Verein aus der Messestadt ein 1:1-Remis, "auch wenn die neapolitanische Nationalspielergilde drohend wie der Vesuv wirkte", wie die "Fußball-Woche" in ihrem Spielbericht schrieb.

Was zu diesem Zeitpunkt keiner ahnt: Es war für lange Zeit das letzte Europapokalspiel in Leipzig. Erst 29 Jahre später bringt RB Leipzig mit seiner Premiere in der Champions League am Mittwoch gegen AS Monaco den internationalen Fußball zurück nach Sachsen. Aber freut sich darüber auch Regionalligist Lok Leipzig?

"Unsere Fans sind fußballbegeistert, viele werden sich die Spiele zumindest am Fernseher anschauen", sagte Lok-Präsident Thomas Löwe. Manche werden sich dem aber auch verweigern, die Rivalität zwischen den ungleichen Vereinen ist groß.

"Wir haben es durch RB schwerer"

Das 2009 aus dem Boden gestampfte und mit Millionen hochgezüchtete Projekt RB hat Lok im Eiltempo die Vorherrschaft in der Stadt streitig gemacht. "Wir sind ins zweite Glied gerutscht", sagt Löwe: "Wir haben es durch RB im Kampf um Sponsoren und Aufmerksamkeit schwerer."

Bezeichnend dafür ist, dass Lok vor ein paar Tagen deutschlandweit in die Schlagzeilen geriet, weil der Verein seinen Spielern der E-Jugend das Einlaufen bei einem RB-Heimspiel verbot. Dass der Verein dafür gute Gründe hatte und sich vor der Absage bereits um eine Alternative kümmerte, ging im öffentlichen Aufschrei unter. "Wir wollten mit der Entscheidung keinen Hass schüren, noch nicht einmal eine Diskussion über RB anregen", sagt Löwe.

"Ohne RB wäre das Zentralstadion eine Ruine"

Bei aller Rivalität weiß der Lok-Boss, dass das Engagement von Dietrich Mateschitz auch positive Effekte hat: "Ohne RB wäre das Zentralstadion heute eine Ruine mitten in der Stadt." Bevor RasenBallsport vor acht Jahren das Startrecht des SSV Markranstädt in der Oberliga Nordost übernahm, gab es auch Gespräche mit Lok Leipzig über eine Übernahme. Doch die Ablehnung in der Fangemeinde war genauso eindeutig wie bei Chemie Leipzig.

Stattdessen kämpfte sich der Traditionsverein, der 1993/94 unter dem Namen VfB Leipzig in der Bundesliga spielte, nach der Insolvenz und dem Zwangsabstieg in die elfte Liga ohne Großsponsor wieder nach oben. Vom Profifußball ist Lok aber noch ein Stück entfernt, vom Europacup-Comeback ganz zu schweigen.

Gegenwart überholt Vergangenheit

Ob einige Anhänger ihr damaliges Votum bereuen? Jetzt, da für RB Leipzig das Flutlicht angeht und die Hymne der Champions League ertönt? "Bereuen nicht", sagt Vizepräsident Alexander Voigt, "aber vielleicht kommt bei dem ein oder anderen etwas Wehmut auf."

Vielleicht auch bei Heiko Scholz. Der heutige Lok-Trainer war im Hinspiel gegen Napoli der Sonderbewacher von Weltstar Maradona, und bei der 0:2-Niederlage im Rückspiel unterlief ihm ein Eigentor. "So kommt man auch in die Geschichtsbücher", scherzte Scholz im "ZDF".

Scholz wird am Mittwoch als Zuschauer ins Stadion gehen und wohl live erleben, wie ihm Timo Werner oder ein anderer RB-Spieler als letzten Leipziger Europacup-Torschützen ablöst. Wie die Vergangenheit endgültig von der Gegenwart eingeholt wird.

Mehr dazu:
>> Die Europacup-Einsätze von Lok Leipzig im Überblick

sid/red

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