16.11.2019 08:52 Uhr

"Nicht unzufrieden mit unserer Platzierung"

Sportdirektor Zoran Barišić ist mit der Entwicklung bei Rapid Wien zufrieden
Sportdirektor Zoran Barišić ist mit der Entwicklung bei Rapid Wien zufrieden

Rapid Wiens Sportdirektor Zoran Barišić verrät im weltfussball-Interview, warum er die derzeitige Tabellensituation "sofort unterzeichnet" hätte, wieso bei Aliou Badji Ladehemmung herrscht und wie der Prozess Lückenschließung, "der möglicherweise länger andauern wird", bewerkstelligt werden soll.

Während das österreichische Nationalteam dieser Tage die letzten Schritte in Richtung EM-Qualifikation machen will, kann der SK Rapid während der Länderspielpause praktisch unbeeinträchtigt arbeiten. Von der Kampfmannschaft gingen nur Kelvin Arase (U21) und Dalibor Velimirović (U19) auf Länderspielreise, der Rest des Kaders - bis auf die Verletzten Thorsten Schick, Tamás Szántó und Kōya Kitagawa - steht Trainer Dietmar Kühbauer für die tägliche Arbeit auf dem Platz zur Verfügung.

Spannend wird es bei Österreichs populärstem Verein in zehn Tagen an den Wahlurnen. Am 25. November wird ein neues Präsidium gewählt, eineinhalb Wochen davor wurde der Geschäftsbericht für die Saison 2018/19 präsentiert. Zur Präsidiumswahl wollte sich Sportdirektor Zoran Barišić nicht groß äußern, dafür nahm er sich nach der Pressekonferenz im Allianz-Stadion Zeit, um mit weltfussball über aktuelle sportliche Belange der Grün-Weißen zu plaudern.

weltfussball: Rapid liegt zur letzten Länderspielpause auf Rang vier, der Rückstand auf die Spitzenteams Salzburg und LASK ist beachtlich. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz nach 14 gespielten Runden aus?

Zoran Barišić: Grundsätzlich positiv, vom Auftreten und von der Punkteanzahl alles okay. Hätte mir jemand gesagt, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt so viele Punkte vor dem Siebten sind, hätte ich das sofort unterzeichnet. Neben den Verletzten, die wir immer wieder hatten, sind auch Schiedsrichterentscheidungen dazugekommen, die uns - was das Punktekonto betrifft - gebremst haben. Alles in allem glaube ich, dass wir schon einiges bewegt haben und dass die Mannschaft es geschafft hat, den Großteil unserer Fans wieder ins Boot zu holen. Das ist für mich das Wichtigste.

Dennoch ist Platz vier nicht unbedingt das, wo Rapid dem eigenen Selbstverständnis nach hingehört. Zumal der LASK und der WAC die Doppelbelastung durch die Europa League haben. War es für Sie zu erwarten, dass beide diese so leicht wegstecken können?

Man muss die Kirche im Dorf lassen! Ich bin jetzt nicht so unzufrieden mit unserer momentanen Platzierung. Natürlich wollen wir mehr, aber das geht nur in kleinen Schritten. Was den LASK und den WAC betrifft, war das für mich definitiv zu erwarten. Sie sind in einem Hoch, der WAC hatte keine Qualifikationsspiele, also auch nicht diesen psychischen Druck. Sie können locker drauflos spielen. Und der LASK macht schon seit vier, fünf Jahren tolle Arbeit.

Mit dem WAC ist Rapid auf Tuchfühlung, der LASK allerdings bereits elf Punkte vorne. Wenn man Salzburg außen vor lässt, gibt es bei Rapid einen Zeitplan, bis wann man die Lücke zu den Linzern schließen möchte?

Das ist ein Prozess, der möglicherweise länger andauern wird. Es ist wichtig, dass man Weitsicht hat, was Nachwuchsspieler betrifft und was Transferaktivitäten betrifft, um so dieses Konstrukt aufzubauen, das dem Verein längerfristig dienlich ist.

Bei den Neuzugängen hatte Rapid in den letzten Jahren nicht immer ein glückliches Händchen.

Es gibt immer wieder Transfers, wo es nicht funktioniert. Aber wir wollen das in Zukunft eingrenzen, den betreffenden Spieler noch einmal genau betrachten, um sicherzugehen, dass er auch charakterlich zum Klub und zur Mannschaft passt.

Mateo Barać galt als Transferflop, der es teilweise nicht einmal mehr in den Kader schaffte. In diesem Herbst ist er plötzlich Stammspieler. Wie hat er diesen Turnaround geschafft?

Das ist ein positives Beispiel für all diejenigen, die im Moment nicht an vorderster Front stehen. Wenn sie fleißig sind, gut trainieren, hart arbeiten, klar im Kopf und fair zu den Mitspielern sind und dann die Chance bekommen, können sie diese nutzen und sich durchaus auch einen Stammplatz erarbeiten.

Gegen Altach bekam Aliou Badji erstmals in dieser Meisterschaftssaison keine Einsatzzeit. Warum läuft es bei ihm momentan überhaupt nicht?

Er hadert mit sich selbst und setzt sich selbst sehr unter Druck, weil er unbedingt seine Tore schießen und so seinen Teil beitragen möchte. Er setzt sich selbst dermaßen unter Druck, dass ihm die Lockerheit, die jeder Stürmer braucht, im Moment fehlt. Es wird viele Gespräche mit ihm geben, damit wir versuchen, ihm diesen Druck zu nehmen.

Mit seiner Physis könnte Badji das Offensivspiel variabler machen.

Er hat gewisse Voraussetzungen, die wir brauchen. Er ist kein Feinmechaniker, aber er kann mit seiner körperlichen Präsenz irrsinnig viel geben, was wir sonst nicht in unseren Reihen haben. Deshalb bräuchten wir ihn in Topform, damit er uns diesen positiven Input auch geben kann.

Red Bull Salzburg ist heuer mit der Teilnahme an der Champions League noch einmal in ganz andere Sphären vorgedrungen. Droht die Liga aufgrund dieser Dominanz irgendwann die völlige Langeweile, wenn es nur noch darum geht, wer Zweiter wird?

Das ist ja schon die ganze Zeit so. Wir wurden damals dreimal Zweiter und es war jedem schon zu fad. Doch man muss bedenken: Das war eine Salzburg-Mannschaft, wo kurze Zeit später acht Spieler bei Leipzig waren, die hinter Bayern München den zweiten Platz in der deutschen Bundesliga eroberten. Und wir haben es damals trotzdem geschafft, die Schere zu schließen. Das muss unser Anspruch sein, egal, wie die Gegebenheiten bei den anderen sind.

Inzwischen ist Salzburg aber noch einmal zumindest einen Schritt weiter.

Du kannst jetzt niemandem versprechen, dass du mit Rapid in den kommenden drei Jahren Meister wirst. So blauäugig ist niemand. Aber du muss deine Aufgaben so bewerkstelligen, dass du immer konkurrenzfähiger wirst. Wenn du dann einmal einen guten Herbst spielst, kommt die Punkteteilung und dann ist oft ein einziges Spiel ausschlaggebend, das alles kippen kann. Dort wollen wir uns hinbegeben. Das ist ein Prozess, der im Sommer eingeleitet wurde, aber das wird dauern.

David Mayr

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