15.01.2020 08:55 Uhr

Reinhold Ranftl: "Ich kann gar nicht mehr anders"

Für Reinhold Ranftl gab es in dieser schon Saison einiges zu bejubeln
Für Reinhold Ranftl gab es in dieser schon Saison einiges zu bejubeln

Der LASK erlebte im vergangenen Jahr die Hinrunde seiner Vereinsgeschichte. Mit nur zwei Punkten Rückstand sitzt man Tabellenführer Salzburg im Nacken, sorgte in der Europa League für Furore und holte sich bei seiner ersten Teilnahme gleich den Gruppensieg. Flügelspieler Reinhold Ranftl lässt im weltfussball-Interview das Halbjahr Revue passieren.

Nach einem vollgepackten Herbst mit über 30 Pflichtspielen, startete der LASK als letzter der Bundesligavereine in die Frühjahrsvorbereitung. Mit gerade einmal zwei Punkten Rückstand haben sich die Linzer als erster und einziger Verfolger von Serienmeister Red Bull Salzburg etabliert und sorgten mit dem Gruppensieg in der Europa League bei ihrer erstmaligen Teilnahme an einem internationalen Bewerb, auch außerhalb Österreichs für positive Schlagzeilen.

Ein wichtiger Pfeiler für diesen Erfolg ist Flügelspieler Reinhold Ranftl, der seit Sommer 2015 seine Schuhe für die Oberösterreicher schnürt und seitdem 177 Pflichtspiele für den Athletik-Sport-Klub absolviert hat. Mit vier Toren und drei Vorlagen in 16 Pflichtspielen zählt er in dieser Saison zu den gefährlichsten Defensivspielern der Liga und machte auch durch seine Galavorstellung beim 4:1-Sieg gegen PSV Eindhoven auf sich aufmerksam. Im Interview mit weltfussball sprach der Flügelspieler über das "einmalige Halbjahr", seine Einberufung ins ÖFB-Team und seinen neuen Blick auf den Fußball.

weltfussball: Ihr seid jetzt als letztes Bundesligateam in die Rückrundenvorbereitung gestartet. Wie wichtig war für euch diese längere Pause, um Energie zu tanken nach diesem doch recht intensiven Herbst?

Reinhold Ranftl: Zum Schluss der Pause freut man sich natürlich schon, wenn das Training wieder anfängt. Davor war es aber mal schön, richtig abzuschalten, alles Revue passieren zu lassen, was eigentlich im letzten halben Jahr so geschehen ist. Für die meisten von uns war diese Hinrunde ein einmaliges Erlebnis in unserer Karriere und da war es wichtig, mal zu reflektieren, was jeder einzelne von uns geleistet hat.

Das letzte halbe Jahr des LASK war ziemlich beeindruckend. Wenn du so über die vergangenen Monate nachdenkst, wie würdest du diese Hinrunde zusammenfassen?

Ich glaube, dass jeder einzelne Spieler einen riesigen Sprung nach vorne gemacht hat, nicht nur fußballerisch, sondern auch persönlich. Einfach wie wir am Platz agieren und mit was für einer Körpersprache wir auftreten. Uns zeichnet das mittlerweile aus, dass wir wissen, wo unsere Stärken liegen, was wir abrufen müssen am Platz und wenn wir das mit 100 Prozent machen, wird es für jeden Gegner wirklich schwer. Wir sind in unserem Spiel einfach noch überzeugter durch die internationalen Erfahrungen auf diesem Niveau.

In der Champions League Qualifikation seid ihr ja aufgetreten, als wärt ihr schon seit Jahren ein fixer Bestandteil des europäischen Fußballs. Wie kam es, dass ihr mit einer solchen Selbstsicherheit und Überzeugung in diese Spiele gegen Basel und Brügge gegangen seid?

Unser Trainer Valérien Ismaël hat uns eingeimpft, dass wir durch den Fußball von Oliver Glasner, eine gewisse Qualität erlangt haben und wir nur an uns glauben müssen. Wir haben dann selber gemerkt in den Spielen, dass da nicht so viel Unterschied ist. Natürlich hier und da war die individuelle Qualität höher, aber mit unseren Tugenden, unserer Leidenschaft und unserem Kampfgeist haben wir schnell gemerkt, dass wir nicht schlechter sind. Und dann wollten wir es vielleicht auch eine Spur mehr als die Gegner, die uns eventuell etwas unterschätzt haben, weil wir zum ersten mal die Erfahrung gemacht haben. Aber wir sind gewachsen mit diesen Erfahrungen und diese Spiele waren etwas ganz Spezielles.

Hat euch dieses knappe Ausscheiden gegen Brügge auch vielleicht den Ansporn für die Europa League gegeben, jetzt erst recht es den anderen zu zeigen und von eurer Qualität zu überzeugen?

Brügge hat uns damals einfach unsere Grenzen aufgezeigt, da haben wir gesehen, dass wir doch noch nicht so weit waren. Da muss man ehrlich sagen, dass sie in den zwei Spielen einfach besser waren, vielleicht nicht im ersten Spiel, aber im zweiten auf jeden Fall und dass ihr Aufstieg verdient war. Vielleicht wäre die Champions League für uns sowieso zu früh gekommen, aber das Wissen, dass wir da durchaus mithalten konnten, hat uns in der Europa League sicher geholfen, gegen jeden Gegner bestehen zu können.

Mit vier Siegen, einem Remis und nur einer Niederlage aus der Gruppenphase, habt ihr durchaus bewiesen, dass ihr im europäischen Fußball mithalten könnt. Hättest du dir so ein Abschneiden mit dem Gruppensieg je erträumen können?

Von dem sind war natürlich nicht ausgegangen. Es klingt blöd, aber man schaut einfach, dass man jedes Spiel gewinnt. Ich gehe in jedes Spiel mit dem Ziel, es zu gewinnen, egal wer mein Gegner ist und ich denke, dass haben bei uns alle gemacht. Dann hat man gemerkt, dass wir uns gut an das Niveau in der Europa League anpassen und bei den Spielen immer mithalten konnten.

Im Sommer hat sich mit Oliver Glasner euer Langzeitcoach in die deutsche Bundesliga verabschiedet und mit Valerién Ismaël übernahm ein neuer Trainer. Dieser Wechsel hat eurem Spiel aber keinen Abbruch getan, wie kam es, dass der Umstieg so problemlos verlaufen ist?

Im Training hat sich nicht wirklich viel verändert. Wir spielen jetzt mehr den Ball von hinten raus, da haben wir einen Schritt nach vorne gemacht. Sonst sind beide natürlich sehr unterschiedliche Menschen von der Herangehensweise her, aber vom Spielstil, vom Training her, ist alles eigentlich gleich geblieben. Die internationale Erfahrung hat uns da einfach sehr bestärkt, wenn du da mithalten kannst, dann gibt dir das natürlich auch in der Liga mehr Selbstvertrauen. Wir können Fehler machen, aber wir wissen auch, dass wir die gleich wieder ausbessern können.

Für dich persönlich war es ja generell ein sehr aufregender Herbst, der Gruppensieg in der Europa League mit dem LASK, aber natürlich auch die Einberufung für das österreichische Nationalteam mit dem anschließenden Debüt gegen Lettland. Wie hast du diese Situation erlebt?

Das war, glaube ich, an einem Sonntagabend nach einem Heimspiel, als ich einen Anruf bekommen habe, dass ich mich bereithalten soll, weil ich eventuell dabei bin. Natürlich war ich da zu Beginn mega nervös, weil es eine ganz neue Erfahrung für mich war, aber als ich dort war, hat sich das total gelegt. Ich bin sehr gut aufgenommen worden von den Mitspielern und es hat mir natürlich auch geholfen, dass schon zwei Spieler vom LASK dabei waren. Es war allgemein eine riesige Erfahrung, ich bin sehr stolz drauf, dass ich dabei sein habe dürfen, das zweite Spiel war zwar nicht so gut, aber die Erfahrung nimmt mir keiner mehr und das ist es, was zählt.

Die EM steht ja bevor. Wie schätzt du deine Chancen auf eine Nominierung ein? Ist es nur ein entfernter Traum oder doch ein festes Ziel mit guten Leistungen auf dich aufmerksam zu machen?

Natürlich habe ich mir das Ziel gesetzt, dass ich da eventuell dabei bin und dafür muss man Woche für Woche aufzeigen. Aber wir haben super Bühnen mit Meisterschaft, Cup und Europa League und da muss ich einfach Leistung bringen und dann liegt es eh in den Händen vom Teamchef, wen er mitnimmt. Klar mache ich mir aber Hoffnungen und träume davon dabei, zu sein.

Wenn wir uns deinen Karriereweg ansehen, so ging es für dich aus dem Nachwuchs von Sturm Graz über Hartberg zu Wiener Neustadt in deine erste Bundesligasaison, die du komplett absolviert hast. Danach folgte der Schritt wieder zurück in die zweite Liga zum LASK. Was hat dich damals am Konzept überzeugt, diesen Schritt zu machen?

Damals war es das persönliche Gespräch mit Oliver Glasner, das haben mir die anderen interessierten Vereine einfach nicht geboten. Er hat mir einfach das Gefühl gegeben, dass ich wichtig bin für die Mannschaft und den Weg mit dem LASK mitgehen sollte. Im Nachhinein war das der perfekte Schritt für mich, ich hab mich in so viele Richtungen weiterentwickelt, habe den Fußball unter ihm ganz anders kennengelernt und sehe den Fußball jetzt auch ganz anders.

Hast du damals, als es mit Aufstieg nicht gleich funktioniert hat, ein wenig Bedenken gehabt, ob das wirklich der richtige Schritt war?

Nein, eigentlich nie. Der Fußball, den wir spielen, ist für mich einfach maßgeschneidert und den will ich bis zu meinem Karriereende spielen. Ich kann gar nicht mehr anders, ich könnte jetzt nicht einfach passiv spielen und nur verteidigen, ich muss nach vorne attackieren, das habe ich verinnerlicht und so muss und will ich den Fußball spielen, bis ich nicht mehr kann.

Der LASK ist aktuell der einzige Verfolger, der wirklich Druck auf Red Bull Salzburg ausübt und mit lediglich zwei Punkten Rückstand noch mittendrin im Meisterschaftsrennen ist. Spricht man bei euch über das Ziel Meistertitel oder schiebt man die Favoritenrolle weiterhin den Salzburgern zu?

Wir geben einfach unser Bestes, versuchen so viele Punkte wie möglich zu machen und die Leistung muss sowieso immer stimmen. Ich finde, über die Meisterschaft zu reden, wäre nicht so gut, wir müssen uns auf unsere Leistung konzentrieren und vielleicht passiert's, vielleicht passiert's nicht. Wenn es eine Möglichkeit gibt und Salzburg schwächelt, wollen wir natürlich da sein, aber dann dürfen wir auch nicht schwächeln. Wir müssen uns auf unser Spiel konzentrieren und uns gut vorbereiten auf die Meisterschaft, dann sehen wir weiter.

Max Augustin

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