30.07.2020 10:27 Uhr

Favres dritter Anlauf: Diese Baustellen hat der BVB

Lucien Favre geht ins dritte BVB-Jahr
Lucien Favre geht ins dritte BVB-Jahr

Am Donnerstag startet Borussia Dortmund in seine Sommervorbereitung für die bevorstehende Bundesliga-Spielzeit 2020/2021. Für BVB-Trainer Lucien Favre ist es der dritte Anlauf Richtung Meistertitel. Auf den Schweizer wartet einiges an Arbeit.

Auf dem Papier geht Lucien Favre in sein drittes und damit letztes Vertragsjahr bei Borussia Dortmund. Und das wird sich laut "Sport Bild" auch bis zur Winterpause nicht ändern. Volle Konzentration auf das Sportliche lautet die Devise.

Wie in den beiden Jahren zuvor möchte der BVB um die Deutsche Meisterschaft mitspielen. Doch hier und da hakt es bei den Schwarz-Gelben noch. weltfussball benennt die BVB-Baustellen.

Wie wird die Abwehrkette nach dem Abgang von Achraf Hakimi aussehen?

Nach dem erfolgreichen Wechsel in der vergangenen Saison vom 4-2-3-1 zum 3-4-3 oder dem defensiveren 3-5-2 denkt Lucien Favre laut "Sport Bild" über eine Rückkehr zur Vierer-Abwehrkette nach. Allein deshalb, weil mit Achraf Hakimi jener Spieler den Verein verließ, der Favre den Systemwechsel überhaupt erst ermöglichte.

Mit seinem Tempo, seiner Dynamik und seinem starken Torabschluss war der Marokkaner geradezu unverzichtbar. Für den BVB war er aber nicht mehr zu halten, also musste Ersatz her. Mit Thomas Meunier kam ein gestandener Spieler nach Dortmund - und das zum Nulltarif.

Der Belgier versprüht seit seiner Ankunft Vorfreude auf sein Abenteuer in Dortmund und unterstrich seine Ambitionen, Titel gewinnen zu wollen. Charakterlich ist er für die Schwarz-Gelben definitiv eine Verstärkung.

Vom Spielertyp ist er trotz vorhandener fußballerischer Klasse mit Hakimi kaum zu vergleichen. Mit seiner Größe von 1,90 Meter ist er körperlich deutlich präsenter und zweikampfstark und deshalb auch der, der die Rückkehr zur Viererkette ermöglicht.

Piszczek als Backup - was wird aus Akanji?

Sein Konterpart auf der linken Seite wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Raphael Guerreiro sein. Der Portugiese blühte in der Rückrunde als linker Außenbahnspieler auf und war vor allem torgefährlich. Ganz so gefragt wird diese Qualität im favorisierten 4-2-3-1 dann nicht mehr sein, was aber angesichts der Offensivqualität der Mitspieler keine Schwächung sein wird.

Neben dem unumstrittenen Abwehrchef Mats Hummels dürfte Linksfuß Dan-Axel Zagadou in der Viererketten-Variante den Vorzug vor der Konkurrenz erhalten. Blieben noch Manuel Akanji und Lukasz Piszczek. Akanji konnte in seinen zweieinhalb Jahren in Dortmund nie vollends überzeugen, spielte eine Saison 2019/2020 mit Höhen und Tiefen. Laut "Bild" ist er bei einem passenden Angebot sogar ein Verkaufskandidat. 

Im Gegensatz dazu geht Lukasz Piszczek in seine persönliche Verlängerung, sein elftes Vertragsjahr in Schwarz-Gelb. Der nimmermüde Pole hat sich im Spätherbst seiner Karriere nochmal neu erfunden und ist trotz seines Tempo-Defizits ein mehr als passables Backup.

Was wird aus Kapitän Marco Reus?

Ein großes Fragezeichen schwebt derweil über dem Kapitän der Borussia, Marco Reus. Der mittlerweile 31-Jährige befindet sich einmal mehr im Krankenstand. Über 1000 Tage fiel der Edeltechniker in seiner Dortmunder Zeit bereits aus - eine Horrorbilanz.

Ist er fit, ist er zweifellos ein absoluter Schüsselspieler. Das belegen alle Statistiken: 46 Mal lief Reus in der Bundesliga unter Favre beim BVB auf und kommt dabei auf satte 45 Scorerpunkte (28 Tore und 17 Vorlagen). Diese würden dringender denn je gebraucht, sollte Jadon Sancho die Borussia tatsächlich noch verlassen.

Doch auch sein Förderer weiß, dass er seinen Kapitän nur bedingt einplanen kann. Ersatz steht mit Julian Brandt, Thorgan Hazard und Supertalent Giovanni Reyna zur Verfügung, sodass Reus' Ausfälle allein aufgefangen werden können. Bleibt die Frage, wie es in vorderster Front aussieht …

Reicht dem BVB wirklich nur ein Haaland?

Auch wenn der BVB mit Erling Haaland eine waschechte Tormaschine in seinen Reihen hat, will die Diskussion um die Mittelstürmerposition nicht so recht abebben. Es stellen sich weiterhin die Fragen: Reicht ein Haaland? Und was ist, wenn der Knipser (länger) ausfällt?

Im Gegensatz zum Dauerrivalen FC Bayern, der mit Joshua Zirkzee als Ersatz oder auch situativ als Ergänzung einen echten Neuner in der Hinterhand hat, haben die Westfalen außer Haaland keinen weiteren Spieler dieser Art.

Auch Youssoufa Moukoko, der ab seinem 16. Geburtstag am 20. November für die Profis spielberechtigt wäre, ist kein solcher. Ohnehin warnte Sportdirektor Michael Zorc beim Wunderkind vor einer "zu großen Erwartungshaltung".

Doch, obwohl gerade jetzt die Gelegenheit zur Verpflichtung eines zweiten Neuners im wahrsten Sinne des Wortes günstig wäre, halten die Verantwortlichen bislang an ihrem Plan fest. Zum einen, weil "wir nicht zu wenige Tore geschossen haben" und es laut Zorc im Spielsystem mit zwei Angreifern "gar keinen klassischen Neuner mehr" gäbe.

Aber angesichts der Tatsache, dass mit Mario Mandzukic und Sandro Wagner zwei Spieler vereinslos sind, die perfekt ins Profil passen würden, ist es auch nicht ausgeschlossen, dass nochmal ein Umdenken stattfindet. Allzu lange sollte man sich in Dortmund jedoch nicht Zeit lassen, ansonsten sind die Optionen vergriffen.

Klasse Masse: Wer spielt auf der Doppelsechs?

Die angenehmste Problematik stellt sich auf der zentralen Mittelfeldposition dar. Denn dort tummeln sich mit Emre Can, Axel Witsel, Julian Brandt, Mahmoud Dahoud, Thomas Delaney und Jude Bellingham gleich sechs Spieler, die dort spielen können.

Die Auswahl für den Trainer ist riesengroß und damit auch der Variantenreichtum. Egal, auf welchen Gegner der BVB trifft, Favre kann seine Aufstellung beliebig anpassen. Dieses Würfelspiel wird im schlauchenden zweiten Halbjahr 2020 sicher auch zur Anwendung kommen.

Jedoch muss der Coach alle bei Laune halten und Verstimmungen vermeiden. Im Falle von Delaney, der aufgrund von Verletzungen nur auf elf Bundesliga-Einsätze kam, wird dies kein Problem sein. Schließlich wird der Däne intern als Teamplayer geschätzt.

Anders sieht die Sache bei Mo Dahoud aus, dessen Berater Reza Fazell allerdings schon im April gegenüber "Sky" klarstellte: "Mo will nicht wechseln. Er will bei Dortmund bleiben und sich durchsetzen." Diese Einstellung und das implizierte Selbstverständnis sind angesichts Dahouds Leistungen im Saisonendspurt verständlich und legitim. Auf wie viel Spielzeit er auch durch den neuen Konkurrenten Bellingham kommt, bleibt freilich abzuwarten.

Dies gilt indes auch für Axel Witsel, der trotz seiner Erfahrung und seiner Klasse nach schwankenden Leistungen in der Rückrunde keine Stammplatzgarantie mehr besitzt. Angesichts des (Über-)Angebotes auf seiner Position dürfte niemand überrascht sein, wenn sich der Belgier häufiger auf der Bank wiederfinden sollte.

Luis Holuch

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