Die Erkenntnisse des BVB-Trainingslagers

Das achttägige Sommer-Trainingslager von Borussia Dortmund im schweizerischen Bad Ragaz ist beendet. Mit zwei Kantersiegen im Gepäck (6:0 gegen SCR Altach und 11:2 gegen Austria Wien) machte sich der BVB-Tross am Montag auf den Heimweg nach Dortmund. Was lief bei den Schwarzgelben schon rund? Wo besteht noch Handlungsbedarf? Sechs Erkenntnisse aus dem BVB-Trainingslager.
BVB-Erkenntnisse: Youngster sorgen für Spielfreude
Mit zahlreichen Youngstern wie den etablierten Kräften Jadon Sancho und Erling Haaland (beide 20) sowie Neuzugang Jude Bellingham, Giovanni Reyna (beide 17), Mateu Morey (20), Tobias Raschl (20), Luca Unbehaun (19), Youssoufa Moukoko (15), Immanuel Pherai (19), Ansgar Knauff (18) und Nnamdi Collins (16) trat der BVB die Reise in die Schweiz an. Auch die U23-Spieler Taylan Duman (23), Maximilian Hippe (22) und Stefan Drljaca (21) durften mit.
Bei den Testduellen spielte die junge Garde des BVB groß auf. Gerade Bellingham, Sancho, Reyna, Haaland und Pherai waren in den Partien mitunter spielbestimmend und versprühten Spielfreude pur. "Es fühlt sich an, als wären wir kleine Jungs, die im Hinterhof kicken", schwärmte Reyna.
Trainer Lucien Favre fühlt sich angesichts der vielen Top-Talente "ein wenig wie in der Schule". Das aber, sagte der Schweizer im Interview der "Welt am Sonntag", gefalle ihm: "Denn es sind alle gute Jungs mit sehr viel Potenzial."
BVB-Erkenntnisse: Die Tormaschine läuft
17 Tore in zwei Testspielen - der BVB zeigte sich in der Schweiz in Torlaune. "Wir haben gut kombiniert und viele Tore geschossen - es freut mich, dass wir das können", resümierte Favre.
Was den Coach besonders freuen dürfte: Mit Reyna (3 Tore), Erling Haaland (2), Emre Can (2), Thorgan Hazard (2), Raphael Guerreiro, Immanuel Pherai, Jadon Sancho, Jude Bellingham, Nico Schulz, Marius Wolf, Taylan Duman und Julian Brandt trugen sich gleich zwölf verschiedene Spieler in die Torschützenliste ein. Zahlreiche Wechsel taten dem Offensivwirbel kaum einen Abbruch.
BVB-Erkenntnisse: Favre kehrt zur Viererkette zurück
Während der Angriffsmotor des BVB rund läuft, gibt es in der Defensive noch Klärungsbedarf. In Bad Ragaz ließ Favre ausschließlich die Viererkette trainieren.
Zu erwarten war das nicht: Schließlich hatte der BVB im Laufe der vergangenen Saison auf eine Dreierkette umgestellt und war damit erfolgreichr als mit Favres Lieblingssystem. "Ich spiele lieber mit Viererkette, viele große Mannschaften spielen damit", kommentierte der Coach die erneute Umstellung.
Mehr dazu: IM VIDEO! Eindrücke aus dem BVB-Trainingslager
Ein Grund für die Rückkehr zum alten System ist Neuzugang Thomas Meunier. Der Rechtsverteidiger denkt weniger offensiv als Vorgänger Achraf Hakimi und lässt auf mehr defensive Stabilität hoffen.
Die BVB-Profis wissen noch nicht, welche Formation in der kommenden Saison von ihrem Trainer favorisiert wird, wie Raphaël Guereiro im "kicker" klarstellte. Der Portugiese, der gegen Wien im zentralen Mittelfeld brillierte, betonte jedoch: "Die Dreierkette ist das System, das mir am besten gefällt."
BVB-Erkenntnisse: Keine Spur von Lustlos-Sancho
"Jadon wird die Saison 2020/21 bei uns spielen, da gibt es keinen Interpretationsspielraum", stellte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mit Blick auf den von Manchester United umworbenen Sancho unmissverständlich klar.
Obwohl einige Beobachter gemutmaßt hatten, der Engländer könne nach seinem nicht zustande gekommenen Transfer in die Premier League lustlos auftreten, überzeugt er bislang in der Dortmunder Saison-Vorbereitung. Gegen Wien trug er sich selbst in die Torschützenliste ein und bereitete zwei weitere Treffer vor. Zudem zeigte sich Sancho während des Trainingslagers in Bad Ragaz in der Schweiz stets gut gelaunt.
"Ich spiele gern mit dieser Mannschaft, es ist eine spezielle Truppe", sagte der Offensivmann nach dem 6:0-Erfolg gegen Altach: "Wir haben einige besondere junge Spieler, die dazukommen und ich bin sehr glücklich, mit ihnen auf dem Platz zu stehen und sie zu führen."
BVB-Erkenntnisse: Die Neuzugänge schlagen ein
Mit Jude Bellingham (für 23 Millionen Euro von Birmingham City) und Thomas Meunier (ablösefrei von Paris Saint-Germain) hat der BVB im Sommer zwei Neuzugänge verpflichtet.
Beide haben sich beim Revierklub sowohl auf als auch neben dem Platz bereits bestens integriert. "Die Spieler und Betreuer sind sehr nett zu mir. Es war ein großartiger Start", schwärmte der erst 17-jährige Bellingham gegenüber den "Ruhr Nachrichten": "Das macht es mir sehr leicht, mich schnell einzugewöhnen und mich schnell zu Hause zu fühlen."
Meunier war schon vor seiner Ankunft in Dortmund von der Atmosphäre beim BVB begeistert. "Es war einfach 1000 Prozent authentisch und genau danach habe ich gesucht", sagte er mit Blick auf sein Gastspiel mit PSG in der Champions League im Signal Iduna Park Anfang des Jahres.
Auch auf dem Platz drückte das Duo dem BVB-Spiel bereits seinen Stempel auf. Bellingham überzeugte gerade gegen Altach und strich nach der Partie ein Sonderlob von Favre ein. "Er musste vor der Abwehr spielen. Das ist nicht einfach, wenn man 17 ist. Er war an fast allen Toren beteiligt. Er ist in den richtigen Momenten nach vorne gegangen. Das ist wichtig", schwärmte der Coach von seinem neuen Schützling.
Meunier durfte für jeweils eine Halbzeit ran, überzeugte dabei sowohl offensiv als auch defensiv und steuerte gegen Altach seinen ersten Scorerpunkt bei. In die "Rolle des großen Bruders", wie Meunier seinen Stellenwert im BVB-Kader selbst definierte, muss er aber noch hineinwachsen.
BVB-Erkenntnisse: Weitere Baustellen im Kader
Bellingham und Meunier bleiben aber wohl nicht die einzigen Neuzugänge. Favre forderte unlängst Verstärkung für den Dortmunder Kader.
"Ab Ende September gibt es nur noch Englische Wochen. Wir brauchen zwei Mannschaften, zwei richtige Mannschaften, und das haben wir noch nicht! Man hat es Ende der vergangenen Saison gesehen, da saßen vier, fünf auf der Bank, die kannten Sie nicht", sagte der 62-Jährige.
Einem Wechsel von Real Madrids Offensiv-Juwel Reinier nach Dortmund scheint nichts mehr im Weg zu stehen. "Es ist noch nicht gemacht, es ist in der Pipeline", bestätigte Favre das Interesse des BVB. Angedacht ist eine zweijährige Leihe.
Auf der Gegenseite sind aber auch weitere Abgänge nicht ausgeschlossen. "Bild" zufolge haben Nico Schulz, Marius Wolf und Mahmoud Dahoud keine Zukunft mehr beim BVB.
Lissy Beckonert