09.09.2020 12:13 Uhr

Schalkes gefährliches Spiel mit den "Unzufriedenen"

Müssen sich beim FC Schalke 04 zusammenraufen: David Wagner und Mark Uth
Müssen sich beim FC Schalke 04 zusammenraufen: David Wagner und Mark Uth

Das bislang vergebliche Warten auf weitere externe Neuzugänge nach Sturm-Oldie Vedad Ibisevic bringt Trainer David Wagner beim FC Schalke 04 in eine Zwangslage. Er muss auf mehrere Spieler bauen, die aussortiert waren und/oder wechseln wollen - ein großes Risiko für den Klub, aber auch für den Coach selbst.

Traurig, aber wahr: Die erste Halbzeit im Testspiel gegen den VfL Bochum am vergangenen Wochenende dürfte die beste gewesen sein, die der FC Schalke 04 seit dem 2:0-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach Mitte Januar abgeliefert hat.

3:0 stand es bereits zur Pause gegen den Zweitligisten, der wenige Tage zuvor keinen Geringeren als Schalkes Erzrivalen Borussia Dortmund mit 3:1 abgefiedelt hatte. Dominant, kombinationssicher und endlich einmal abschlussstark - obwohl im zweiten Durchgang kein weiterer Treffer mehr hinzu kam, machte der Auftritt eine Woche vor dem Pflichtspielauftakt im DFB-Pokal gegen den 1. FC Schweinfurt den Königsblauen nach einer verkorksten Vorbereitung etwas Mut.

FC Schalke 04 vs. VfL Bochum - die Highlights im Video:

Die Leistung seiner Mannschaft sei "in Ordnung" gewesen, resümierte dementsprechend auch David Wagner nach der Partie. Wichtig sie es nun, "die Sachen mitzunehmen, die gut und auch weniger gut gelaufen sind".

FC Schalke 04: Hin und Her in der Causa Uth

Wie der Schalker Chefcoach die Tatsache bewertet, dass mit Mark Uth gegen Bochum ein Profi zum besten Spieler auf dem Platz avancierte, mit dem er eigentlich gar nicht mehr zusammenarbeiten wollte, ist nicht überliefert. Das Hin und Her in der Causa Uth demonstriert jedoch eindrücklich Schalkes (und Wagners) Dilemma.

Noch im vergangenen Winter war der 29 Jahre alte Nationalspieler a. D. am Berger Feld aussortiert. Lediglich neun Pflichtspiele hatte Uth in Schalkes überraschend erfolgreicher Hinrunde absolviert. Die traurige Bilanz für den Stürmer: kein Tor, zwei Vorlagen. Wagner plante nicht mehr mit Uth, der die Flucht ergriff und sich auf Leihbasis dem 1. FC Köln anschloss.

In seiner Geburtsstadt funktionierte Uth auf Anhieb. Der FC hätte ihn nach elf Torbeteiligungen in 15 Einsätzen liebend gerne fest verpflichtet und auch Uth soll einem dauerhaften Wechsel keineswegs abgeneigt gewesen sein. Die festgeschriebene Ablösesumme in Höhe von zehn Millionen Euro konnten die Domstädter aber nicht berappen. Kurz nach Saisonende lief die Kaufoption ab.

Wenige Wochen und einen öffentlich ausgetragenen Zwist zwischen Kölns Manager Horst Heldt und S04-Sportvorstand Jochen Schneider später steht nun mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit fest: Uth bleibt auch in der kommenden Saison auf Schalke. Mehr noch: Er ist in Wagners Offensiv-Konzept mangels Alternativen plötzlich als feste Säule eingeplant.

FC Schalke 04: Rudy wieder gefragt - in neuer Rolle

Ähnliches gilt auch für Sebastian Rudy. Der frühere Münchner hatte Schalke im Sommer 2019 nach einer weitgehend desaströsen Spielzeit in Richtung Hoffenheim verlassen. Doch die Kraichgauer konnten sich trotz ordentlicher Leistungen nicht zu einer Weiterverpflichtung des inzwischen 30-jährigen Leihspielers durchringen.

So ist und bleibt nun auch Rudy 2020/2021 Teil des nicht gerade üppig und nach Einschätzung vieler Beobachter unausgewogen besetzten Schalker Kaders. In einer neuen Rolle als Rechtsverteidiger geht er unter Wagner, der den Abgang des der Confed-Cup-Siegers von 2017 vor gut zwölf Monaten noch ohne langes Zögern abnickte, wohl als Stammkraft in die neue Saison.

Im Mannschaftskreis soll der Zick-Zack-Kurs in Personalfragen die nach der schlechtesten Rückrunde der Vereinsgeschichte ohnehin vorhandenen Zweifel an Wagner nochmals verstärkt haben. Die Profis registrierten laut "Bild" durchaus, wie sich der ehemalige BVB-Nachwuchstrainer "auffällig" beim ehemals aussortierten Uth einschmeichle. Wagners Glaubwürdigkeit sei deswegen erschüttert, heißt es.

Amine Harit will den FC Schalke 04 angeblich verlassen

Ungemach droht dem im Aufsichtsrat angeblich ebenfalls heftig umstrittenen Coach auch von anderer Seite. Mit Amine Harit befindet sich nach Weston McKennies Abgang zu Juventus noch mindestens ein wechselwilliger Spieler im Aufgebot.

Der Marokkaner, geschätzter Marktwert rund 25 Millionen Euro, habe "auf eine weitere turbulente Saison mit Abstiegskampf keine besondere Lust", schrieb die "WAZ" zuletzt. Bereits seit längerem sollen sich Harits Berater in Europas Top-Ligen daher nach möglichen Interessenten umsehen - bislang allerdings erfolglos.

Die Krux: Der 23-Jährige, der wie Uth einen Treffer zum überzeugenden Sieg gegen Bochum beisteuerte, ist zweifelsohne einer der besten Fußballer im aktuellen Schalker Team. Lässt sich ein Verkauf und die dann eigentlich schon zwangsläufige Verpflichtung eines Nachfolgers bis spätestens zum Ende der Transferperiode am 5. Oktober nicht realisieren, wird Wagner auch auf ihn setzen (müssen).

Dass der Coach sogar den in der Vergangenheit mehrfach suspendierten und zuletzt an Newcastle United verliehenen Nabil Bentaleb begnadigte und nach ordentlicher Vorbereitung laut eigener Aussage wieder "auf der Rechnung" hat, verstärkt die explosive Gemengelage zusätzlich.

Zwar gilt die alte Weisheit von den "elf Freunden", aus denen eine Fußball-Mannschaft vermeintlich bestehen muss, im modernen Profi-Geschäft längst nicht mehr. Es stellt sich aber die Frage, ob Schalkes gefährliches Spiel mit den "Unzufriedenen" nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Tobias Knoop

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