26.02.2021 13:37 Uhr

Warum Steffen Baumgart (nicht) zu Schalke passt

Steffen Baumgart wird als Trainer-Kandidat beim FC Schalke 04 gehandelt
Steffen Baumgart wird als Trainer-Kandidat beim FC Schalke 04 gehandelt

Steffen Baumgart wird beim FC Schalke 04 als möglicher Nachfolger von Christian Gross gehandelt und könnte den Neuanfang in der 2. Bundesliga moderieren. Der Trainer des SC Paderborn passt auf den ersten Blick wie die Faust aufs Auge zu Schalke. Einige große Fragezeichen bleiben aber.

Gardemaß bringt Steffen Baumgart nicht mit. Nur 1,78 Meter groß ist der Trainer des SC Paderborn. Am Spielfeldrand ist der bullige gebaute Baumgart dennoch eine Naturgewalt. Ständig in Bewegung ist er in seiner Coaching-Zone, kaum einmal nimmt er auf der Trainerbank Platz.

Noch beeindruckender als sein Aktionsradius ist die Stimmkraft des 49-Jährigen. Taktische Anweisungen, motivierende Worte für seine Spieler, auch mal Ermahnungen für Schiedsrichter und Gegenspieler: All das brüllt Baumgart mit beeindruckender Verve auf den Platz. Regelmäßig ist er nach den Spielen seiner Paderborner so heiser, dass man ihm während des anschließenden Interviews am Spielfeldrand unwillkürlich ein Lutschbonbon reichen will.

In Dortmund hatte Baumgart Anfang Februar den vielleicht meist beachteten Auftritt seiner bisherigen Trainer-Karriere. 120 Minuten hatte er sich im Pokalspiel gegen den BVB die Seele aus dem Leib geschrien und seine Mannschaft zu einem leidenschaftlichen Auftritt beim haushohen Favoriten gepusht. Allein, es half nichts. Durch einen umstrittenen Treffer von Torjäger Erling Haaland gewann der BVB mit 3:2 nach Verlängerung.

Steffen Baumgart "Geheimfavorit" bei der Trainer-Suche?

Im ersten Zorn nahm sich Baumgart nach der wilden Partie Schiedsrichter Tobias Stieler zur Brust. Er hatte sich geweigert, Haalands Tor nach Überprüfung durch den Video-Assistenten noch einmal auf dem Monitor am Spielfeldrand zu checken. 

"Langsam wird es lächerlich. Nicht rauszugehen, um sich das anzugucken, das ärgert mich. Dann machen wir uns zum Affen", polterte Paderborns Trainer am "ARD"-Mikrofon. "Wir stehen hier sieben Minuten und frieren uns den Arsch ab - und dann solch eine Entscheidung."

"Respekt" bedeute auch, "sich den Scheiß anzugucken". Wieder einmal habe man Paderborn als kleinem Klub " in den Arsch getreten", so Baumgart, der bei Minusgraden im Signa Iduna Park im kurzärmligen T-Shirt coachte.

Es dürfte auch diese Emotionalität und Direktheit sein, die Baumgart ausgerechnet auf den Radar des Dortmunder Erzrivalen Schalke 04 gebracht hat. "Geheimfavorit" auf den ab dem Sommer aller Voraussicht nach vakanten Trainer-Posten beim Bundesliga-Schlusslicht sei er, schrieb "Bild".

Warum sich der FC Schalke mit Baumgart beschäftigt

Dass Baumgart, dessen Vertrag in Paderborn im Sommer ausläuft, angesprochen auf die Gerüchte lediglich zu Protokoll gab, er spreche "momentan" mit keinem Verein, lässt zumindest erahnen, dass diese nicht völlig aus der Luft gegriffen sind.

Dass sich Schalke auf der Suche nach einem neuen Chefcoach für den Neuanfang ab dem Sommer, dann vermutlich in der 2. Bundesliga, mit dem Namen Baumgart beschäftigt, scheint schon fast logisch. Der gebürtige Rostocker verkörpert viele Eigenschaften, die dem Anforderungsprofil des Malocherklubs entsprechen.

Seit 2017 arbeitet Baumgart in Paderborn, eine für Schalker Verhältnisse unvorstellbare Kontinuität. Der frühere Mittelstürmer führte den kleinen SCP aus der dritten in die zweite und anschließend sogar wieder zurück in die erste Liga. Nach dem Abstieg 2020 hielt er den Ostwestfalen die Treue. Aktuell spielt die weiterhin wenig namhafte besetzte Mannschaft eine solide Zweitligasaison.

Dass er auch nach größeren Umbrüchen aus Einzelspielern ein echtes Team formen kann, hat Baumgart also bewiesen, ebenso wie seine Fähigkeit, mit wenig Budget einen großen sportlichen Ertrag zu erzeugen. Zudem steht Baumgart für laufintensiven, offensiven Pressing-Fußball. Auch das dürfte bei Schalkes Trainer-Suche nach den eher defensivorientierten Ansätzen der letzten Übungsleiter eine Rolle spielen.

Warum Baumgart für den FC Schalke ein Wagnis wäre

Ein Wagnis wäre eine Verpflichtung Baumgarts dennoch für die Knappen.

Zeit, in Ruhe eine Mannschaft zu formen, bekäme der Coach auf Schalke nicht. Statt im beschaulichen Paderborn ohne großen Druck zu arbeiten, stände Baumgart vom ersten Tag seines Engagements an unter dem Brennglas bei einem der größten und schwierigsten Klubs Deutschlands.

Das von ihm beim SCP in den letzten Jahren bis zur Perfektion kultivierte Underdog-Image passt zudem so gar nicht nach Gelsenkirchen, denn klar ist auch: In der zweiten Liga wäre Schalke per definitionem der absolute Top-Favorit auf den direkten Wiederaufstieg. Dieser wäre außerdem wohl Grundvoraussetzung dafür, dass der finanziell extrem angeschlagene Klub in seiner jetzigen Form weiter existieren könnte.

Ob Baumgart die schwierige Mission auf Schalke antritt, dürfte sich nicht zeitnah entschieden. Erst ab Mitte März, kündigte er an, werde er sich mit seiner Zukunftsplanung beschäftigen. Paderborn sei dann allerdings sein "erster Ansprechpartner".

Tobias Knoop

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