"Eine Zäsur": Ex-Manager spricht über Notverkäufe beim BVB

Trotz der Corona-Krise sowie des möglichen Verpassens der Champions League rechnet Michael Meier nicht mit Notverkäufen bei Borussia Dortmund im Sommer. Im Duell um die Vorherrschaft im deutschen Fußball sieht der langjährige Manager den BVB fast auf Augenhöhe mit dem FC Bayern.
"Das Eigenkapital des Vereins ist nach wie vor sehr hoch. Die Tatsache, dass sie in den vergangenen Jahren ihre Liquidität aufgestockt haben, kann auch Verluste dieser Größenordnung decken. Dank der erfolgreichen Ausgliederung 1999 und des Börsengangs 2000 kann sich der BVB jederzeit einer Kapitalerhöhung bedienen", sagte Meier im Interview mit den Online-Portalen "Spox" und "Goal" über die wirtschaftliche Lage in Dortmund.
Ein "Verein dieser Größenordnung" werde die Pandemie überstehen, so Meier, der von 1989 bis zur Fast-Pleite 2005 die Geschicke beim BVB lenkte. "Dennoch ist das eine Zäsur, mit der man nicht rechnen konnte."
Einen Abgang von international gehandelten Top-Stars wie Jadon Sancho oder Erling Haaland schloss Meier nicht aus. "Aus finanzieller Sicht ist BVB auf einen Verbleib der beiden nicht angewiesen, sportlich dagegen schon. Ich denke, dass diese Top-Spieler nach wie vor ihren Preis haben werden, sodass Dortmund sie unter Umständen auch zu den gehandelten Preisen verkaufen könnte."
Verlassen Sancho und Haaland den BVB? Das sagt Michael Meier
Klubs wie Real Madrid oder der FC Barcelona hätten "Bedarf an solchen Spielern" und wären trotz der schwierigen finanziellen Situation "in der Lage, eine große Summe aufzubringen, weil sie es aus sportlicher Sicht müssen", analysierte Meier. "In England könnte womöglich nur das Financial Fairplay die Klubs von solchen Deals abhalten."
Ob Haaland, über dessen Verkauf derzeit trotz eines angeblichen BVB-Wechselverbots verstärkt spekuliert wird, bleibt, wollte Meier nicht explizit voraussagen.
"Ich würde so einen Spieler nicht abgeben wollen. Er hat in der laufenden Saison erneut bewiesen, wie bedeutend er für den Verein ist. Das ist einer, in den man sich verlieben kann. Um es in den Worten von Jens Lehmann zu sagen: So einen habe ich noch nie gesehen", sagte der 71-Jährige.
FC Bayern nur "Nuancen" vor dem BVB
Meier äußerte sich in dem Interview auch zur sportlichen Situation seines Ex-Klubs. Der BVB hinke "den Zielen hinterher" und werde in der Öffentlichkeit "natürlich an seinen eigenen Erwartungen gemessen", so der langjährige Bundesliga-Funktionär.
Gegenüber dem FC Bayern habe die Borussia den Nachteil, "dass die Mannschaft sehr jung ist und in dieser Konstellation noch nicht lange zusammenspielt." Meier erläuterte: "Das ist auch eine Folge der Transferpolitik, die gelobt wird und die ich auch sehr schätze. Nur gestaltet es sich dann schwierig, einen Geist zu entwickeln wie ihn die Münchner haben." Nichtsdestotrotz sei das Konzept des BVB "bislang fantastisch aufgegangen", sagte Meier. "Die beiden Klubs unterscheiden sich lediglich in Nuancen, die letztlich den Erfolg ausmachen."
Eine Wachablösung in den kommenden Jahren schloss er nicht aus: "Die Bayern sind aktuell die beste Mannschaft auf der Welt, aber das ist nicht in Stein gemeißelt. Ich bewundere den BVB dafür, dass er immer wieder aufsteht und alles daran setzt, die Bayern vom Thron zu stoßen. Dazu gehört auch eine gewisse Mentalität."