07.04.2021 08:12 Uhr

Nemeth: "Das gibt einem diesen Extraschub"

In der Defensive von Sturm gesetzt: David Nemeth
In der Defensive von Sturm gesetzt: David Nemeth

Mit gerade erst 20 Jahren zählt David Nemeth bei Sturm Graz zum absoluten Stammpersonal und darf sich seit kurzem auch U21-Nationalspieler Österreichs nennen. Nach dem abrupten Aus des SV Mattersburg hat das Defensivtalent den Weg nach Deutschland zu Mainz 05 gewagt und sich gleich für eine Leihe zurück nach Österreich entschieden. Im Gespräch mit weltfussball spricht er über seinen bisherigen Karriereweg und gibt sich für die kommenden Aufgaben selbstbewusst.

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David Nemeth zählt in Österreich zu den hoffnungsvollsten Defensivtalenten des Landes und hat für einen 20-jährigen Profi schon einen beachtlichen Weg hingelegt. Mit 17 Jahren bereits im Probetraining bei AC Milan, feierte er nur wenig später mit 18 sein Bundesliga-Debüt und durfte sich als 19-Jähriger schon Stammspieler beim SK Sturm Graz nennen. Nach dem plötzlichen Aus des SV Mattersburg im vergangenem Sommer entschied sich der gebürtige Eisenstädter für einen Transfer nach Deutschland zu Mainz 05, im September erfolgte die leihweise Rückkehr nach Österreich. 

In der Hauptstadt der Steiermark zählt er mit rund 1.667 absolvierten Spielminuten zu den absoluten Dauerbrennern in der Mannschaft von Christian Ilzer und ist aus der Defensive der Grazer längst nicht mehr wegzudenken. Im Gespräch mit weltfussball wirft der 1,91-Meter große Abwehrspieler einen Blick auf die aktuelle Saison, spricht über seinen bisherigen Karriereweg und gibt einen Einblick in seine weitere Zukunftsplanung.

weltfussball: Mit 39 Punkten und Tabellenplatz vier konnte sich Sturm Graz am Ende souverän für die Meistergruppe qualifizieren. Wie fällt dein persönliches Fazit nach dem Grunddurchgang aus?

David Nemeth: Im Herbst haben wir einen richtig guten Lauf hingelegt und haben ein sehr gutes halbes Jahr gespielt. Im neuen Jahr haben wir uns durch eine paar Spiele ein wenig aus dem Rhythmus werfen lassen, aber ich glaube, dass wir uns da noch sehr gut stabilisiert haben und können mit dem Grunddurchgang ziemlich zufrieden sein.

Die sportliche Führung hat vor der Saison tiefgestapelt und ein Erreichen der Meistergruppe nicht als ein „Muss“ vorgegeben. Hat euch das geholfen, dass bereits vor der Saison Druck rausgenommen worden ist?

Absolut. Gerade nach der letzten Saison war es wichtig, dass man sich die Ziele nicht ganz so hoch gesteckt hat. Wir hatten doch eine komplett neue Mannschaft und da einen Druck zu machen, ist nie gut. Und so haben wir uns langsam richtig gut reinspielen können und eine, denke ich, richtig gute Leistung gebracht.

Gerade im defensiven Bereich habt ihr bis jetzt durchaus überzeugen können, seid aktuell gemeinsam mit dem LASK das Team mit den wenigsten Gegentoren in der Bundesliga. Warum läuft es in diesem Bereich so gut für euch in der aktuellen Saison?

Das Defensivverhalten fängt bei uns schon ganz vorne an. Da arbeitet jeder mit und insgesamt sind wir in der Mannschaft auch sehr gut aufgestellt. Unsere Devise ist: Wenn man weniger Gegentore als der Gegner kriegt, dann gewinnt man auch meistens und da sind wir auf einem guten Weg. Der erste Schritt ist defensiv gut zu stehen und dann kann man sich auf die Offensive konzentrieren.

Im vergangenen Herbst habt ihr die beste Defensive nach Atlético Madrid in Europas Top Ten-Ligen gestellt. Nimmt man das als junger Abwehrspieler als große Ehre war oder wird das nur als Statistik abgetan, mit der man sich nicht länger beschäftigt?

Es ist halt immer nur ein Abschnitt einer Saison, wenn man das aber wirklich über eine gesamte Spielzeit durchziehen kann, dann kann man sehr zufrieden und stolz sein. Aber wie man gesehen hat, läuft es in ein paar Spielen schnell mal anders, wir haben dann im Frühjahr nicht mehr so das Spielglück auf unserer Seite gehabt wie im Herbst, haben aus wenigen gegnerischen Chancen Gegentore bekommen, oft auch knapp vor der Halbzeit und dann merkt man erst, wie lange so eine Saison dauert.

Bei Sturm ist im Sommer die komplette Defensive rundum erneuert worden. Du bist am spätesten von den neuen Abwehrspielern zur Mannschaft gestoßen, bist mit 19 Startelfeinsätzen in 23 Bundesligaspielen aber recht schnell zum Stammspieler avanciert. Wieso ist der Einstieg so leicht gefallen?

Die Mannschaft hat mich von Anfang richtig gut aufgenommen. Ich hab auch schon ein paar Spieler gekannt, vor allem den Andi Kuen, mit dem ich gemeinsam in Mattersburg gespielt habe und habe mich mit den anderen jungen Spielern sehr schnell verstanden. Wir hatten da auch zu Beginn meiner Sturm-Zeit ein Testspiel und dadurch habe ich ein sehr gutes Gefühl für das Team und das Spielsystem bekommen.

Häufig wird von euch Spielern der gute Teamspirit innerhalb der Mannschaft hervorgehoben. Woran liegt es, dass es zwischen euch allen so dermaßen gut funkt?

Wir haben keinen einzigen Spieler, wo wir sagen, dass ist ein "Ungustl" oder der seine eigenen, individuellen Ziele vor die Mannschaftsziele setzt. Wir als Spieler stellen die Mannschaft vor alles andere und dadurch verstehen wir uns auch einfach sehr gut.

Mit Routiniers wie Jon Stanković oder Gregory Wüthrich habt ihr auch einiges an Erfahrung für die Defensive dazubekommen. Was kann man als junger Spieler von diesen gestandenen Profis alles lernen?

Bei Gregory konnte ich mir von seinem Zweikampfverhalten viel abschauen. Wie energisch er diese führt und mit wie viel Selbstbewusstsein er in diese Duelle geht. Er hat ja auch eine unglaubliche Zweikampfstatistik. Aber auch die Ruhe von Jon am Ball, der das Spiel vor uns richtig gut beruhigt und uns Zeit gibt, uns zu orientieren. Da kann man sich viel abschauen und ich bin sehr froh, dass ich solche Spieler neben mir auf dem Spielfeld habe.

Als Defensivspieler habt ihr auch den Vorteil, dass hinter euch mit Jörg Siebenhandl jemand im Tor steht, der wohl aktuell einer seiner besten, wenn nicht sogar die beste Saison seiner Karriere spielt. Wie viel Ruhe und Sicherheit verleiht euch das?

Das ist enorm hilfreich. Wenn man einmal einen Fehler in der Defensivkette macht, was jedes Spiel ja vorkommt, sonst würden die Gegner nicht zu Chancen kommen, können wir wirklich froh sein, dass wir da so jemanden wie den Jörg hinten drin haben. Der hat uns schon in ein paar Partien mit einigen Aktionen sehr geholfen und man hat einfach eine gewisse Sicherheit hinter einem, die sich positiv auf das eigene Spiel auswirkt.

Dein Wechsel zu Sturm ist ja auch nur dadurch zustande gekommen, weil beim SV Mattersburg im Sommer plötzlich die Lichter ausgingen. Wie hast du die damalige Situation erlebt? Du hattest ja auch vor noch ein Jahr in Mattersburg zu bleiben.

Leicht war es nicht. Es war ja doch sehr lange eine unklare Situation, weil man nicht gewusst hat, ob es weitergeht oder nicht. In einer Woche hat es geheißen: Es geht weiter, eine Woche später schien alles schon wieder ganz anders. Im Hintergrund hat man sich natürlich schon umgehört, es hat doch ein paar Interessenten gegeben, auf die wir nicht gleich eingegangen sind, weil wir gedacht haben, dass wir in Mattersburg bleiben. Als sich dann alles geändert hat, haben wir uns mit den interessierten Vereinen wieder in Verbindung gesetzt und dann hat sich das relativ schnell mit Mainz ergeben und wir haben dann noch einen Leihverein gesucht.

Ein Wechsel in eine Topliga hätte für dich auch schon früher passieren können, als du mit 17 Jahren für ein Probetraining beim italienischen Traditionsverein AC Milan eingeladen wurdest. Du konntest damals auch überzeugen, hast dich aber gegen einen Wechsel entschieden. Rückblickend die richtige Entscheidung, wenn man bedenkt, dass für viele junge Spieler so ein Schritt oftmals zu früh kommt?

Absolut. Mir haben zwar damals sehr viele Leute geschrieben, warum ich so etwas nicht mache. Ich hab auch viel mit Philipp Prosenik gesprochen, der diesen Schritt gemacht hat und bei dem es nicht so erfolgreich war. In der Jugend so einen Schritt zu machen ist immer schwer und es ist besser so etwas zu machen, wenn man schon in der ersten Mannschaft spielt. Ich bin extrem froh, dass ich mich damals so entschieden habe, aber natürlich hätte es auch in eine andere Richtung gehen können, wo ich mich dann gefragt hätte: Warum hab ich das nicht gemacht?

Ein weiterer Grund für den sportlichen Aufstieg von Sturm ist mit Sicherheit auch die Verpflichtung von Christian Ilzer, den es im Sommer von Wien nach Graz gezogen hat. Wie bewertest du seine Arbeit als Cheftrainer? Wie hast du von ihm profitieren können?

In den ersten paar Tagen hat er mir gleich sein Konzept erklärt, wie er spielen möchte und was er sich von der Defensive erwartet. Da geht es um Einzelheiten wie wir in der Abwehr stehen sollen, dass wir eine gewisse Grundschnelligkeit mitbringen müssen, einen guten Spielaufbau und dass man als Verteidiger auch eine gewisse Persönlichkeit an Tag legt, da man doch immer viel zu tun hat. Das hat mir sehr gut gefallen, weil ich gleich eine Orientierung hatte. Einen klaren Plan vorgelegt zu bekommen, was die Erwartungen und Ziele sind, ist etwas, dass ich sehr schätze. 

Mit 12 Jahren warst du bei St. Georgen nur in der B-Mannschaft, hast damals die Aufnahmeprüfung für das LAZ (Landesverbandsausbildungszentrum) im ersten Anlauf nicht geschafft. Nun bist du Stammspieler bei einem Bundesligaverein, hast ein Probetraining bei AC Milan absolviert, standest auf Abruf für das A-Nationalteam und hast deine ersten U21-Spiele hinter dir. Hast du schon realisiert was sich da in den letzten Jahren alles getan hat?

So etwas zu realisieren ist leider sehr schwer. (lacht) Das passiert einfach und man kriegt das im Moment gar nicht so mit. Man hat auch meist gar nicht die Zeit, das alles zu reflektieren, weil ständig eine neue Aufgabe bevorsteht, aber ich bin schon sehr stolz auf das, was ich bisher erreicht habe.

Als Franco Foda seinen 43-Mann Großkader für die ersten WM-Qualifikationsspiele bekannt gegeben hat, war dein Name auch darauf zu finden. Selbst wenn es mit dem A-Nationalteam noch nicht geklappt hat, wie viel Motivation nimmt man als junger Spieler dennoch von so einer positiven Nachricht mit?

Es ist eine extreme Motivation, weil man sieht, dass der Trainer vom A-Nationalteam sich alle Spiele ansieht und das gibt einem dann diesen Extraschub, dass man sich noch weiter reinhaut und sich noch weiter beweist. Das ist natürlich eine Riesenehre, wenn man seinen Namen auf so einer Liste findet.

Bei Sturm bist du bis Sommer noch von Mainz 05 ausgeliehen. Der dortige Sportdirektor Martin Schmidt hat zuletzt erwähnt, dass man in der nächsten Saison mit seinen Leihspielern plant und hat dich explizit erwähnt. Siehst du dich für den nächsten Schritt bereit oder kannst du dir noch einen längeren Verbleib in Graz vorstellen?

Beide Möglichkeiten sind für mich sicher eine Option. Man muss schauen, wie die Situation in Mainz aussieht, was Mainz dazu sagt und wie sie mit mir planen. Da wird es in den nächsten Wochen auch Gespräche geben und dann wird sich zeigen, was die beste Lösung ist. Aktuell ist die Situation hier noch relativ offen.

Welche Ziele setzt ihr euch für die Meistergruppe?

Wir müssen auf jeden Fall von Spiel zu Spiel schauen. Wir können nicht mit der bisherigen Ausbeute gegen die anderen Top-sechs Teams zufrieden sein. Haben da oftmals viele Punkte liegen gelassen, wie in den beiden Duellen gegen den WAC zum Beispiel. In der Hinsicht müssen wir uns auf alle Fälle verbessern. Durch die zwei Siege gegen Red Bull Salzburg haben wir uns aber auf jeden Fall einen Respekt erarbeitet und die Meistergruppe wird mit Sicherheit ein guter Kampf werden.

Max Augustin

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