16.05.2021 16:23 Uhr

Absagen-Flut: Kein Keller-Nachfolger in Sicht

Fritz Keller legt sein Amt als DFB-Boss nieder
Fritz Keller legt sein Amt als DFB-Boss nieder

Nach einer wochenlangen Hängepartie will Fritz Keller am Montag offiziell als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zurücktreten. Wer seine Nachfolge antreten wird, ist völlig offen.

Der offizielle Abgang von Fritz Keller steht zwar noch bevor, prominente Absagen hagelte es aber schon vor dem nächsten Akt im DFB-Possenspiel. Bundestrainer Joachim Löw will "keineswegs" und DFL-Boss Christian Seifert "niemals" Präsident des krisengeplagten Deutschen Fußball-Bundes (DFB) werden.

Dass die Abfuhren nicht verwundern, zeigt allein der Blick auf den wunderlichen Ablauf der kommenden Tage. Schließlich will Keller am Montag zurücktreten, und dann als Ex-Chef Mitte der Woche das Sportgerichts-Urteil zu dem von ihm ausgelösten Nazi-Eklat erwarten.

Verstehen muss diesen Plan, den Keller am Sonntag gegenüber dem "kicker" bekräftigte, zwar niemand - aber er passt perfekt zu den Irrungen und Wirrungen der vergangenen Wochen. Obwohl es kaum Anlass dafür gibt, hofft Seifert dennoch auf eine bessere Zukunft nach dem Ende des Machtkampfs in der heillos zerstrittenen Führung. "Die Weichen für einen Neuanfang beim DFB sind jetzt gestellt. Diese Chance sollte man nutzen", sagte der scheidende Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) und DFB-Vize dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND)".

Rummenigge und Co. wollen nicht DFB-Boss werden

Seifert selbst steht wie Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge und DFB-Direktor Oliver Bierhoff für den Neustart allerdings nicht zur Verfügung. "Und zwar nicht, weil ich etwas gegen den DFB habe. Dort arbeiten viele talentierte Menschen, die mehr Ruhe verdient haben. Aber ich wäre nicht gut in der Position", äußerte der 52-Jährige, der die DFL spätestens im Juni des kommenden Jahres verlassen will: "Ein Präsident eines Dachverbandes braucht ein anderes Profil."

Dass dieses Profil weiblich sein sollte, machten am Wochenende einige Fürsprecher dieser Variante deutlich - allen voran die frühere Weltfußballerin Nadine Keßler, die selbst für das Spitzenamt im Gespräch ist. "Der DFB sollte auf jeden Fall bereit sein, auch über eine Frau nachzudenken", sagte die Frauenfußball-Chefin der Europäischen Fußball-Union (UEFA) dem Tagesspiegel.

Zu eigenen Ambitionen äußerte sich die 33-Jahre alte Ex-Europameisterin zwar nicht, eine Frau auf dem Chefsessel wäre aber ein Novum in der 121-jährigen DFB-Geschichte. Für diese Neuerung hätte Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe ebenfalls einen Vorschlag parat - seine Ex-Kollegin Bibiana Steinhaus-Webb.

"Sie hat Weltmeisterschaften gepfiffen, sie hat viele Jahre beim DFB gearbeitet, sie kennt die Facetten", sagte Gräfe im ZDF. "Ich traue ihre eine andere Art der Moderation zu", äußerte der Referee, der "einen Strukturwandel" beim Verband verlangt: "Es hilft nicht, nur den Präsidenten auszutauschen."

Immerhin wird nicht nur der Kurzzeit-Präsident ausgetauscht, der seinen Stellvertreter Rainer Koch mit dem berüchtigten Nazi-Richter Roland Freisler verglichen hatte. Direkt nach Keller, der bei einem Aus am Montag nur 598 Tage im Amt war, soll auch dessen Intimfeind Friedrich Curtius gehen - falls die Verhandlungen über eine Vertragsauflösung mit dem Generalsekretär erfolgreich sind.

Erst einmal bleiben werden dagegen die ebenfalls kritisch gesehenen ersten Vizepräsidenten Koch (Amateure) und Peter Peters (Profis), die zusammen den Verband bis zu einem vorgezogenen Bundestag zu Beginn des kommenden Jahres interimsweise führen sollen. Auch Schatzmeister Stephan Osnabrügge will bis dahin im Amt bleiben, beim Bundestag aber nicht mehr kandidieren.

Dass Peters und Koch (dann als "normales" Präsidiumsmitglied) auch nach dem Bundestag in der Führung bleiben wollen und so einem kompletten Neuanfang im Wege stehen, hat bereits heftige Kritik ausgelöst - wie zuletzt bei Sportchef Max Eberl von Borussia Mönchengladbach in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten: "Wir müssen im deutschen Fußball frische neue Leute finden, die sich nicht mehr in Machtkämpfe verstricken."

Auch Alexander Rosen lässt kein gutes Haar am Verband. "Das Bild des DFB als weltgrößtem Einzel-Sportverband ist verheerend", sagte der Sportchef der TSG Hoffenheim am Sonntag und bezeichnete die Führungskrise beim "offensichtlich heillos zerstrittenen Verband" als "ein wirklich unwürdiges Intrigen-Spiel, das dem Fußball in den vergangenen Monaten massiv geschadet hat."

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