04.08.2021 18:40 Uhr

Hat Delaney eine Zukunft beim BVB?

Geht es für Thomas Delaney beim BVB weiter?
Geht es für Thomas Delaney beim BVB weiter?

Nach einer starken EM mit Dänemark kehrt Thomas Delaney zum BVB zurück. Doch für wie lange? Im System von Marco Rose könnte kein Platz für ihn sein.

Auf der vereinseigenen Website wird Thomas Delaney als "echter Typ" bezeichnet. Ernsthaft und hart in der Sache, sei er. Anders ausgedrückt: Der defensive Mittelfeldspieler, der im Sommer 2018 für 20 Millionen Euro von Werder Bremen zum BVB wechselte, ist eigentlich ein Spieler, den sich jeder Trainer wünscht. Meckert nicht, fügt sich in jedes System ein und ist mit seinem Auftreten auf und abseits des Feldes ein Vorbild für die jüngeren Kollegen. Trotzdem scheint sein Typ beim BVB nicht mehr gefragt zu sein.

Mit Axel Witsel, Mo Dahoud – der gerade seinen Vertrag verlängerte – Emre Can und Jude Bellingham stehen Trainer Marco Rose einige defensive Mittelfeldspieler zur Verfügung.

Schleichender Verlust des Stammplatzes

Der Däne möchte aber spielen. Und das tat er in der jüngeren Vergangenheit immer seltener. Nach einer starken ersten Saison (30 BL-Spiele) verlor er seinen Stammplatz. Zunächst verletzungsbedingt. 2019/20 plagte sich Delaney mit vielen Verletzungen herum (Bänderriss im Sprunggelenk, Knieprobleme), doch in der vergangenen Saison war er fit. Und spielte trotz des langfristigen Ausfalls von Axel Witsel (Riss der Achillessehne) zu selten.

In 34 der 51 Pflichtspiele des BVB (67 Prozent) stand Delaney auf dem Platz, in nicht einmal der Hälfte von Beginn an (45 Prozent). Zu wenig für einen 29-jährigen Nationalspieler, der für Dänemark unverzichtbar an der Seite von Pierre-Emile Höjbjerg ist. Doch warum scheint er beim BVB eher ein Auslaufmodell zu sein?

Delaney: "Mein Hauptjob ist verteidigen, nicht angreifen…"

Was sich Delaney ankreiden lassen muss, ist seine abgehende Torgefährlichkeit. In seiner ersten BVB-Saison war er noch an acht Toren direkt beteiligt (drei Tore, fünf Vorlagen) und ein ständiger Unruheherd für den Gegner. Doch seitdem kamen nur noch zwei Scorerpunkte in zwei Bundesligaspielzeiten dazu.

Dem Mitgliedermagazin "BORUSSIA" sagte er erst im April 2021: "Mein Hauptjob ist verteidigen, nicht angreifen, absichern, vor der Viererkette bleiben. Meine Aufgabe ist nun einmal eine andere, als Scorerpunkte zu sammeln." Wenn man dies dennoch tut, ist das ein klarer Bonus gegenüber der Konkurrenz wie etwa Axel Witsel.

Stark im Zweikampf, aber wenig kreativ

Und wie sieht es mit Delaneys "Hauptjob" aus? Erfüllt er diesen deutlich schlechter als seine Konkurrenten? Gemessen an den Zahlen der vergangenen BL-Saison, in denen er mit Witsel, Dahoud und Bellingham verglichen wurde (Can spielte zu häufig Innenverteidiger), nicht:

  • 57 Prozent gewonnene Zweikämpfe sind hervorragend für seine Position. Beim BVB ist zwar Witsel besser (64 Prozent), aber Delaney platziert sich unter den Top 10 in der Bundesliga.
  • Außerdem gewann der Däne 75 Prozent seiner Tacklings, mit diesem Wert ist er ebenfalls einer der besten defensiven Mittelfeldspieler der Liga.
  • Für den BVB ist die Absicherung bei hohen Bällen wichtig. In der Luft gewinnt Delaney 71 Prozent seiner Duelle, Witsel 76. Jude Bellingham etwa gewann trotz seiner 186 cm Körpergröße nicht mal die Hälfte seiner Kopfballduelle.
  • Aber: Die Passsicherheit des 29-Jährigen ist nur durchschnittlich. Mit 84 Prozent fällt er gegenüber Witsel (94 Prozent) deutlich ab.
  • Kreativität: Hier mangelt es Delaney gegenüber Spielern wie Mo Dahoud oder Jude Bellingham (11 bzw. 14 Torschussvorlagen), die als "Achter" spielstärker sind und mehr Chancen kreieren. Der Däne legte nur fünf Torschüsse auf.

Der falsche Mann für den Rose-Fußball?

Eine andere Frage, die sich unter anderem Delaney stellt, ist die des Systems. In der Vorbereitung spielte der BVB mit nur einem Sechser, vieles deutet momentan auf eine Mittelfeldraute hin. "Ich mag das System, denn es bietet viele Möglichkeiten", äußerte sich Rose dazu. In Stein gemeißelt wird es aber niemals sein.

Ein wichtiges Credo von Marco Rose ist die taktische Flexibilität. Borussia Dortmund soll schwer ausrechenbar sein. Man wird also viele Grundformationen einstudieren, um zwischen Raute, Doppelsechs oder anderen Systemen switchen zu können.

Bereits in Mönchengladbach krempelte er im Sommer 2019 das fixe 4-3-3 in ein flexibleres System um. Tempo und Gegenpressing sind zwei wichtige Elemente bei Rose-Mannschaften. Der 44-Jährige ist eher ein "Gegen-den-Ball-" als ein "Mit-dem-Ball-Trainer".

Luftveränderung für "ziemlich kompletten" Delaney?

Delaney und Witsel sind zwei klassische Sechser mit ähnlichen Qualitäten. Schnelligkeit gehört nicht zwingend dazu. Sind zwei also einer zu viel? Oder sogar drei – wenn Emre Can zukünftig auf seine ursprüngliche Position im defensiven Mittelfeld zurückkehrt?

In Delaneys Spielerporträt auf der BVB-Website wird der Däne als "ziemlich komplett" beschrieben. "Unnachgiebiges Pressing und aggressive Zweikampfführung paart er mit dynamischen Läufen in die Tiefe", heißt es dort. Aber ist er auch komplett genug für den neuen Rose-Fußball?

Das System sei ihm egal, sagt er. "Ich will Fußball spielen, will laufen." Ob er dies zukünftig in Dortmund tut oder eine Luftveränderung der richtige Weg ist, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

Lars Wiedemann

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