29.09.2021 10:31 Uhr

Nagelsmann will den ferngesteuerten Profi

Julian Nagelsmann vom FC Bayern will mehr Hilfsmittel
Julian Nagelsmann vom FC Bayern will mehr Hilfsmittel

Der Fußball, sagt Julian Nagelsmann, könne vom Football viel lernen. Der Coach des FC Bayern fordert technische Hilfsmittel wie in der NFL.

Julian Nagelsmann war die Sache ein bisschen unangenehm. Die Fans, sagte der Trainer von Bayern München neulich fast verlegen, "regen sich über mein Geschrei auf". Das zeigten Dutzende Kommentare in den Sozialen Medien. Anders als mit lauten Ansagen dringt er aber oft nicht durch zu den Stars, erst recht nicht mehr, seit die Stadien wieder voller sind.

Doch Nagelsmann weiß Rat. Er will seine Spieler verkabeln - wie die Quarterbacks im Football. "Das ist etwas, was wir im Fußball unbedingt brauchen", sagte er, "idealerweise auch mit einer Verbindung zurück, dass der Spieler mit den Trainern kommunizieren kann." Wie bitte?

Nagelsmann ist sich darüber im Klaren, dass er hier an ein Tabu rührt. "Der Fußball ist ja oft noch sehr traditionsbewusst. Überspitzt gesagt: Alles so machen, wie es in den letzten 30 Jahren war und ja keine Neuerungen zulassen", sagte er dem "Münchner Merkur/tz". Dadurch würden allerdings große Chancen verpasst, "unseren Sport etwas moderner zu gestalten".

Seit der Saison 2018/19 ist elektronische Kommunikation in der Bundesliga erlaubt, aber nur zwischen Mitgliedern des Trainerstabs oder mit der medizinischen Abteilung. Die IFAB-Regel Nummer 4 ("Ausrüstung der Spieler") verbietet den Profis unter Punkt 4 "irgendeine Form von Elektro- oder Kommunikationsgeräten zu tragen oder einzusetzen".

Nagelsmann will das nicht länger hinnehmen. "Du musst auch mal den Vorstoß machen und sagen: Wir wollen das aber! Wir wollen etwas im Trikot haben, dass Spieler und Trainer kommunizieren können", sagte er.

Die Kollegen im Football hätten es da deutlich leichter, ihm bleibe "nur die Halbzeitpause, um taktische Dinge mit den Spielern zu besprechen". Zu wenig, findet er.

Auch in Sachen Spezialisierung von Trainern auf Mannschaftsteile oder detaillierte Anweisungen über sogenannte "Playbooks" könne der Fußball von der NFL lernen, glaubt Nagelsmann.

"Ich muss weniger schreien, die Fans sind weniger genervt"

Nach einem Austausch mit Andy Reid, dem Headcoach der Kansas City Chiefs, steht für ihn fest: Der Fußball verstecke sich zu oft noch immer hinter Traditionen, "das muss aufgebrochen werden".

Die Vernetzung zwischen Trainern und Spielern werde längst erprobt, berichtete Nagelsmann kürzlich. Ins Detail wollte er dabei nicht gehen.

"Ich will nicht schlaue Ingenieure auf den Plan rufen, die Ideen klauen", sagte er, nur so viel: "Es ist technisch möglich. Es gibt Mikrofone, die kein Gewicht haben. Es gibt auch schon Sender, die Laufdaten erfassen."

Der kurze Draht zu den Stars "wäre im Interesse des Fußballs", meinte Nagelsmann, "sofern der Trainer überwiegend gute Sachen erzählt."

Was den FC Bayern angeht, könnte der ferngesteuerte Profi "eine sogenannte Win-Win-Situation für alle Beteiligten" werden, meinte der 34-Jährige: "Ich muss weniger schreien, die Fans sind weniger genervt, und die Spieler verstehen mich besser."

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