"Nachlassverwalter" Säumel trat aus Ilzers Schatten

Andreas Schicker kann sich selbst noch einmal für Weitsicht gratulieren. Der Ex-Sportchef von Sturm Graz war es, der Jürgen Säumel als Trainer des Amateure-Teams installierte. Weil Schicker dann auch Christian Ilzer samt Staff nach Hoffenheim lotste, schlug im November 2024 Säumels große Stunde. Der 40-Jährige packte die Gelegenheit am Schopf, schaffte den Balanceakt zwischen Systemtreue und neuen Anreizen ohne viel Tamtam und darf sich nun bereits Meistertrainer nennen.
"Ich habe immer die Unterstützung von allen Beteiligten gefühlt, auch in schwierigen Momenten", sagte Säumel, der mit dem 7:0 gegen Klagenfurt und 1:0 gegen Girona - Sturms erstem Sieg in der Champions League nach 24 Jahren - fulminant gestartet war, danach aber auch Gegenwind erfuhr. Säumel und Mannschaft umschifften aber kritische Momente ("ein Gamechanger war das 0:3 gegen WAC") und durften am Samstag im Bundesliga-Showdown die Titelverteidigung feiern. "Ich freue mich brutal über die Meisterschaft, wir werden es richtig krachen lassen", versprach der frühere Sturm-Kapitän.
Säumel dankbar und selbstkritisch
Passend zu Säumels Vita brachte am Samstag sein früherer Förderer Franco Foda den Meisterteller ins Zentrum des Geschehens. "Er ist eine ganz wichtige Person in meiner Fußballkarriere", sagte Säumel in Richtung des früheren Sturmtrainers und ÖFB-Teamchefs. "Danke an Franco, danke an Markus Schopp, danke an Christian Ilzer", meinte der anfängliche Sturm-Interimstrainer, der danach mit einem Vertrag bis Ende 2026 ausgestattet wurde.
Der Meistertitel 2025 ist Säumels erster überhaupt, als Spieler war ihm das mit seinem Herzensclub nicht vergönnt. "Das zu verarbeiten wird ein bisschen dauern. Ich bin einfach dankbar. Ich weiß, dass ich als Trainer noch jung bin und mich bei vielen Sachen verbessern kann."
Klubboss großer "Jürgen-Säumel-Fan"
Die Klubführung um Sportchef Michael Parensen und Präsident Christian Jauk ließ auch nach schlechteren Spielen wenig Diskussion um Säumel aufkommen. "Man muss immer die innere Ruhe ausstrahlen, dass wir an das Team glauben. Der Glaube hat uns dorthin getragen, wo wir heute stehen, nämlich zum Meistertitel. Da freue ich mich, wenn ich als Präsident vielleicht einen kleinen Beitrag leisten durfte", sagte Jauk nun und bekannte allzu gerne, "ein großer Fan von Jürgen Säumel" zu sein.
Manches, wie der Einbau von Eigengewächsen, wurde dem Trainer vom Schicksal dieser Spielzeit aufgezwungen, doch gerade das passt in die Geschichte jenes Mannes, der einst T-Shirts vor dem Stadion verkaufte und als 18-Jähriger unter Foda in Rom gegen Lazio debütierte. Der Mittelfeldmann wurde zum Fanliebling, mit 20 jüngster Kapitän der Sturm-Geschichte, lernte nach dem Karriere-Ende als Spieler in Hartberg unter Schopp, im ÖFB-Team unter Foda und wurde auf Anhieb Meistertrainer. Säumel wollte das Erreichte nun im Schoße der Familie sacken zu lassen und sich selbst reflektieren. Klatschnass von den Bierduschen sagte er zufrieden: "Es ist für mich ein Privileg, Trainer von Sturm Graz zu sein."
apa