Prödl: "Ich werde mich gedulden müssen"

Sebastian Prödl durchlebt derzeit keine angenehme Zeit bei Werder Bremen. Dem ÖFB-Teamverteidiger macht ein Muskelfaserriss im Oberschenkel zu schaffen und Werder kommt in der Bundesliga nicht wirklich auf Touren. Im Rahmen der 2:3-Heimniederlage von Bremen gegen FSV Mainz sprach weltfussball mit dem ehemaligen Sturm-Graz-Spieler.
weltfussball: Wie geht es Ihnen mit Ihrer Muskelverletzung im Oberschenkel?
Sebastian Prödl: Bei Muskelverletzungen ist das Problem, dass man nie genau wissen kann, wie groß der Riss ist und wie lange die Verletzung zum Ausheilen braucht. Ich werde mich gedulden müssen und hoffe, dass ich in der Hinrunde noch eingreifen kann. Ich will jetzt aber keine genauen Prognosen abgeben, weil schon die erste nicht gestimmt hat.
Man sieht Sie also im schlimmsten Fall in Bremen erst wieder im Frühjahr?
Soweit will ich jetzt noch gar nicht denken, aber ich will nicht zu früh anfangen und zu früh etwas riskieren, denn dann ist vielleicht die Rückrunde gefährdet. Mein Ziel ist auf alle Fälle in der Hinrunde wieder dabei zu sein. Wenn es nicht möglich ist, muss ich mich noch gedulden. Aber das Risiko gehe ich nicht ein, dass ich dann in der Rückrunde verletzt bin.
Mit dem Nationalteam wurde die Qualifikation für Brasilien 2014 verpasst. Was war der Unterschied zu Schweden?
Ich glaube schon, dass wir den schöneren Fußball als die Schweden gespielt haben. Der Fußball ist leider so brutal eng, da entscheiden Kleinigkeiten. Im direkten Duell haben vier Minuten gefehlt auf die Schweden. Aber wir haben schon früh in der Qualifikation Probleme bekommen. Gegen Deutschland, auch wenn es hochtrabend klingt, hätten wir zu Hause punkten können. Danach haben wir in Kasachstan Punkte liegen gelassen.
Wie sehen Sie die Entwicklung im Team in den letzten beiden Jahren?
Wir haben uns sehr gut weiterentwickelt und einen Schritt nach vorne gemacht. Wir sind aber noch nicht am Ende angekommen. Ein guter Indikator sind ja auch immer die Fans. Die Initiativen auf Facebook, so viele Fans bei den Spielen im Stadion - das hat es lange nicht mehr gegeben. Ich glaube schon, dass wir eine Marke und auch eine große Identifikation geschaffen haben. Es macht wieder Spaß uns zuzuschauen.
Teamchef Marcel Koller hat bisher durchwegs auf einen Stamm gesetzt. Jetzt hat er in Spanien wieder neue Spieler dazu geholt.
Es war schon wichtig für uns Spieler, dass Koller einen Stamm gefunden hat, auch wenn nicht jeder immer in seiner Mannschaft gespielt hat. So haben wir sein System gelernt und wussten über seine Philosophie Bescheid. Du hast nicht allzu viel Zeit gemeinsam zu trainieren, deswegen ist es wichtig, dass der Stamm zusammen bleibt und es nicht zu viele Wechsel gibt. Am Anfang hat es etwas gedauert, aber jetzt hat er einen guten Stamm gefunden und es macht auch Spaß mit der Mannschaft. Natürlich musst du bei Verletzungen neue Spieler dazunehmen.
So wie jetzt gegen die USA?
Ein Einsatz gegen die USA ist für junge Spieler eine Riesenchance, so wie damals auch bei mir. Und die Jungen haben Gas gegeben. Da hat man schon gemerkt, dass jeder dabei sein will. Dass Martin Hinteregger seine Chance in der Innenverteidigung bekommen hat, lag natürlich auch daran, dass Emanuel Pogatetz und ich verletzt waren. Solche Chancen kriegt man im Fußball. Der Martin hat ein ein gutes Spiel gemacht und ist hinten solide gestanden. Wenn man auf die Ergebnisse der Nachwuchsmannschaften blickt, können wir hoffen, dass uns von dort Spieler in den nächsten Jahren helfen werden können.
Vor dem USA-Spiel ist das Nationalteam mit einem offenen Brief an eine österreichische Tageszeitung aufgefallen. Wäre das in Deutschland auch denkbar, dass man zu diesem Schritt genötigt wird?
Der Brief spricht für sich selbst, mehr gibt es dazu nichts zu sagen. Wir wollen das unkommentiert lassen.
Wie sieht es mit Ihrer Zukunft in Bremen aus?
Ich habe jetzt noch eineinhalb Jahre Vertrag. Mit dem Kopf bin ich bei der Verletzung und schaue, dass ich schnell wieder fit werde. Aber ich bin tagtäglich in der Kabine und bekomme alles mit, was in der Mannschaft vorgeht und wie wir taktisch spielen werden. Es kribbelt schon in einem, weil man mithelfen möchte. Es gibt viel zu tun, wir sind in einem schwierigen Jahr. Wir müssen viele Punkte sammeln, um Ruhe zu haben und nicht in einen Abstiegsstress zu kommen wie letzte Saison.
Ist der Nichtabstieg das eigentliche Ziel in diesem Jahr?
Abstieg ist für uns kein Thema. Um nicht in eine Stresssituation wie im Frühjahr zu geraten, wollen wir uns aber vom ominösen Strich in der Abstiegsregion so weit als möglich entfernen.
Seit Sommer spielt mit Florian Grillitsch ein weiterer junger Österreicher bei den A-Junioren und teilweise auch schon in der zweiten Mannschaft von Werder. Welche Tipps kann sich so ein junger Spieler bei Ihnen holen?
Ich bin bei jungen Spielern immer offen, wenn sie etwas brauchen oder Hilfe nötig haben. Er ist ein ganz ein freundlicher Kerl, ich habe ihn schon öfters auch in der Stadt getroffen und er hat mit uns mittrainiert. So einen jungen Österreicher nimmt man sich ja dann sehr gerne zur Brust. Wenn er was braucht, kann er sich immer bei mir melden und das weiß er auch. Bekanntlich kann der Verein derzeit keine großen Transfers machen und setzt auf die Jugend. Ich habe diese Situation in Graz damals selber erlebt mit den finanziellen Problemen. Wichtig ist, dass er seine Unbekümmertheit nicht verliert, am Boden bleibt und weiter Gas gibt. Dann wird er auch seine Chance bekommen.
>> Spielerprofil Florian Grillitsch
Machen Sie sich schon Gedanken über die Zeit nach Vertragsende mit Werder?
Ich fühle mich bei Werder sehr wohl, sonst hätte ich nicht verlängert. Aber ich kann mir schon vorstellen, irgendwann auch woanders Erfahrung zu sammeln. Wenn ich bei Werder alt werde, habe ich auch nichts dagegen. Dann mache ich das nach der Karriere.
Clemens Schotola
Das Interview wurde im Rahmen einer von Tipico und R.E.S. Touristik organisierten Pressereise geführt.