16.02.2016 14:25 Uhr

Von der Notwendigkeit eines Nationalstadions

Von der Entfernung immer noch schön anzusehen
Von der Entfernung immer noch schön anzusehen

In genau 115 Tagen wird im Stade de France die Europameisterschaft 2016 eröffnet. Das größte Stadion Frankreichs bietet 80.000 Zuschauern Platz, Österreich wird sein Gruppenspiel gegen Island am 22. Juni vor dieser beachtlichen Kulisse bestreiten.

Das ÖFB-Team ist also bei der EM und hat dies erstmals auf sportlichem Weg geschafft. An eine EM in Österreich ist hingegen in den nächsten Jahren nicht zu denken. Im Gegenteil: Selbst eine Bewerbung Wiens als Spielstätte bei der paneuropäischen EM 2020 wäre aussichtslos gewesen. Das Ernst-Happel-Stadion ist in die Jahre gekommen, entspricht längst nicht den internationalen Standards. Weder ein Finale der Champions League, noch ein Endspiel der Europa League könnten in Wien ausgetragen werden.

Anders als seine Heimstätte ist das Nationaleam obenauf. Die Verantwortlichen beim ÖFB äußerten bereits 2013 den Wunsch nach einem Nationalstadion, doch erst die starken Leistungen des Teams verliehen diesem tatsächlich Gehör. Seitens der Politik wurde jedenfalls Gesprächsbereitschaft signalisiert. Noch ist es aber lange nicht so weit.

Umfrage: Rund 38 Prozent für Neubau

In einer von ORF.at durchgeführten Umfrage sprachen sich rund 41 Prozent für einen Umbau des Happel-Stadions aus. Etwas weniger, nämlich etwa 38 Prozent waren für einen Neubau, die restlichen 21 Prozent waren der Meinung, dass keine baulichen Maßnahmen erforderlich wären.

Wer in den letzten Jahren das Happel-Stadion besucht hat, weiß, dass hier sehr wohl Handlungsbedarf besteht. Wien, das sich ob seines kulturellen Angebots großer internationaler Beliebtheit erfreut, ist prädestiniert als Austragungsort von Großveranstaltungen. Lediglich: Es fehlt der passende Ort.

Das Ernst-Happel-Stadion steht seit 2001 unter Denkmalschutz. Jegliche Veränderung bedarf einer Genehmigung des Bundesdenkmalamts. Dass dies weit weniger ein Hindernis darstellt, als es auf dem ersten Blick erscheinen mag, erklärt Rechtsanwalt Peter Sander im Rahmen eines Vortrags zum Thema Stadionbau in Österreich: Zum einen erfolgte die Unterschutzstellung des Happel-Stadions per Verordnung. Eine tatsächliche Beurteilung, ob das Stadion tatsächlich unter Denkmalschutz zu stellen ist, ist bis dato nicht vorgenommen worden. Außerdem könne ein Denkmal wieder aus dem Denkmalschutz entlassen werden.

Besonders beim Happel-Stadion drängt sich für den regelmäßigen Besucher die Frage auf, was hier genau schutzwürdig sein soll. Fest steht, dass aus rechtlicher Sicht jedwede Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt werden könnten. Bliebe noch die nicht unwesentliche Frage nach der Finanzierung, großteils durch die öffentliche Hand. ÖFB-Präsident Leo Windtner betonte diesbezüglich bereits in seiner Ausgangsforderung: "Man muss endlich auch in Österreich den Wert des Fußballs erkennen. Das ist eine Investition in die Gesundheit, Soziales und Integration.“

Aktuell beschäftigt sich die Politik im Rahmen der Strategie 2018 mit der Infrastruktur im Spitzensport. Sowohl ein Um- als auch ein Neubau stehen zur Diskussion. Die diesbezügliche Entscheidung solle noch heuer fallen, wie Sportstadtrat Andreas Mailath-Pokorny kürzlich wissen ließ.

Vom Wiener Prater- zum Ernst-Happel-Stadion

Sanierungsmaßnahmen hat das Happel-Stadion schon zahlreiche erfahren. 1931 im Rahmen der Arbeiterolympiade als Praterstadion eröffnet, beheimatete die von Otto Schweizer entworfene Sportarena das "Wunderteam" der 30er-Jahre. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Praterstadion als Kaserne und Internierungslager missbraucht und schließlich von den Bombenangriffen schwer im Mitleidenschaft gezogen.

Nach den Aufbauarbeiten erfolgte 1956 die Aufstockung auf drei Ränge. 91.150 Zuseher fanden fortan im Praterstadion Platz. 1959 kam es erneut zum Umbau, ehe in den Achtzigern die Zuschauerkapazität auf 50.000 beschränkt und die Gesamtüberdachung vorgenommen wurde, die - anders als der Rest des Stadions - noch heute dem Zeitgeist entspricht. 1993 wurde das Wiener Praterstadion in Ernst-Happel-Stadion umbenannt. Seinen letzten Aufputz erhielt das Stadion vor der Europameisterschaft 2008. Die meisten Maßnahmen wurden im Anschluss allerdings rückgängig gemacht.

Eine neuerliche Sanierung hält man seitens des ÖFB nicht für zielführend. "Das Ernst Happel-Stadion ist eine 'alte Dame', aber Kosmetikoperationen sind nicht mehr sinnvoll", meinte Windtner im Gespräch mit weltfussball.

Fest steht: Die Akzeptanz für einen Neubau ist groß wie nie, die zentrale Lage im Prater ideal. Der ÖFB braucht eine adäquate Spielstätte, um die positive Entwicklung sportlich und infrastrukturell fortsetzen zu können. Und nicht zuletzt soll Wien seinem Ruf als Weltstadt auch aus sportlicher Sicht gerecht werden.

Mehr dazu:
>> ÖFB-Boss fordert neues Nationalstadion

Angela Pfalz

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