Der Lauf des Gastgebers bei der Europameisterschaft geht weiter. In einem packenden Spiel im Marseille besiegte Frankreich am Donnerstagabend im Halbfinale Weltmeister Deutschland mit 2:0 und steht damit zum dritten Mal in einem EM-Finale. Zum Matchwinner avancierte Toptorschütze Antoine Griezmann, der beide Treffer besorgte. Im Endspiel wartet nun Portugal am Sonntag in Saint-Denis.

Die "Equipe tricolore" hat dann die Chance, bereits bei der dritten Endrunde im eigenen Land in Folge den Titel zu holen. Sowohl bei der EM 1984 als auch bei der WM 1998 hieß der Sieger Frankreich.

Die Franzosen begannen das zweite Halbfinale zehn Minuten lang mit einem Sturmlauf, ließen Deutschland dann aber die meiste Zeit nach Belieben schalten und walten. Dennoch gingen "Les Bleus" dank eines von Bastian Schweinsteiger verursachten Hand-Elfmeters unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff in Front. Griezmann erzielte in der zweiten Minute der Nachspielzeit seinen fünften Treffer im Turnier.

Während Deutschland in der zweiten Hälfte alles nach vorne warf, besorgte Griezmann in der 72. Minute nach einem schweren Fehler von Joshua Kimmich das 2:0. Diese Führung verteidigte Frankreich bis zum Schluss.

DFB-Team muss Startelf kräftig umbauen

DFB-Coach Joachim Löw hatte mit seiner Aufstellung überrascht, indem er im Mittelfeld Liverpool-Legionär Emre Can aufbot, der damit zu seinem EM-Debüt kam. Anstelle des verletzten Mario Gomez agierte Thomas Müller als zentrale Spitze. In der Abwehr rückte Benedikt Höwedes auf den Platz von Mats Hummels, der im Viertelfinale gegen Italien seine zweite Gelbe Karte gesehen hatte.

Sein Gegenüber Didier Deschamps vertraute der beim 5:2-Erfolg gegen Island so erfolgreichen Formation und setzte damit in der Innenverteidigung wieder auf den 22-jährigen Neo-Barcelona-Akteur Samuel Umtiti. Im rechten Mittelfeld spielte Moussa Sissoko, die zuletzt gesperrt gewesenen N'Golo Kante und Adil Rami mussten auf der Bank Platz nehmen.

Frankreich dominierte in der Anfangsphase mit leichtfüßigem Offensivspiel und setzte die DFB-Elf so gehörig unter Druck. Die beste Chance hatte Griezmann in der siebenten Minute, als der Star von Atlético Madrid mehrere Gegenspieler austanzte und mit einem Flachschuss an Manuel Neuer scheiterte.

Nach etwa zehn Minuten war das Furioso der Franzosen aber verpufft, Deutschland kam auf und seinerseits zu Möglichkeiten. Erst rutschte Müller (13.) glücklos in einen Can-Stanglpass, dann zwang der sehr präsente Can (14.) Frankreichs Torhüter Hugo Lloris mit einer Direktabnahme von der Strafraumgrenze zu einer ersten Großtat.

In der Folge kippte das Spiel vollkommen zugunsten der Deutschen, die bald bei knapp 70 Prozent Ballbesitz gelandet waren. Der Weltmeister verabsäumte es in dieser Phase aber, Kapital aus den flüssigen Kombination zu schlagen. Schweinsteiger (26.) prüfte Lloris einmal aus der Distanz, ansonsten blieb es bei Stückwerk. Frankreich wurde nur durch Freistoß-Versuche von Dimitri Payet (25.) und Paul Pogba (37.) gefährlich - ehe die erste Hälfte höchst turbulent zu Ende ging.

Hands-Elfmeter stellt Spiel auf den Kopf

Zunächst tankte sich Griezmann in der 40. Minute im Strafraum durch, schoss aber an der linken Stange vorbei. Kurz darauf lief Olivier Giroud alleine auf Neuer zu und wurde im Strafraum gerade noch von Höwedes am Abschluss gehindert. Als Schweinsteiger nach einem Eckball mit ausgestreckter Hand zum Ball ging, waren die ersten 45 Minuten schon abgelaufen. Schiedsrichter Nicola Rizzoli zeigte auf den Elfmeterpunkt, von wo Griezmann Neuer keine Chance ließ.

Die zweite Hälfte entpuppte sich für Frankreich mit der 1:0-Führung im Rücken als Abwehrschlacht. Wiederholt blieb Deutschland aber immer wieder in der Defensive der Hausherren hängen. Erschwerend hinzu kam für den dreimaligen Europameister der verletzungsbedingte Ausfall von Abwehrchef Jerome Boateng, der in der 61. Minute durch Shkodran Mustafi ersetzt wurde.

Während Deutschland offensiv weiter zahnlos blieb, präsentierte sich Frankreich vorne eiskalt. Der bis dahin starke Kimmich vertändelte im Strafraum gegen Pogba den Ball. Seine Flanke wehrte Neuer genau vor die Füße von Griezmann ab, der das Leder dann - durch die Beine des deutschen Schlussmanns - ins Tor spitzelte.

Deutschland versuchte in der Vorwärtsbewegung bis zum Schluss alles, allerdings kam vereinzelt auch Pech dazu. So traf Kimmich (74.) nach einem gekonnten Dribbling aus der Distanz nur die Außenstange. Julian Draxler (76.) verfehlte per Freistoß das Tor, Höwedes (82.) köpfelte drüber und in der Nachspielzeit rettete Lloris bei einem Kimmich-Kopfball noch in höchster Not.

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apa/red