13.12.2016 16:45 Uhr

ÖFB-Spitze zieht Bilanz und steht zu Koller

Windtner und Ruttensteiner stärkten Koller den Rücken
Windtner und Ruttensteiner stärkten Koller den Rücken

Österreichs Teamchef Marcel Koller kann in Ruhe Weihnachten feiern. ÖFB-Präsident Leo Windtner bestätigte am Dienstag bei der Jahres-Bilanz-PK in Wien einmal mehr, dass der Schweizer fest im Sattel sitzt. "Eine Diskussion über Marcel Koller wird seitens des ÖFB in keiner Weise ausgelöst, wir stehen für Kontinuität und ganz klar hinter ihm, alles andere wäre Spekulation", erklärte Windtner.

Rückendeckung bekam der zuletzt in Medienberichten mit dem FC Basel in Verbindung gebrachte Koller auch von ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner. "Er ist ein fantastischer Trainer und für mich der gleiche Fachmann wie 2015. Er hat sich 2016 nicht verändert, im Gegenteil vielleicht sogar noch mehr gearbeitet, um den Turnaround zu schaffen. Ich denke, dass er das Potenzial, die Motivation, den Enthusiasmus hat, diesen 2017 zu schaffen", betonte der 54-Jährige.

Die Nationalmannschaft hat ein durchwachsenes Jahr hinter sich. Nur je drei Siege und Remis stehen gleich sechs Niederlagen gegenüber. Nach dem enttäuschenden Aus in der Gruppenphase bei der EM folgte ein magerer Start in die WM-Qualifikation. Mit nur vier Punkten aus vier Spielen ist die Endrunde 2018 in Russland in weite Ferne gerückt. "Bezüglich dem Zugpferd Nationalteam müssen wir nüchtern feststellen, dass wir resultatsmäßig bei weitem nicht das Ziel erreicht haben, dass wir uns zu Beginn des Jahres gesetzt haben", ist sich Windtner bewusst.

Weitere Analyse in den "nächsten drei Monaten"

Deshalb gelte es nun in der Winterpause einiges nachzuarbeiten. "Rein die Rückbesinnung auf die tolle Strecke der EM-Quali wird nicht genügen. Wir haben eine komplett neue Situation, sind hintennach in der Tabelle, da ist für den Betreuerstab ein entsprechendes Umdenken gefordert", sagte Windtner. "Man wird sicher die eine oder andere neue Herangehensweise überlegen müssen, da ist der Sportdirektor gefordert mit dem Teamchef und dem Betreuerstab, Innovation miteinzubringen."

Irland (10), Serbien (8) und auch Wales (6) haben aktuell bessere Karten auf dem Weg zu einem WM-Fixticket. Über Rang zwei und das Play-off besteht aber auch noch die Möglichkeit, zur Endrunde zu kommen. "Ich glaube nach wie vor an unsere realistische Chance, was die Qualifikation für Russland betrifft. Voraussetzung dafür sind aber drei Punkte gegen Moldawien", erklärte der Oberösterreicher. Danach warten noch fünf weitere Partien. "Ich glaube, dass wir die nötige Qualität haben, dass es aber schwierig wird, daran gibt es keine Zweifel", so Windtner.

Ruttensteiner analysierte die Länderspiele des Jahres, die mit einem Torverhältnis von 12:17 endeten, gemeinsam mit Koller bis ins kleinste Detail. "Detailergebnisse sind intern zu verarbeiten und nicht öffentlich", betonte Ruttensteiner. Grob skizzierte er aber die Problemfelder 2016. "Im Durchschnitt ein Tor zu erzielen ist international zu wenig. Auf der anderen Seite kommt hinzu, dass wir 1,4 Tore pro Spiel kassiert haben, das ist auch etwas zu hoch, um sich zu qualifizieren. Wir müssen die Fehler minimieren, Ziel wäre es so stabil zu stehen, damit man unter dem Durchschnitt von einem Gegentor pro Spiel wie 2015 bleibt", resümierte der ÖFB-Sportdirektor.

Problemfeld Angriffsdrittel

Die Physis sei laut ihm kein entscheidender Punkt gewesen. "Es ist aber so, dass wir 2015 einen höheren physischen Aufwand betrieben haben. Etwas verschlechtert haben wir uns auch in punkto Balleroberung und -besitz im Angriffsdrittel, wir haben hier die Philosophie des Pressings etwas verlassen. Und auch das Spielglück hat gefehlt, um den ein oder anderen Punkt mehr zu machen, denn unsere Werte waren besser oder gleichauf im Vergleich zu unseren Gegnern", analysierte Ruttensteiner.

Windtner sah das ähnlich. "Von den letzten Quali-Spielen kann man schon behaupten, dass uns das Glück nicht gerade hold gewesen ist. Aber das alleine wäre zu wenig. Man muss dem Glück auch in die Schuhe helfen, das geht nur mit konsequenter Vorbereitung und konsequenter Leistung", bemerkte der ÖFB-Chef. Und Ruttensteiner ergänzte: "Ich denke, dass wir 2015 nicht so gut waren, wie wir dargestellt wurden, aber auch, dass wir 2016 bei weitem nicht so schlecht gespielt haben, wie es ab und zu geschrieben wurde."
>> Kollers Resümee: "Kein erfolgreiches Jahr"

ÖFB-Frauen leisteten 2016 Historisches

Nur positiv wurde hingegen über das Frauen-Nationalteam berichtet, dass dem ÖFB mit der erstmaligen Qualifikation für eine Endrunde eine "Sternstunde" bereitete. "Es ist das Ergebnis einer nachhaltigen Arbeit aus den letzten Jahren, die Bestätigung des konsequenten Weges im Frauenfußball", freute sich Windtner. Dieser werde durch die EM-Teilnahme hoffentlich "einen Rückenwind" erfahren.

Rückblickend sei die Schaffung des Nationalen Zentrums für Frauenfußball in St. Pölten ein richtiger, wenn auch nicht selbstverständlicher Schritt gewesen, wie Windtner betonte. 200 Interessentinnen beim letzten Tag der offenen Tür würden das große Potential belegen. Zudem hofft die ÖFB-Spitze auch, dass die "Großklubs" Frauenfußball künftig als "fixen Bestandteil ihres Portfolios" sehen würden.

Nachwuchs konstant gut

Zufrieden war der ÖFB auch mit der Entwicklung der Nachwuchsauswahlen. Platz neun im UEFA-Ranking bei der U17, Platz vier bei der U19 und Platz 21 bei der U21 (jeweils männlich) seien laut Ruttensteiner "für eine kleine Nation sensationelle Erfolge. Damit es die auch in Zukunft gibt, soll auch das Projekt 12 mithelfen. Das ist für weitere drei Jahre auf Schiene. Auch dadurch soll Österreichs Nachwuchs in Zukunft fast lückenlos bei Endrunden dabei sein.

Erklärtes Ziel ist für Ruttensteiner die Minimierung des Abstands zu Topnationen in der Nachwuchsarbeit wie Spanien und Deutschland. Dies funktioniere nur über individuelle Betreuung der besten Talente. "Im Mannschaftsverbund ist die Reizsetzung zu oberflächlich", erklärte Ruttensteiner dazu.

Allerdings geht es nicht nur um Elitenförderung. "Zivilisationskrankheiten gibt es schon im Jugenalter", mahnte Windtner. Initiativen wie die "Tägliche Turnstunde" im Schulunterricht würden seitens des ÖFB ausdrücklich unterstützt werden. Außerdem sind derzeit mit anderen Dachverbänden Gespräche über die Entwicklung von "Ballschulen" im Laufen.

ÖFB betont integrativen Faktor

Auch was den Breitensport anbelangt, bilanzierte der ÖFB in diesem Jahr positiv. Die Anzahl der aktiven Fußballer hätte sich um vier bis fünf Prozent erhöht und sei im europäischen Vergleich bemerkenswert, so Sportdirektor Ruttensteiner. Neben der wirtschaftlichen Zugkraft des Fußballs, wurde auch der integrative Faktor hervorgehoben: "Es gibt viele gute Initiativen im soziopolitischen Bereich", meinte Windtner. Fußball diene Menschen mit Migrationshintergrund als Anknüpfungspunkt. "Das wird uns als Dauerthema begleiten. Aber der Ball verbindet alle gleich."
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apa/red

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