23.11.2018 17:30 Uhr

Popović: "Die Spieler arbeiten fantastisch"

Ranko Popović taugt's beim SKN St. Pölten
Ranko Popović taugt's beim SKN St. Pölten

Sturm-Legende Ranko Popović hat den SKN St. Pölten auf Platz zwei übernommen. Im Cup brachte er die "Wölfe" eine Runde weiter. In der Liga gelang in den ersten vier Versuchen noch kein Sieg. Beunruhigen tut ihn das aber nicht.

Im Interview mit weltfussball.at zeigt Popović sich begeistert über die Einstellung seiner Spieler, verrät auch etwas über die Motivationskünste von seinem Trainervorbild Ivica Osim, wie es war, Superstar Diego Forlan nicht immer durchspielen zu lassen.

Weltfussball:Sie sind fünf Wochen hier. Wie gefällt Ihnen St. Pölten und wie sind die Arbeitsbedingungen beim SKN?

Popović: "Die Arbeitsbedigungen sind sehr gut. Es hat sich viel verändert in den zwölf Jahren, wo ich weg war. St. Pölten gefällt mir gut. Ich war vorher noch nie hier, auch nicht als Tourist. Die Infrastruktur ist hervorragend, das Stadion wunderschön. Nur müssen wir uns bemühen, dass bisschen mehr Leute kommen.

Ihr Co-Trainer Vlado Grujic spielte für VSE St. Pölten, er wird sich "gewundert" haben.

Das ist 25 Jahre her. Ja, er hat noch mehr Freude über die Bedingungen. Er kennt noch das alte Stadion und die Trainingsplätze.

Man hört, Sie sprechen viel mit den Spielern?

Das bin ich. Ich bin direkt. Wir sehen uns jeden Tag und wollen eine gute Atmosphäre. Für mich ist jeder Spieler auch als Mensch wichtig. Tratsch interessiert mich nicht. Wenn ein junger Spieler aber private Probleme hat, überträgt sich das auch auf den Platz. So etwas können wir gerne besprechen, dann profitieren alle.

Ich will auch nicht haben, dass die Spieler ein Leben wie im Kloster haben. Wenn jemand ein Bier trinken will, dann ist es besser, wenn er einmal eines trinkt. In Spanien sind die Spieler in der Nacht vor dem Spiel kaserniert und dürfen ein Glas Rotwein trinken. Das ist Kultur! In meiner Zeit bei Sturm war es auch nicht verboten ein Bier zu trinken. Man muss nur wissen wann und wieviel. Da tragen die Spieler selbst die Verantwortung. Ich habe eh einen Scanner und sehe, wenn jemand nicht fit zum Training kommt.

Sie sind der erste SKN-Trainer mit viel Auslandserfahrung. Was haben Sie mitgenommen?

Die österreichische Mentalität kenne ich, habe lange hier gelebt. Manche sind sehr vorsichtig bei Unbekannten und Fremden. Ich bin komplett offen und versuche mich immer anzupassen. Ich mache immer ersten Schritt. Egal wo. Respekt für die Kultur, die Mentalität und für das Alltagsleben ist überall wichtig. Du musst allen die Möglichkeit geben, dich kennen zu lernen. Die gemeinsame Sprache öffnet die erste Tür.

Eines Ihrer Vorbilder ist Ivica Osim?

Ivica Osim war für mich der Mensch, der den größten Einfluss auf meine Karriere hatte und am meisten für mich getan hat. Ich würde ihn sogar als meinen "Fußballvater" bezeichnen. Als Trainer hat er dich provoziert, damit er dich motiviert. "Bravo, du warst gut", hat er nie gesagt. Wenn du gut warst, hat er gesagt: "Was glaubst du? So kann ich auch noch spielen".

Darko Milanič und ich mussten in einem Cup-Match gegen den LASK Geir Frigård und Vidar Riseth bewachen, einen super Stürmer und einen Riesen. Osim sagte vorher zu uns in der Kabine laut, damit es ja alle hören. "Das wird schwer. Ihr zwei könnt' ja normal nicht einmal zwei gezeichnete Schafe festhalten". 2:0 haben wir dann gewonnen.

Heute muss man aber mehr loben, jemand reizen ist sehr riskant. Bei uns hat es geholfen. 90 Prozent aller Jungen wollen aber oft gelobt werden. Darauf muss ich mich als Trainer einstellen.

Wie war es als Trainer von Topspielern wie Forlan oder Vallejo?

Diego Forlán ist vier Jahre nachdem er bester Spieler bei der WM war zu uns nach Osaka gekommen. Er hat lange nicht gespielt, kam direkt von der Hochzeitsreise. Ich hab ihm gesagt "die Zuschauer wollen dich wie 2010 spielen sehen", darauf haben wir gemeinsam hingearbeitet. Er hat eine unglaubliche Professionalität und Respekt gegenüber meiner Person und meinen Entscheidungen gezeigt. Natürlich war er manchmal unzufrieden, aber er hat immer das Positive aus diesen Situationen mitgenommen. Monate später hat er mich angerufen und sich bedankt, dass ich ihn geschützt habe.

Vallejo (Bild unten) ist ganz anderer Spieler. In seiner Anfangszeit hatte er noch nicht vollstes Vertrauen in den eigenen Körper, weil er noch mehr erreichen wollte und deshalb während des Spiels verkrampfte. Ich habe ihn bei Zaragoza mit 18 zum Kapitän gemacht und wurde dafür heftig kritisiert. Wie dann die U21 Spaniens Europameister geworden ist, hat er den Pokal als Erster gestemmt und nicht Marco Asensio, Dani Ceballos oder Marcos Llorente, die heute alle bei Real spielen. Und schon war er noch zwei, drei Millionen mehr wert. Wenn ich Diego Ricoh aufgestellt habe, haben sie ihn immer ausgepfiffen. Über die 15 Millionen aus Bournemouth haben sie sich aber nachher schon gefreut. Zaragoza und Valencia gelten als die schwierigsten Plätze in Spanien, was die Kritik der Fans betrifft.

St. Pölten ist ja auch nicht gerade das leichteste Pflaster. In den sozialen Medien kommen Sie bislang nicht gut weg.

Ich respektiere diese Meinungen. Ich lade aber alle einmal ein, sich eines unserer Trainings anzuschauen (Donnerstagvormittag kiebitzte bei 3 Grad und Nieselregen außer weltfussball.at nur Maskottchen "Lupo", Anm.) Andere sagen, dass das Spiel gegen den LASK eines der besten der letzten Jahre war. Zuletzt haben wir einen Punkt in Graz gemacht. Wie oft hat das der Verein schon geschafft? Wir brauchen auf alle Fälle jeden Fan, der uns im Stadion und der täglichen Arbeit unterstützt, um unser Ziel zu erreichen. In diese Richtung arbeiten wir. Ich selbst brauche keine soziale Medien, brauche keine Werbung für mich machen. Ich bin kein Manipulator.

Personell haben Sie wenig verändert. Michael Ambichl bekommt wieder mehr Spielzeit.

Michi ist sehr wichtig. Er hat das Potenzial, genau das zu spielen, was ich will. Gegen LASK hat das sehr gut funktioniert, gegen Sturm eine Zeit lang. Früher sind wir tiefer gestanden und haben mit langen Bällen herausgespielt. Darauf haben sich die Gegner schon eingestellt und sie haben auch mehr Respekt vor uns als noch vor Saisonbeginn.

Ziel bleibt das Meister-Playoff?

Sicher. Wir möchten oben dabei sein und unser Spiel variabler gestalten. Das heißt aber nicht, dass wir nur auf Ballbesitz aus sind. Für uns ist es wichtig, gegen jede Mannschaft das richtige Mittel zu finden und uns entsprechend auszurichten. Ich möchte immer Biss sehen und die Identifizierung mit dem Trikot. Viele sind von irgendwo gekommen, arbeiten aber fantastisch. Dieses Emblem bedeutet ihnen etwas.

George Davies holte als Leihspieler in Lettland beim Riga FC unter Viktor Skripnik das Double. Kommt er im Jänner zurück?

Darüber haben wir noch nicht konkret gesprochen. Es ist aber durchaus möglich, dass er uns weiterhelfen kann.

Stimmt es, dass Sie Ihr letztes Match-Trikot von Sturm Teddy Sheringham bekommen hat?

Ja, in der Champions League gegen Manchester United. Wir haben uns dann bei einem Spiel in Kalkutta wieder gesehen. An das Trikot hat er sich nicht mehr erinnert, an mich als Gegenspieler schon.

Das Interview führte Thomas Schöpf

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