11.06.2017 13:30 Uhr

Die Wampen voll mit Fisch – so gewinnt der ÖFB

"Einen Bissen für die Mama. Einen für den Onkel Didi" - Denis Irwin steht das Grauen ins Gesicht geschrieben

Wovor hat das irische Nationalteam bei Spiel gegen Österreich die größte Angst? Vor dem linken Pratzerl von David Alaba? Vor Guido Burgstallers kraftvollem Antritt? Vor dem präzisen Passspiel von Zlatko Junuzović? Falsch, falsch und falsch. Nichts ist so furchteinflößend, wie das panierte Geheimnis des letzten ÖFB-Erfolgs in Dublin vor exakt 22 Jahren. Hier ist die legendäre Geschichte der Harry Ramsden's Challenge:

Die Ausgangslage war prekär. Irland war im Gegensatz zu Österreich erfolgsverwöhnt. In der Ära von Legende Jacky Charlton erreichte man bei der WM 1990 das Viertelfinale, 1994 schied man im Achtelfinale aus. Die EM 1996 fand in England statt, was eigentlich einen Iren in der Qualifikation ausreichend motivieren sollte.

Alles sah auch ganz danach aus. Nach fünf Spielen hatte Irland 13 Punkte am Konto, nach dem 1:0-Heimsieg gegen Portugal schien das Ticket für die kurze Überfahrt gebucht. Dann aber patzte das Team rund um Roy Keane, Niall Quinn und Denis Irwin beim 0:0 auswärts gegen Liechtenstein und war plötzlich unter Zugzwang.

Eine Woche später stand das Spiel gegen Österreich im Stadion an der Lansdowne Road am Programm. Ein Spiel, in dem beide Teams gehörig unter Druck standen. Um sich darauf bestmöglich vorzubereiten, bezog Irland ein Trainingslager in Limerick. Jack Charlton war allerdings einige Tage nicht anwesend, da er Gruppengegner Nordirland im Spiel gegen Lettland beobachten wollte.

Auf was für Gedanken könnte wohl ein gestandener irischer Nationalspieler im Jahr 1995 kommen, wenn im Teamcamp der Aufpasser fehlt?

"Bitte nicht mehr als sechs Pints"

"Wir sind saufen gegangen, als wir es nicht sollten. Wahrscheinlich vier Tage am Stück", erinnerte sich John Aldridge. Als auch noch der Co-Trainer zu einem Promotion-Termin musste, witterten die Spieler ihre nächste Chance auf eine durchzechte Nacht, denn nur noch der Sohn des Trainers war vor Ort.

"In feinstem Zwirn warteten wir auf eine Flotte Taxis, als John Charlton herunterkam und einen halbherzigen Versuch unternahm, uns zur Vernunft zu bringen. 'Bitte Burschen, versucht wenigstens nicht mehr als sechs Pints zu trinken', bettelte er uns an. Wir lachten nur", schrieb Niall Quinn in seiner Autobiographie.

Der irische Fußballverband bestrafte das Team für den Ausflug auf seine Art und Weise. "Sie mieteten den ältesten Bus in ganz Irland, um uns nach Dublin zu bringen. Das war das Gegenteil des Films 'Speed'. Wenn er schneller als 40 Meilen pro Stunde gefahren wäre, wäre er explodiert", erinnerte sich Quinn.

Das Trainingslager war also ein vollkommenes Desaster. Aber die Geschichte wird noch besser. Am Abend vor dem Spiel gegen Österreich stand das irische Abschlusstraining am Programm. Am Weg dorthin machte das Team aber noch bei der Eröffnung einer Filiale der Fish and Chips Kette Harry Ramsden's Halt. Weil Trainer Jack Charlton Anteile am Restaurant hatte. Und ein bisschen Publicity kann schließlich nicht schaden.

Die dortige Mission: Harry's Challenge bezwingen. Einen riesengroßen panierten Fisch und Pommes runterwürgen, um dann als Belohnung auch noch eine Nachspeise zu bekommen. Ein echter Ire sagt zu so etwas natürlich nicht nein. Aber es stand ja noch das Abschlusstraining am Programm.

"Es war so peinlich"

"Zwanzig Minuten später wankten wir über den Platz und stöhnten. Am Abend vor einem Spiel, bei dem der Sieg Pflicht war. Wir rülpsten, furzten und konnten uns vor Lachen nicht halten", schrieb Quinn später.

Am nächsten Tag gewann Österreich 3:1. Alle Tore fielen in der Schlussphase. "Ein paar von uns haben berichtet, dass sie 20 Minuten vor dem Ende vollkommen im Arsch waren. Aber immerhin haben sie Harry's Challenge bestanden", meinte der damals verletzte Roy Keane in seiner Autobiographie. "Es war so peinlich", erinnerte sich Ronnie Whelan.

Und Österreich? "Die Geschichte ist großartig. Aber an dem Tag war es uns nicht bewusst, dass die irischen Spieler durch Bier und Fish and Chips große Probleme hatten. Wir haben uns nur auf uns konzentriert. Dem irischen Torhüter kann man aber bei meinen zwei Toren keinen Vorwurf machen", meinte Toni Polster gegenüber weltfussball.

Jack Charlton zeigte sich in der Retrospektive keiner Schuld bewusst: "Ich mochte den Fisch. Und die Spieler mochten den Fisch auch." Kurze Zeit später quittierte der Weltmeister von 1966 den Job und eine Ära war beendet.

Was bleibt also jetzt, 22 Jahre später vor einem ähnlich wichtigen Spiel Irland gegen Österreich zu sagen? Enjoy your fish and chips, lads!

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Johannes Sturm

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