Von wegen unten mit den Hühnern herumpicken! Die Hobbykicker der Dorking Wanderers haben sich gehörig gemaustert und kreisen bald in der National League.

Bis vor kurzem war Dorking bloß Hühnerfans ein Begriff. Von dort stammt die gleichnamige Haushuhnrasse, die robust, friedlich, brutfreudig und daher überaus beliebt ist. Mittlerweile kennen Dorking aber zumindest in England zahlreiche Fußballfans, denn die Wanderers sind britische Aufstiegsrekordler!

Seit ihrer Gründung 1999 sind die Dorking Wanderers elf Mal aufgestiegen und stehen nun schon unmittelbar vor ihrem 12. Coup. Samstag fertigten sie in der National League South die Concord Rangers 7:2 ab und können drei Spieltage vor Schluss nur mehr theoretisch aus den Top 3 und damit von einem Aufstiegsplatz in die National League (fünte Liga) verdrängt werden.

"Wir feiern erst, wenn alles sicher ist, wenn wir diesen einen Punkt noch geholt haben", hielt Manager Marc White nach dem Kantersieg gleich fest, "wir wissen selbst am besten, welch komische Dinge im Fußball passieren können."

Für schlanke fünf Pfund dabei

White ist Klubchef und Trainer von Dorking und war Spieler der ersten Stunde. Als sein Herzensverein Wimbledon FC die Segel strich, beschloss er fortan lieber selbst zu kicken. "Wir waren 14 Freunde und haben uns die niedrigste Liga gesucht, in der samstags gespielt wird", erinnerte er sich in eingem "Guardian"-Interview 2019. Das war die Crawley & District League. "Für den Platz haben wir jeder einen Fünfer bezahlt."

Nach ein paar Aufstiegen konnte White am Spielfeld nicht mehr mithalten und widmete sich voll und ganz der Organisation. Sein Freund Calum Best (Sohn von George Best) legte ihm die Rutsche zu Gary Neville, der für Uniteds Trainingsgelände in Stretford verantwortlich zeichnet und White mit ein wertvollen Tipps half. Wenngleich sich White noch mit außergewöhnlichen Anrainern arrangieren musste: "Einer hat sich aufgeregt, dass unser Flutlicht seine Sternwarte ruiniert hat."

Schließlich spielte den Wanderers der Konkurs von Nachbar Dorking FC in die Karten. Gleich mehrere Spieler des Traditionsklubs wechselten ablösefrei zu den Wanderers, die dann auch noch in deren verwaistes Stadion (Meadowbank) einziehen durften, das später mit Hilfe der Stadt um fünf Millionen Pfund generalsaniert wurde und seither 3.000 Zuschauern Platz bietet.

White ist mittlerweile erfolgreicher Geschäftsmann, kann aber nicht loslassen von seinem "Hobby", den Wanderers. Als Trainer hätte er schon in die League Two (vierthöchste Spielklasse) wechseln können: "Zwei, drei konkrete Angebote hatte ich. Aber dorthin will ich nur mit den Wanderers." Das sei dann auch der Plafond für den 17.000-Einwohner-Ort sündlich von London. Wenn nicht plötzlich ein Investor seine große Hühnerliebe entdeckt.

Thomas Schöpf