11.06.2025 07:21 Uhr

Sieg als Randnotiz: Rangnick schockiert

Rangnick nach WM-Quali-Sieg in San Marino nachdenklich
Rangnick nach WM-Quali-Sieg in San Marino nachdenklich

Der 4:0-Pflichtsieg der ÖFB-Auswahl in San Marino war am Dienstag nicht viel mehr als eine Randnotiz. Der Amoklauf in Graz warf einen dunklen Schatten auf den zweiten Sieg im zweiten WM-Quali-Spiel - nicht nur die Mannschaft, auch Ralf Rangnick war von der Tragödie in der steirischen Landeshauptstadt schwer gezeichnet. Dementsprechend begann der Teamchef die Pressekonferenz nach dem Match mit den Worten: "Heute ist ein besonders tragischer Tag für ganz Österreich."

Rangnick und sein Betreuerstab informierten die Spieler am Dienstagvormittag über die Ereignisse. "Erst über den Tag hinweg wurde man sich dessen bewusst, was passiert ist", erzählte der 66-Jährige und meinte, er habe "einen seiner schwierigsten Tage als Trainer" erleben müssen.

Am 11. September 2001 war Rangnick als Hannover-Trainer in einem Testspiel im Einsatz, in schlimmer Erinnerung ist ihm auch noch der Amoklauf von Winnenden und Wendlingen am 11. März 2009 nur wenige Kilometer von seiner Heimatstadt Backnang entfernt, als 16 Menschen ums Leben kamen. Rangnick arbeitete damals als Coach von Hoffenheim.

Rangnick: "Nicht nur Demokratie, auch Gesellschaft beschützen"

Derartige Ereignisse stimmen den Nationaltrainer nachdenklich. "Wir leben in einer Zeit, in der verrückte Sachen auf der ganzen Welt passieren." Man müsse "nicht nur die Demokratie beschützen, sondern auch die Gesellschaft", forderte Rangnick und blickte auf aktuelle Krisenherde wie etwa den Ukraine-Krieg. "Wir haben Krieg mitten in Europa, einen völlig sinnlosen Krieg. Und wenn man nach Israel und Gaza schaut, da passieren sehr viele verrückte Sachen."

Rangnicks Appell lautete: "Wir müssen in der heutigen Zeit alle aufeinander aufpassen und Kinder und Jugendliche so groß werden lassen, wie es früher bei uns war. Das hat sehr viel mit Beziehung, Vertrauen und Empathie zu tun, da kann jeder seinen Beitrag leisten." Außerdem meinte der Teamchef: "Es geht um die zwei Pole Angst und Liebe. Ohne pathetisch zu werden, glaube ich, dass wir alle dafür sorgen können, dass dieser Pol der Liebe viel mehr in den Vordergrund rückt."

Angesichts der tragischen Ereignisse hatte Rangnick vor dem Anpfiff in Serravalle auf eine klassische Mannschaftsbesprechung verzichtet. "Ich habe den Jungs gesagt, sie können trotzdem ihren Beitrag leisten, indem sie das Spiel so angehen, wie es sich gehört." Deshalb sei es auch wichtig gewesen, dass die Partie überhaupt stattgefunden hat.

Leistung in San Marino "absolut in Ordnung"

Rangnicks Schützlinge überzeugten vor allem vor der Pause. "Die Spieler sind es in der ersten Hälfte sehr seriös angegangen. Das war die Antwort, die wir für das Land und die Zuschauer geben konnten." Nach dem Seitenwechsel habe man durch die vielen Wechsel "ein bisschen den Rhythmus verloren, und der Gegner hat bis zum Schluss so gespielt, als ob es um alles ginge". Am Ende sei die Leistung des ÖFB-Teams "absolut in Ordnung" gewesen, bilanzierte Rangnick.

Der nächste Lehrgang wartet im September mit den Partien gegen Zypern (6. in Linz) und Gruppen-Spitzenreiter Bosnien-Herzegowina (9. in Zenica). Bis dahin sollte David Alaba wieder zur Verfügung stehen und Xaver Schlager im Vollbesitz seiner Kräfte sein. "Wenn wir halbwegs komplett sind, sind wir in der Lage, gegen jeden Gegner zu gewinnen, und ich bin auch fest davon überzeugt, dass wir uns dann für die WM qualifizieren würden. Aber man muss abwarten", sagte Rangnick mit Hinweis auf die vielen Verletzungsprobleme in der jüngeren Vergangenheit.

apa

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