06.07.2018 08:06 Uhr

Ferenc Puskás: Der galoppierende Major

Einer der ganz Großen: Ferenc Puskás
Einer der ganz Großen: Ferenc Puskás

Ferenc Puskás war einer der größten Fußballer aller Zeiten. Der Ungar war zeitlebens ein Superstar, den ultimativen Triumph verwehrten ihm aber ausgerechnet die Deutschen.

4. Juli 1954. Schweiz, Bern. Die deutsche Nationalmannschaft hat auf wundersame Art und Weise das Endspiel der Weltmeisterschaft erreicht. Auf der anderen Seite des Spielfeldes stehen die hochfavorisierten Ungarn. In ihrer Mitte der Star und damals beste Fußballer der Welt. Ferenc Puskás.

Gerade einmal 360 Sekunden braucht der damals 27-Jährige, um das 1:0 zu erzielen. 84 Minuten später allerdings steht es 2:3, Deutschland gewinnt. Helmut Rahn hatte aus dem vielzitierten Hintergrund geschossen und Puskás so seine schlimmste Niederlage zugefügt. Für den "Ungarischen Fuchs" sollte es das einzige WM-Finale bleiben.

Fünf Optionen

Dennoch gehört Puskás zweifellos zu den ganz Großen seines Fachs. Die Wahl in die FIFA 100, als einziger ungarischer Spieler, die Auszeichnung zum Weltfußballer des Jahres 1953 und zahlreiche weitere individuelle Ehren zeugen von einer beeindruckenden Karriere, die 1943 in Diensten von Honvéd Budapest begann. Für den Hauptstadtklub spielte Puskás zwölf Jahre.

Es folgt das Jahr 1956. Die Ungarn erheben sich gegen die sowjetische Besatzungsmacht und streben nationale Unabhängigkeit an. Die politische Führung in Moskau lässt sich das nicht bieten. Anfang November schlägt die Rote Armee den Aufstand auf blutige Art und Weise nieder.

Ähnlich wie Sándor Kocsis oder Nándor Hidegkuti bleibt auch Puskás im Westen. Nun gelten sie als Deserteure. Hinzu kommt eine zweijährige Sperre der FIFA, die den Stürmer vorerst blockierte. Nach Ablauf der Strafe ist der Angreifer übergewichtig und völlig außer Form. Dennoch entscheidet Santiago Bernabéu Yeste, damaliger Real-Präsident, dem Ungarn eine Chance zu geben.

"Wenn ein guter Spieler den Ball hat, hat er jederzeit drei mögliche Anspielstationen im Auge", erklärte Nationalmannschaftskollege Jenő Buzánszky einst. Puskás habe zu jedem Zeitpunkt mindestens fünf Optionen gesehen. Er enttäuschte die Erwartungen nicht, übertraf sie gar. In der spanischen Hauptstadt spielte er auf einem eigenen Level. Doch Puskás war nicht nur ein begnadeter Torjäger.

Querpass zu di Stefano

Auch in seiner Rolle als Anführer ging er auf. Während seiner Zeit bei den Madrilenen versuchte er nicht, den Vortänzer des weißen Balletts zu geben. Stattdessen stellte der Ungar sein Temperament zurück und ordnete alles dem Erfolg des Teams unter.

In seiner ersten Spielzeit gingen Puskás und Lokalmatador Alfredo di Stefano mit derselben Anzahl an Toren in das letzte Saisonspiel. Gegen Ende der Partie hatte der Ungar die Möglichkeit, selbst ein Tor zu erzielen, entschloss sich aber, auf di Stefano zu warten und den Ball querzulegen. Er war sich der Probleme bewusst, die aufgekommen wären, wenn er und nicht der Argentinier die Saison als Top-Torschütze beendet hätte.

Vergleiche mit Best

Außerhalb des Grüns ließ Puskás oftmals weniger Disziplin walten. Es ist überliefert, dass er weder die spanische, noch die englische Sprache je lernte. Lediglich ein Wort habe er beherrscht: "Whisky". Vor seinem Antritt bei Real musste er knapp 18kg abnehmen. Sein hektisches Leben abseits des Lederballs brachte ihm viele Vergleiche mit dem Iren George Best ein.

Doch eine olympische Goldmedaille, WM-Silber, fünf ungarische Meisterschaften, fünf spanische Ligatitel, ein europäischer Supercup und vier Torjägerkanonen in der spanischen Liga zeichnen das Bild eines Fußballers, dessen Errungenschaften die eines George Best doch deutlich überstrahlen. So bleibt Ferenc Puskás für immer unvergessen.

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Ralf Amshove

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