Deutschlands vorläufiger WM-Kader steht

Der deutsche Bundestrainer Joachim Löw hat 27 Mann in den vorläufigen DFB-Kader für die Weltmeisterschaft 2018 in Russland nominiert und dabei für ein paar Überraschungen gesorgt.
Mit Überraschungsmann Nils Petersen und noch neun Weltmeistern um den angeschlagenen Kapitän Manuel Neuer, aber ohne Rio-Held Mario Götze geht die deutsche Nationalmannschaft in ihre historische Mission Titelverteidigung. Während Joachim Löw bei der WM in Russland (14. Juni bis 15. Juli) auf den formschwachen Götze verzichtet, setzt der Bundestrainer mit seinem vorläufigen, 27-köpfigen Aufgebot auf eine schnelle Rückkehr Neuers - und Joker Petersen.
Petersen, mit 15 Toren bester deutscher Schütze in der abgelaufenen Bundesligasaison, stach Sandro Wagner aus, der im Gegensatz zu Mario Gómez fehlt. Dabei sind İlkay Gündoğan und Mesut Özil trotz ihres heftig kritisierten Treffens mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan.
DFB-Team: Löw verlängert bis 2022
Für den angeschlagenen Abwehrchef Jérôme Boateng steht Löw, der seinen Vertrag ebenfalls am Dienstag bis 2022 verlängerte, der Leverkusener Jonathan Tah als Backup bereit. Auch Marco Reus bekommt eine Chance, sich für den endgültigen, 23-köpfigen Kader zu empfehlen, den Löw bis 4. Juni bei Weltverband FIFA melden muss.
Weil Neuer nach seinem Fußbruch im September noch immer auf sein Comeback wartet, nimmt Löw mit dessen Stellvertreter Marc-André ter Stegen, Bernd Leno und Kevin Trapp gleich vier Torhüter mit ins Trainingslager nach Südtirol (23. Mai bis 7. Juni). Dort könnte sich Neuer bei den internen Testspielen gegen die U20 die nötige Spielpraxis holen. Vor der WM stehen zudem noch zwei Länderspiele gegen Österreich in Klagenfurt (2. Juni) und Saudi-Arabien in Leverkusen (8. Juni) an.
Die Mannschaft bricht am 12. Juni von Frankfurt/Main aus nach Russland auf, wo sie in Watutinki nahe Moskau ihr Quartier beziehen wird. Am 17. Juni startet sie in Moskau gegen Mexiko ins Turnier, weitere Gruppengegner sind Schweden (23. Juni in Sotschi) und Südkorea (27./Kasan). - Das vorläufige deutsche WM-Aufgebot:
Deutschlands vorläufiger Kader für die WM 2018
Tor: Manuel Neuer (Bayern München), Marc-André ter Stegen (FC Barcelona), Bernd Leno (Bayer Leverkusen), Kevin Trapp (Paris St. Germain)
Abwehr: Jérôme Boateng (Bayern München), Matthias Ginter (Borussia Mönchengladbach), Jonas Hector (1. FC Köln), Mats Hummels (Bayern München), Joshua Kimmich (Bayern München), Marvin Plattenhardt (Hertha BSC), Antonio Rüdiger (FC Chelsea), Niklas Süle (Bayern München), Jonathan Tah (Bayer Leverkusen)
Mittelfeld, Angriff: Julian Brandt (Bayer Leverkusen), Julian Draxler (Paris St. Germain), Mario Gómez (VfB Stuttgart), İlkay Gündoğan (Manchester City), Leon Goretzka (Schalke 04), Sami Khedira (Juventus Turin), Toni Kroos (Real Madrid), Thomas Müller (Bayern München), Mesut Özil (FC Arsenal), Nils Petersen (SC Freiburg), Marco Reus (Borussia Dortmund), Sebastian Rudy (Bayern München), Leroy Sané (Manchester City), Timo Werner (RB Leipzig).
Löw erklärt seine Entscheidungen
Im Anschluss an die Kaderverkündung reagierte Löw auf die Journalistenfragen. Die Antworten im Wortlaut.
Herr Löw, wie schwer war es, das vorläufige Aufgebot zu nominieren?
Joachim Löw: Mein Job als Bundestrainer ist es leider auch, Träume platzen zu lassen und harte Entscheidungen zu treffen. Es ist nie gegen einen Spieler, sondern immer im Sinne der Mannschaft. Es hängt manchmal an Kleinigkeiten, die am Ende entscheiden. Auch die Spieler, die nicht nominiert sind, sind hervorragende Fußballer und super Typen. Sie sind vielleicht nach der WM wieder dabei.
Was waren Ihre Kriterien?
Die sportliche Komponente ist ein Entscheidungskriterium. Wer ist physisch und psychisch in der Lage, nach einer harten Saison seine Top-Leistung abzurufen. Die Mannschaft muss aber nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb funktionieren. Wir beurteilen den Kader auch danach, wer unsere Spielidee am besten umsetzen kann.
Sie haben 27 Spieler ins vorläufige Aufgebot berufen. Warum so viele?
Wir haben in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass es in der Vorbereitung oder den letzten Spielen noch Verletzte geben kann. Deswegen ist es für uns selbstverständlich, etwas Luft zu lassen.
Warum fehlt Mario Götze?
Es war nicht seine Saison. Er hat nicht seine Form gezeigt, die er bringen kann. Er hat eine wahnsinnige Qualität. Ich hoffe, dass er nach der Sommerpause in Dortmund einen anderen Beginn hat und wieder zurückkommt. Es tut mir wahnsinnig leid. Das gilt auch für Sandro Wagner. Aber wir mussten Entscheidungen treffen. Natürlich sind die Spieler sehr enttäuscht. Es war eine Entscheidung für Nils Petersen und Mario Gomez und nicht gegen Sandro Wagner.
Was hat den Ausschlag für Nils Petersen gegeben?
Nils hat bei einer Mannschaft, die nicht wahnsinnig viele Chancen herausspielt, 15 Tore gemacht. Er macht einen starken und fitten Eindruck. Er wächst mit der Aufgabe. Von ihm verspreche ich mir einiges. Er ist auch ein starker Joker.
Auch mit Jonathan Tah hat nicht jeder gerechnet.
Jonathan Tah hat sehr große Fortschritte gemacht. In seiner Spielauslösung hat er sich noch einmal stark verbessert.
Wie ist die Situation bei Manuel Neuer?
Wir waren in den vergangenen Wochen fast täglich im Austausch mit Manuel Neuer. Wir wollen uns jetzt selber ein Bild machen. Wir haben im Trainingslager die Chance, ihn zu sehen und zu beurteilen. Danach werden wir offen und ehrlich reden, ob es für ihn möglich ist, die WM zu spielen. Momentan sieht es sehr gut aus, die Verletzung ist vollständig verheilt. Ohne Spielpraxis in eine WM zu gehen, ist nach so einer langen Pause aber schier unmöglich.
Was versprechen Sie sich von Marco Reus?
Marco Reus hat eine besondere Gabe und ist eine außergewöhnliche Waffe. Er war in der Rückrunde in sehr guter Form. Er steht für außergewöhnliche Dinge. Er kann uns bei dem Turnier entscheidend helfen.
Ilkay Gündogan und Mesut Özil haben mit ihrem Auftritt mit dem umstrittenen türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan für Wirbel gesorgt. Haben Sie daran gedacht, die Spieler zu bestrafen?
An Sanktionen habe ich zu keiner Sekunde gedacht. Es war keine glückliche Aktion. Wenn man für Deutschland spielt, vertritt man auch das Land und seine Werte. Beide haben uns zu verstehen gegeben, dass sie keine politische Botschaft senden wollen. Beide haben für die Integration viel getan. Es ist eine Lehre für sie. Wir werden im Trainingslager noch einmal mit den Spielern sprechen.
Wie lautet Ihre Zielsetzung für die WM?
Wir wollen das Maximum erreichen. Wir wollen ins Finale und den Titel wieder nach Deutschland holen.
Unabhängig vom Ausgang werden Sie Ihren Vertrag bis 2022 verlängern...
Eine vorzeitige Verlängerung ist immer etwas ganz Besonderes. Wir möchten uns beim Verband für das Vertrauen bedanken. Das ist aber auch eine Verpflichtung, die Mannschaft in den nächsten Jahren weiterzuentwickeln. Mir macht es unheimlich viel Spaß, in dieser Konstellation mit so vielen inspirierenden Menschen zu arbeiten. Nach der WM könnte es einen Umbruch geben. Wir können dann mit vielen jungen Spielern Richtung WM 2022 gehen.
sid