17.12.2018 10:29 Uhr

Derby: 1 Festnahme, 1.338 Eingekesselte

Der halbleere Gästesektor beim ersten Derby in der neuen Generali-Arena. © David Mayr
Der halbleere Gästesektor beim ersten Derby in der neuen Generali-Arena. © David Mayr

Der Polizeieinsatz im Rahmen des Fanmarschs der Rapid-Anhänger vor und während des Derbys schlägt in der grün-weißen Community hohe Wellen. Die Bilanz nach rund sieben Stunden Ausnahmezustand in Wien-Favoriten.

Eigentlich bietet der Auswärtssektor der Generali-Arena 1.750 Gästefans Platz, dem Großteil der angekündigten Rapid-Anhänger blieb die 1:6-Schmach ihres Lieblingsklubs beim Erzrivalen Austria am Sonntagnachmittag erspart - allerdings unfreiwillig.

Vor Spielbeginn stoppte die Polizei den Marsch der organisierten grün-weißen Szene, nachdem "sowohl pyrotechnische Gegenstände als auch Getränkeflaschen und Dosen sowie Schneebälle" auf die Stadtautobahn Südosttangente (A23) geworfen worden waren, wie die Exekutive in ihrem Bericht festhielt. Sichergestellt wurde neben verschiedenen Feuerwerkskörpern auch eine Rauchgranate, die "grundsätzlich nur für militärische Zwecke verwendet wird und laut österreichischem Recht als Sprengmittel eingestuft ist".

Rapids Wirtschafts-Geschäftsführer Christoph Peschek wusste nur von vereinzelten Schneeballwürfen auf die A23, was er als "total unverantwortlich und saudumm", kritisierte. Präsident Michael Krammer legte in der "Krone" nach: "Das ist durch nichts zu entschuldigen, eine Trottelaktion und hirnlos!" Warum daraufhin alle am Marsch beteiligten Personen zum Handkuss kamen, konnten die beiden Funktionäre allerdings nicht nachvollziehen.

Rapid-Präsident Krammer: "Hier war keinerlei Verhältnismäßigkeit gegeben"

Insgesamt wurden von der Polizei 1.338 Personen eingekesselt, einzeln deren Identitäten festgestellt und nicht bis zum Stadion gelassen. "Da waren 1.330 Unschuldige dabei, die stundenlang nur deshalb auf engstem Raum festgehalten, perlustriert und gequält werden, weil sie Rapidler sind. Darunter viele Frauen und Kinder. Ohne Verpflegung oder der Chance, auf die Toilette zu gehen", so der fassungslose Krammer.

Am Montagvormittag folgte eine Presseaussendung Rapids, in der der Klubboss weiter ausführte: "Ich habe als ehemaliger Offizier des Bundesheers großes Verständnis für rechtsstaatliche Prinzipien. Was ich am Sonntagabend erlebt habe, hätte ich aber im Rechtstaat Österreich nicht für möglich gehalten. Hier war keinerlei Verhältnismäßigkeit gegeben, Menschen über Stunden bei Minusgraden einer solchen Situation auszusetzen, halte ich für skandalös. 1.338 Personen aufgrund Verfehlungen von Einzelnen auf diese Art zu behandeln und unter Generalverdacht zu stellen, muss hinterfragt und aufgearbeitet werden."

Am Ende des rund siebenstündigen Einsatzes stand eine Anzeige wegen vorsätzlicher Gemeingefährdung sowie eine verwaltungsrechtliche Festnahme.

"Rechtshilfe Rapid" kritisiert Polizei: "Aktion von Anfang an so geplant"

Auch in der grün-weißen Fanszene wurde das Vorgehen der Exekutive heftig kritisiert. Die "Rechtshilfe Rapid" ortete ein abgekartetes Spiel, sprach noch während des Matches auf Facebook von einer Aktion, die "von Anfang an so geplant" und "unabhängig von irgendwelchen Vorfällen durchgeführt" worden sei. Außerdem kündigte das Bündnis an: "Die Polizei wird sich dafür verantworten müssen."

Während der stundenlangen Einkesselung seien Menschen "umgekippt. Die Polizei verweigert eine medizinische Versorgung", prangerte die "Rechtshilfe Rapid" vìa Twitter an. Diese Darstellung ließ die Pressestelle der Berufsrettung Wien auf Nachfrage von weltfussball so nicht stehen: "Wir waren mit unserem Katastrophenzug vor Ort, die Entscheidung, wo dieser postiert wird, erfolgt in Abstimmung mit der Polizei. Die Bereitschaft für den Notfall war gegeben."

Auch die Exekutive konterte in ihrer Aussendung am Dienstag: "Entgegen kolportierter Behauptungen bezüglich zahlreicher Rettungseinsätze wird nach Rücksprache mit der Wiener Berufsrettung angemerkt, dass während der Dauer des gesamten Einsatzes lediglich drei Personen von der Rettung abtransportiert werden mussten. Ein Mann klagte über Knieprobleme, eine Frau über Kreuzschmerzen und ein dritter Patient über Kreislaufbeschwerden." Alle drei wurden laut Berufsrettung versorgt und ins Spital gebracht.

David Mayr

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