05.07.2021 08:05 Uhr

Djuricin: "Hatte einfach genug vom Ausland"

Marco Djuricin ist in seiner Heimatstadt angekommen
Marco Djuricin ist in seiner Heimatstadt angekommen

Nach 12 Jahren Wanderschaft quer durch ganz Europa ist Marco Djuricin seit einem halben Jahr wieder zurück in seiner Heimatstadt Wien und schoss die Wiener Austria gleich einmal über das Bundesliga-Playoff in den Europacup. Im Interview mit weltfussball spricht der 28-jährige Angreifer über seine Rückkehr nach Hause, ein herausforderndes erstes Halbjahr bei den "Veilchen" und wie er von seinen Auslandsengagements profitiert hat.

>> Die Vereinsstatistik von Marco Djuricin in der weltfussball-Datenbank

Für einen 28-Jährigen hat Marco Djuricin in seiner Karriere bisher schon einiges erlebt. Mit 15 Jahren zieht es ihn aus seiner Heimatstadt Wien nach Berlin in den Nachwuchs von Hertha BSC, ehe für den Angreifer eine Odyssey quer durch ganz Europa beginnt. Über die Stationen Regensburg, Graz, Salzburg, Brentford, Budapest, Zürich und zuletzt Karlsruhe kehrte der "verlorene Sohn" vor einem halben Jahr wieder in seine Geburtsstadt zurück.

Djuricin mit bisheriger Torausbeute zufrieden

Unter Peter Stöger avancierte der zweifache ÖFB-Teamspieler schnell zu einer fixen Konstante und hatte mit sieben Toren in 17 Spielen eine großen Anteil daran, dass sich die Wiener Austria nach einer durchwachsenen Saison am Ende doch noch für den Europacup qualifizieren konnte. "Obwohl ich Corona und einen Bänderriss hatte waren die sieben Tore im Endeffekt sehr in Ordnung. Es war einfach gut, dass ich wieder spielen konnte, natürlich ist sowas immer ausbaufähig. Ich hab’ mir zehn Tore gewünscht, sieben sind es geworden, aber die habe ich auch dankend angenommen", gibt sich der Offensivspieler zufrieden im weltfussball-Interview.

Dass es bei den "Veilchen" für Marco Djuricin passt, untermauerte er mit seiner Vertragsverlängerung bis Sommer 2024 kurz vor dem Ende der abgelaufenen Saison: "Vor einem halben Jahr kam einfach die Zeit, wo Ich heim wollte, wo das Geld für mich nicht an erster Stelle stand. Ich wollte nur Zuhause sein und hatte einfach genug vom Ausland. Jetzt will ich der Austria helfen und mich auch weiterentwickeln. Ich bin kein perfekter Spieler, ich kann auch noch vieles verbessern und will meinen Teil dazu beitragen, dass ich hoffentlich, wenn ich dann in vier, fünf Jahren aufhören kann, sagen kann: Wir haben was Geiles gemacht und es hat sich gelohnt."

Nach einem turbulenten halben Jahr mit dem ungewissen Lizenzerhalt, der ungeklärten Zukunft vom damaligen Cheftrainer und Sportvorstand Peter Stöger sowie der nicht ganz klaren Linie mit Partner Insignia, hat die Austria nun mit der Verpflichtung von Manfred Schmid als neuen Coach und Ex-Kapitän Manuel Ortlechner als Sportdirektor auf sportlicher Ebene für klare Verhältnisse gesorgt.

Besondere Zusammenarbeit mit Neo-Coach Schmid

"Ich hab das mit dem "Orti" durch den "Sutti" (Markus Suttner, Anmk.) schon länger gewusst, da die beide sehr gut befreundet sind und da hab’ ich mir von Anfang an schon gedacht, dass das was Gutes werden kann. Für den "Orti" ist das eine super Rolle, es wird natürlich nicht einfach, er muss sich um sehr viel kümmern, es herrschte hier doch ein wenig Chaos, aber jeder Verein hat mal so eine Phase. Jetzt sind wir im Aufbau, ich will da mithelfen und da kommt noch einiges auf uns zu. Das wird natürlich kein Selbstläufer, das ist uns bewusst, aber der erste Schritt war jetzt auch, dass Insignia auf unserem Trikot ist, was schonmal für die Fans ein gutes Zeichen ist und wo wir Spieler uns auch darüber freuen", sieht der Angreifer die "Veilchen" auf einem guten Weg.

Besonders die Zusammenarbeit mit Coach Schmid, der selbst 14 Jahre als Profi für die Wiener Austria aktiv war, wird für Djuricin speziell: "Bei mir ist das ein wenig komisch, weil ich ihn schon kenne seitdem ich ein Baby war, da mein Papa (Goran Djuricin, Anmk.) noch mit ihm zusammengespielt hat. Auf jeden Fall ist es gut ihn zu haben, er redet viel mit den Spielern, was wir auch brauchen, weil wir viele Junge haben, gibt viel Taktik vor und kann uns da sicher noch einmal verbessern und auf einen guten Weg führen."

Dass er sich im Februar 2021 für den Wechsel nach Wien entschieden hat, ist keine Selbstverständlichkeit, da es beim Verein zu diesem Zeitpunkt noch einige Fragezeichen bezüglich der Finanzen, der Mannschaft sowie der sportlichen Etage gab. Für Marco Djuricin war dennoch relativ schnell klar, dass er sich dieser Aufgabe annehmen will: "Erstens wohne ich nur zehn Minuten vom Stadion entfernt, das ist also Heimat pur. (lacht). Aber nach zwölfeinhalb Jahren im Ausland war für mich, meine Familie und Kinder einfach der Punkt gekommen, dass wir nach Hause wollten. Ich hatte privat keine einfache Phase und dann kam der Anruf von Peter Stöger. Er war sehr ehrlich zu mir und hat gemeint: 'Hör zu, wir haben kein Geld, wir sind nicht gut aufgestellt und wissen nicht wie es weitergeht.' Das war auch für mich überraschend und hat mir leid getan, weil ich damals nicht wusste, dass es so schlimm ist. Wenn ein paar Leute wissen würden für welches Gehalt ich gespielt hab, würden dir mir das gar nicht glauben. Mir war das aber egal, ich wollte nach Hause und es ist immer noch Austria Wien."

Lob an Austria-Abgänge

Trotz der zahlreichen Nebengeräusche konnte sich die Austria als Zweiter der Qualifikationsgruppe noch für das Playoff um einen Europacup-Platz qualifizieren, wo man sich zunächst souverän mit 3:0 gegen den TSV Hartberg und schließlich in den beiden Finalspielen mit einem Gesamtscore von 5:1 gegen den Wolfsberger AC durchsetzen konnte.

Marco Djuricin, der mit drei Toren und einem Assist einen Bärenanteil am positiven Saisonabschluss des Wiener Traditionsvereins hatte, zeigte sich vor allem vom Einsatz seiner Mitspieler in einer doch chaotischen und unsicheren Phase des Vereins beeindruckt: "Ich muss da auch nochmal meinen Respekt an die Spieler, die jetzt gegangen sind, ausdrücken. Wie die sich verhalten haben, das war top. Ich kenne solche Situationen leider schon, das ist nie einfach und die haben sich super verhalten. Die Jungs haben einfach Gas gegeben für den Klub, für Austria Wien und haben natürlich alles ausgeblendet, weil das schon unangenehm war. Wenn du eine Woche vor Schluss nicht weißt wie es aussieht, ist das schwierig. Deswegen Hut ab, so eine Leistung am Schluss nochmal zu erbringen."

Nach über 12 Jahren im Ausland, wo Marco Djuricin von England bis Ungarn fast ganz Europa abgeklappert und mit London, Budapest, Berlin, Zürich und Wien bereits in fünf verschiedenen Hauptstädten gelebt hat, schließt sich nun wieder der Kreis. Seine Auslandsabenteuer will der 28- Jährige nicht missen, auch wenn es aufgrund zahlreicher Trainerwechsel in seinen Stationen keine leichte Aufgabe war, sich jedes Mal aufs neue durchzusetzen.

"Ich hatte, glaube ich, allein als Profi 32 bis 33 verschiedene Trainer. Das ist schon unnormal. Bei Grasshoppers Zürich hatte ich zum Beispiel in zwei Jahren acht Trainer. Da konnte ich nie viel mitentscheiden, außer, wenn ich vielleicht besser gespielt hätte, dann wär der Trainer nicht so oft gewechselt worden (lacht), aber so ist leider der Fußball. Es ist ein schwieriges Geschäft, man will so schnell wie möglich Erfolg, deswegen braucht man als Spieler da auch etwas Geduld. Ich hab’ aber schöne Städte gesehen, viel Erfahrung gesammelt, gefühlt in jeder Hauptstadt Europas gewohnt, kann ich mich daher nicht beschweren. Natürlich wäre es mir lieber, wenn ich schon zehn Jahre bei der Austria spielen würde, aber das lässt nicht ändern. Bereuen tu ich jedenfalls nichts."

Anspruch "sollte schon die Meistergruppe sein"

Von seiner Erfahrung und Routine sollen nun die jungen Spieler im Kader profitieren, mit einem Altersdurchschnitt von 24,2 stellt die Austria auch in dieser Saison wieder eine blutjunge Truppe. Marco Djuricin zählt da mit seinen 28 Jahren bereits zu den Routiniers im Team und will seinen jüngeren Offensivkollegen wie Benedikt Pichler oder Patrick Wimmer mit seinem angesammelten Wissen unter die Arme greifen: "Ich will den Jungen helfen und sie vor Sachen warnen, die ich gemacht habe und die nicht so gut waren. Damit sie nicht ähnliche Fehler machen. Ob sie es dann annehmen, ist dann eh ihre Entscheidung, aber in den elf Jahren als Profi hab’ ich einfach viel gelernt. Ich hab’ ein gutes Verhältnis zu den Jungen, weil ich für jeden Spaß zu haben bin. Der Pichler und der Wimmer haben beide ein großes Potenzial, sie sind noch jung, spielen erst ein Jahr in der Bundesliga und haben schon gezeigt was sie können. Sie können aber noch viel mehr und wenn sie das in diesem Jahr bestätigen, dann wird sich zeigen, wie es für sie in Zukunft weitergeht."

Auf die Austria kommen nun intensive Wochen zu, in zwei Wochen folgt der Startschuss mit der Cup-Partie gegen den SV Spittal/Drau, nur fünf Tage später wartet das Hinspiel in der Europe Conference-League-Qualifikation, ehe es am ersten Spieltag der Bundesligasaison auswärts gegen die SV Ried geht. Marco Djuricin gibt sich selbstbewusst vor dem Saisonstart und will mit einem guten Beginn die Basis für eine erfolgreiche Saison legen: "Die erste Runde im Cup sowie der Conference-League wollen wir auf jeden Fall überstehen. In der Meisterschaft peilen wir einen guten Start an, weil letztes Jahr waren das im ersten Halbjahr zu wenig Punkte. Dann läufst du nur hinterher, dass du ins obere Playoff kommst. Das wollen wir dieses Jahr vermeiden, aber wir kennen ja den Fußball, man weiß nie was passiert. Wir werden jedenfalls alles probieren, alles reinhauen und unser Anspruch sollte, auch wenn wir uns im Neubau befinden, schon die Meistergruppe sein."

Max Augustin 

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten