01.12.2022 09:44 Uhr

Geheimfavorit Dänemark erlebt Fiasko

Der Schock sitzt tief
Der Schock sitzt tief

Ihren stärksten Moment hatten die Dänen bei dieser WM, als alles vorbei war. Trainer Kasper Hjulmand trat ehrlich und geradeheraus vor die Öffentlichkeit und nahm die komplette Schuld für eine der größten Überraschungen des bisherigen Turniers auf sich: Geheimfavorit Dänemark schied in Katar schon nach der Vorrunde aus. "Ich bin sehr traurig, frustriert und enttäuscht. Das ist zu 100 Prozent meine Verantwortung", sagte der 50-Jährige nach dem 0:1 gegen Australien.

Die Niederlage gegen einen der größten Außenseiter der WM ist das Eine. Da die Dänen dabei am Mittwoch im Al Janoub Stadion von Al Wakrah noch schlechter spielten als bei ihrem torlosen Auftakt gegen Tunesien, war sie sogar verdient. Das große Rätsel ist aber der massive Leistungsunterschied zwischen dem dänischen Team bei der WM und dem dänischen Team in den knapp zwei Jahren davor. Nach dem Erreichen des EM-Halbfinale 2021, einer WM-Qualifikation im Eiltempo und zwei Siegen gegen Weltmeister Frankreich in der Nations League beendete Hjulmands Team eine der schwächsten WM-Gruppen als siegloser Tabellenletzter.

"Uns fehlte das Tempo, uns fehlte die Qualität, uns fehlte die Frische im Kopf und das aufeinander achten", sagte der Coach. "Um ehrlich zu sein: Wenn wir die Gruppe sehen, die wir bekommen haben, und die Qualität, die wir schon nachgewiesen haben: Das hätten wir wirklich schaffen können."

Nur die Frage nach dem Warum konnte und wollte Hjulmand nicht beantworten - zumindest nicht so kurz nach dem Spiel. "Die Emotionen sind zu groß und die Frustration ist zu groß, um jetzt einen klaren Kopf zu haben", sagte er. Am Tag nach dem Ausscheiden ließ er seine Zukunft ebenfalls offen. "Dies ist noch nicht die Zeit für Schlussfolgerungen", sagte der frühere Trainer von Mainz 05 auf die Frage, ob er ein Weitermachen oder einen Rücktritt ausschließen würde. "Ich habe noch keine Entscheidung getroffen."

Trainerfrage stellt sich nicht

Für den Verband hingegen stellt sich die Trainerfrage nicht. "Es war eine unserer besten Entscheidungen für lange, lange Zeit, ihn zum Teamtrainer zu ernennen", sagte Sportdirektor Peter Möller. Ziel ist es den bis nach der EM 2024 laufenden Vertrag mit dem 50-Jährigen sogar zu verlängern. "Ja, das stimmt", bestätigte Möller. "Wir freuen uns sehr, dass wir Kasper haben. Und wir glauben, dass er viel dazu beitragen kann, das Team weiter voranzubringen."

Der frühere Nationalstürmer wolle Hjulmand "niemals allein lassen" mit der Verantwortung für das frühe WM-Aus. "Die trage ich als Sportdirektor auch. Es ist natürlich auch meine Schuld, dass wir bei dieser Endrunde nicht gut genug abgeschnitten haben." Hjulmand freute sich über die Rückendeckung und bezeichnete die als "nicht selbstverständlich". Mit der erfolgreichen EM und vor allem auch seinem viel beachteten Umgang mit dem Zusammenbruch von Christian Eriksen hatte er sich in der Vergangenheit viel Vertrauen erarbeitet.

Dieses Vertrauen kann offenbar nicht einmal ein Auftritt wie gegen Australien erschüttern. Die Dänen hatten in der elften Minute eine Chance durch Mathias Jensen - und wurden danach von Minute zu Minute schlechter. Wenig Dynamik, eine schlechte Körpersprache und die fehlende Überzeugung in die eigene Qualität waren ein großes Problem bei der WM - und passten so gar nicht zu der Erzählung von einem eingeschworenen, harmonischen Team.

"Das war einfach nicht gut genug. Es ist ein Fiasko", sagte Abwehrspieler Joachim Andersen. Und genau dieser Eindruck wird nun erst einmal ein paar Monate nachwirken. "Als Trainer eines Clubs hast du gleich drei Tage oder eine Woche später das nächste Spiel", sagte Hjulmand. "Aber Teamchef zu sein, bedeutet: Zwei Wochen Vorbereitung für drei Spiele - und dann muss man vier Jahre bis zur nächsten WM warten."

apa

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